Biopharmazie
Englisch: biopharmacy
Definition
Die Biopharmazie ist ein Teilgebiet der Pharmazie, das sich mit den chemischen und physikalischen Eigenschaften von Arznei- und Hilfsstoffen sowie deren Bioverfügbarkeit und Pharmakokinetik beschäftigt. Im Vordergrund steht hierbei die Betrachtung der Arzneiform.
Das LADME-Modell
Das LADME-Modell spielt im Rahmen der Biopharmazie eine zentrale Rolle. Es beschreibt die Prozesse, welche die Wirkstoffkonzentration im Organismus beeinflussen. Bei LADME handelt es sich um ein Akronym, das für folgende Begriffe steht: Liberation (Freisetzung), Absorption (Resorption), Distribution (Verteilung), Metabolismus (Verstoffwechselung) und Exkretion (Ausscheidung).
In diesem Modell wird unter anderem die Umverteilung des Wirkstoffes innerhalb der verschiedenen Körperkompartimente (zum Beispiel Plasma- oder Gewebekompartiment) betrachtet. Diese Vorgänge verlaufen, je nach Wirkstoff, nach einer Reaktion erster oder zweiter Ordnung. Hieraus können Gleichungen abgeleitet werden, mithilfe derer man den Plasmaspiegel mathematisch beschreiben kann.
In der Biopharmazie stehen die Arzneiform und die Freisetzung des Wirkstoffes im Mittelpunkt der Betrachtung. Beispielsweise werden bei retardierten Arzneimitteln die biopharmazeutischen Erkenntnisse genutzt, um Arzneiformen und ihre Darreichungsweisen zu optimieren. Durch eine Verlängerung des Applikationsintervall kann auf diese Weise zum Beispiel die Compliance der Patienten gefördert werden.
Anwendung in der Zulassungspraxis
Die Freisetzung des Wirkstoffes aus der Arzneiform ist ein wichtiger Betrachtungsgegenstand der Biopharmazie. Erkenntnisse darüber sind nicht nur relevant für pharmakokinetische Untersuchungen, sondern auch für die Zulassung neuer Arzneimittel. Im Rahmen der Zulassung von Generika, d.h. wirkstoffgleicher Nachfolgepräparate, werden sogenannte Bioäquivalenzstudien durchgeführt, bei denen die Bioverfügbarkeit des Arzneistoffes und der maximale Plasmaspiegel ermittelt wird. Das Generikum darf in seinem resultierenden Plasmaspiegel nicht zu weit vom Originalpräparat abweichen.
Mit der in-vitro-in-vivo-Korrelation (IVIVC) wurde ein Modell entwickelt, das diese Studien vereinfachen könnte und dadurch Kosten einsparen würde. Durch mathematische Methoden ist es möglich, vom Freigabeprofil eines Arzneistoffes den resultierenden Plasmaspiegel abzuleiten, wodurch weniger In-vivo-Prüfungen für die Entwicklung eines neuen Arzneimittels benötigt werden.
Optimierung von Arzneiformen
Die Bioverfügbarkeit definiert den Anteil des Arzneistoffs, der unverändert im systemischen Blutkreislauf zur Verfügung steht. Sie ist zum einen abhängig von den Eigenschaften des Wirkstoffes und zum anderen von der Arzneiform. Ein Ziel der pharmazeutischen Technologie und der Biopharmazie ist die Erhöhung der Bioverfügbarkeit durch Modifikation der Arzneiform.
Zur Charakterisierung von Arzneistoffen wurde das biopharmazeutische Klassifizierungssystem (BCS) entwickelt, das Arzneistoffe nach ihrer Löslichkeit und Permeabilität in vier Klassen einteilt und angibt, welche Entwicklungsaufgabe zu priorisieren ist. Um zum Beispiel die Bioverfügbarkeit eines schwer löslichen Arzneistoffs zu erhöhen, kann dieser als ein selbstemulgierendes System verabreicht werden.