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Hirninfarkt (Radiologie)

1. Definition

Ein Hirninfarkt ist die Folge einer Minderdurchblutung (Ischämie) von bestimmten Gehirnabschnitten und die häufigste Ursache eines Schlaganfalls. Er wird klinisch-radiologisch diagnostiziert.

2. Hintergrund

Die radiologischen Befunde unterscheiden sich je nach Zeitpunkt des Schlaganfalls. Man unterscheidet:

  • früh-hyperakut: 0 bis 6 Stunden
  • spät-hyperakut: 6 bis 24 Stunden
  • akut: 24 Stunden bis 7 Tage
  • subakut: 1 bis 3 Wochen (teilweise auch 1 Woche bis 6 Monate)
  • chronisch: über 3 Wochen (teilweise auch ab 6 Monate)

3. Computertomographie

Die native kraniale Computertomographie (cCT) ist in der Regel die initiale Bildgebung der Wahl. Sie ist schnell durchführbar, leicht verfügbar und kostengünstig. In der Akutsituation weist sie jedoch eine begrenzte Sensitivität auf. Sie dient in der Akutsituation primär dem Ausschluss einer intrakraniellen Blutung und anderer Differenzialdiagnosen.

siehe auch: Stroke-CT-Protokoll

3.1. Hyperakute Phase

Der erste computertomographische Hinweis auf einen Hirninfarkt ist ein hyperdenser Gefäßabschnitt, der einen intravaskulären Thrombus bzw. Embolus darstellt. Prinzipiell kann dieses Zeichen in jedem Gefäß auftreten, am häufigsten wird es in der Arteria cerebri media gesehen (hyperdenses Mediazeichen im M1-Segment oder MCA Dot Sign im M2-Segment). Der Thrombus weist i.d.R. eine Dichte von 50-70 HU bzw. im Falle eines kalzifizierten zerebralen Embolus ca. 160 HU auf.

Innerhalb der ersten Stunden treten je nach Lokalisation und Kollateralfluss weitere Zeichen auf:

3.2. Akute Phase

Im Verlauf nehmen die Hypoattenuation und die Zeichen der Parenchymschwellung zu. Dieser positive Masseneffekt kann z.B. zu einer Mittellinienverlagerung und weiteren neurologischen Komplikationen führen.

3.3. Subakute Phase

In der subakuten Phase beginnt sich das Ödem zurückzubilden, und die Dichte des Kortex nimmt wieder zu. Insbesondere in der 2. und 3. Woche kann bei ca. 50 % der Patienten der betroffene Kortex normal erscheinen (Fogging-Phänomen). Ursächlich sind eine Reihe von Prozessen, wie die Migration von lipidbeladenen Makrophagen und Leukozyten in das Infarktgebiet, kapilläre Proliferation sowie die Extravasation von Erythrozyten.

Wird bei der cCT Kontrastmittel verabreicht, zeigt sich jedoch ein kortikales Enhancement.

3.4. Chronische Phase

In der chronischen Phase verschwindet die restliche Schwellung und eine Gliose setzt ein. Die betroffene Gehirnregion weist geringe, meist liquorisodense Dichtewerte und einen negativen Masseneffekt (Volumenminderung) auf.

4. Perfusions-CT

Die Perfusions-CT ermöglicht die Differenzierung zwischen dem Infarktkern (irreversible Infarzierung) und der Penumbra (ischämische Region, die potenziell noch gerettet werden kann). Diese Unterscheidung ist wichtig für die Auswahl von Patienten, die von einer Reperfusionstherapie profitieren können. Weiterhin kann die Perfusions-CT eine ggf. vorliegende gekreuzte zerebellare Diaschisis darstellen.

Parameter der Perfusions-CT sind:

Der Infarktkern weist eine gestörte CBV und MTT aus, während die Penumbra durch eine verzögerte MTT bei erhaltener CBV darstellt.

5. CT-Angiographie

Mittels einer CT-Angiographie (CTA) kann ein Thrombus direkt dargestellt werden. Weiterhin dient die CTA der Beurteilung der hirnversorgenden Gefäße hinsichtlich möglicher Schlaganfallursachen und Einschränkungen für eine endovaskuläre Behandlung (z.B. Stenosen). Mittels einphasiger CTA können weiterhin die Kollateralgefäße beurteilt. Anschließend kann eine Einstufung mittels sCTA-Kollateralscore erfolgen.

Die mehrphasige oder verzögerte CTA hilft bei der Patientenselektion für die endovaskuläre Thrombektomie. Sie dient der genaueren Beurteilung des kollateralen leptomeningealen Blutflusses im ischämischen und infarzierten Gewebe, indem nach Kontrastmittelinjektion Angiogramme in drei Phasen (arterieller Spitzenwert, venöser Spitzenwert, venöser Spätwert) angefertigt werden. Anschließend kann eine Einstufung mittels mCTA-Kollateralscore erfolgen. Vorteile der mehrphasigen CTA im Vergleich zur CT-Perfusion sind:

6. Magnetresonanztomographie

Die Magnetresonanztomographie (MRT) weist bei der Diagnose eines akuten Hirninfarkts in den ersten Stunden eine deutlich höhere Sensitivität und Spezifität im Vergleich zur nativen cCT auf. Sie ist jedoch deutlich zeitintensiver und weniger verfügbar.

6.1. Frühe hyperakute Phase

Innerhalb von wenigen Minuten nach Gefäßverschluss zeigt sich in diffusionsgewichteten Sequenzen ein erhöhtes DWI-Signal bei gleichzeitig reduziertem ADC-Wert. In dieser Phase erscheint das Parenchym in anderen MRT-Sequenzen regelrecht, wobei ein Gefäßverschluss in der MR-Angiographie oder die Thrombembolie in der SWI-Sequenz erkannt werden kann. Weiterhin kann sich der langsame bzw. stagnierende Blutfluss als Verlust des normalen Flow Void und hohes Signal auf T2- und FLAIR-Sequenzen sowie auf T1-Sequenzen nach Kontrastmittelgabe (T1-KM) darstellen.

Bei einem unvollständigen Infarkt kann nach 2-4 Stunden ein kortikales Enhancement festgestellt werden.

siehe auch: frühe DWI-Umkehr

6.2. Späte hyperakute Phase

Nach ca. 6 Stunden zeigt sich ein hohes Signal in der T2- und insbesondere der FLAIR-Sequenz, das in den nächsten 1-2 Tagen weiter zunimmt. In T1-Sequenzen findet sich eine Hypointensität erst nach ca. 16 Stunden.

6.3. Akute Phase

In der ersten Woche besteht weiterhin ein hohes DWI-Signal bei niedrigem ADC-Signal, wobei letzteres am Ende der ersten Woche zu steigen beginnt. In T2- und FLAIR-Sequenzen bleibt der Infarkt hyperintens. Das T2-Signal nimmt in den ersten vier Tagen weiter zu. Das Signal in T1-Sequenzen bleibt i.d.R. hypointens, wobei bereits 3 Tage nach Infarkt im Kortex ein hohes T1-Signal zu sehen sein kann. Nach dem 5. Tag findet sich ein kortikales Enhancement in T1-KM.

Seltener findet sich ein arterielles Enhancement (ca. 50 % d.F., nach 3 Tagen erkennbar) und ein meningeales Enhancement (selten, i.d.R. zwischen 2 und 6 Tagen).

Blutungen werden in suszeptibilitätsgewichteten Sequenzen (SWI) dargestellt. Sie kommen am häufigsten nach 12 Stunden und innerhalb der ersten paar Tage vor, können jedoch auch früher oder erst nach 5 Tagen auftreten.

6.4. Subakute Phase

In der subakuten Phase (typischerweise Tag 10 bis 15) zeigt sich eine ADC-Pseudonormalisierung. Die ADC-Werte steigen weiter an, sodass das infarzierte Gewebe heller als das normale Parenchym erscheint. Die DWI bleibt anfangs aufgrund des anhaltend hohen T2-/FLAIR-Signals (T2 Shine Through) erhöht, kann dann im Verlauf auch normale Werte annehmen. Ausnahmen sind eine Blutung (T2 Blackout) oder eine zystische Enzephalomalazie.

Analog zum cCT kann in T2-Sequenzen ebenfalls ein Fogging auftreten. Es findet sich bei ca. 50 % der Patienten, typischerweise zwischen Woche 1 und 5 (Median Tag 10).

Das Infarktgebiet bleibt hypointens in T1-Sequenzen. Weiterhin kann im Kortex ein hohes T1-Signal vorliegen (kortikale (pseudo-)laminare Nekrose). Das kortikale Enhancement in T1-KM-Sequenzen bleibt während der subakuten Phase i.d.R. bestehen.

6.5. Chronische Phase

In der chronischen Phase bleibt das T1-Signal niedrig – mit hohem Signal im Kortex, falls eine kortikale Nekrose vorliegt. Das T2-Signal ist hoch. Das kortikale Enhancement in T1-KM persistiert meist für 2-4 Monate. Ein parenchymales Enhancement, das länger als 12 Wochen anhält, ist ein Hinweis auf eine zugrundeliegende Läsion.

Weiterhin sind die ADC-Werte hoch; das DWI-Signal ist variabel, nimmt aber im Verlauf zunehmend ab.

7. Ultraschall

Die transkranielle Dopplersonographie (TCD) kann intrakranielle Gefäßverschlüsse nachweisen. Zeigt sich keine intrakranielle Blutung im cCT, weisen bei passender Klinik folgende Kriterien auf einen isolierten Gefäßverschluss hin:

Weiterhin können Komplikationen eines Hirninfarkts (z.B. hämorrhagische Transformation, Mittellinienverlagerung, erhöhter Hirndruck bzw. vergrößerter Optikusnervenscheidendurchmesser) mittels Ultraschall diagnostiziert werden.

Stichworte: Hirninfarkt
Fachgebiete: Neurologie, Radiologie

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