Capillariose (Fleischfresser)
Synonym: Capillaria-Infektion beim Fleischfresser
Definition
Die Capillariose der Fleischfresser ist eine durch Arten der Gattung Capillaria verursachte Parasitose beim Fleischfresser.
Erreger
Capillaria spp. (Haarwürmer) befallen bei Fleischfressern den Magen-Darm-Trakt, die Leber, die Harnblase und den Respirationstrakt.
Die adulten Stadien sind sehr dünne und haarfeine Nematoden, die je nach Spezies bis zu 80 mm lang werden können. Das Vorder- und Hinterende ist etwa gleich dick und der Ösophagus ist vom trichuroiden Typus. Die Eier sind mittelgroß, dickwandig und haben zwei Polpföpfe. Sie können eindeutig von Trichuris-Eiern unterschieden werden, da die Oberfläche von Capillaria-Eiern gewellt (und nicht glatt) ist. Hinzu kommt, dass die Polpfröpfe meist flacher sind und, dass die Seitenwände vergleichsweise parallel liegen.
Die Capillariose wird durch unterschiedliche Arten verursacht, die wiederum bestimmte Wirte bevorzugen:
- Capillaria aerophila: Fuchs, Hund, Katze, u.a.
- Capillaria plica: Fuchs, Hund, Katze, u.a.
- Capillaria feliscatri: Fuchs, Hund, Katze, u.a.
- Capillaria putorii: Musteliden, Katze
- Capillaria hepatica: Nager, selten Hund und Katze
Capillariose des Magen-Darm-Traktes
Erreger
Der Verdauungstrakt sowie die Kotproben von Katzen und Hunden enthalten oftmals adulte Stadien von Eiern von nicht identifizierten Capillaria-Arten. Bei diesen Eiern handelt es sich zum Teil um Darmpassanten, die keinen Krankheitswert besitzen.
Capillaria putorii parasitiert sowohl im Magen als auch im Dünndarm von Musteliden und Waschbären und kann auch die Katze befallen. Die Männchen sind etwa 6 bis 8,5 mm lang, mit einem langen lateralen Kaudalflügel versehen und besitzen am Hinterende bursaähnliche Lappen. Das Spikulum ist zwischen 194 und 464 μm lang und die Spikulumscheide ist bedornt. Die Weibchen sind ca. 9 - 13 mm lang und besitzen keine Vulvaklappe.
Die Eier sind 54 - 66 x 21 - 26 μm groß und die Seitenwände laufen parallel. An beiden Enden sind zwei Polpfröpfe ausgebildet. Die Oberflächenstruktur ist netzartig aufgebaut.
Vorkommen
Capillaria putorii ist v.a in Nordamerika, Russland und Europa verbreitet. In Deutschland (Thüringen und Sachsen) wurde der Parasit im Magen bei 2,7 % von 111 untersuchten Katzen nachgewiesen.
Entwicklung
Capillaria putorii entwickelt sich in einem fakultativ heteroxenen Zyklus. Neue Wirte infizieren sich durch die orale Aufnahme von larvenhaltigen Eiern über Regenwürmer als Zwischenwirte. Die Präpatenz beträgt etwa 4 Wochen.
Diagnose
Die Diagnose wird mittels Einachweis im Kot gestellt, wobei bei Katzen die Eiausscheidung auch gänzlich fehlen kann.
Klinik
Eine Infektion mit Capillaria putorii verursacht gastrointestinale Symptome mit Erbrechen.
Therapie
Eine Therapie sollte mit Ivermectin (1 x 0,3 mg/kgKG p.o.) erfolgen. Hierbei sollte jedoch auf die Ivermectinunverträglichkeit bestimmter Hunderassen geachtet werden.
Capillariose der Leber
Erreger
Die Capillariose der Leber wird durch Capillaria hepatica (s. Calodium hepaticum) verursacht. Capillaria hepatica sind haardünne Nematoden. Die Männchen sind 24 bis 37 mm lang und mit einem lateralen Kaudalflügel ausgestattet. Das Hinterende ist abgerundet und mit zwei kleinen, lobulären Papillen versehen. Das Spikulum ist 460 - 540 μm lang und die Spikulumscheide ist unbedornt. Weibchen sind zwischen 53 und 78 mm groß.
Die Eier von Capillaria hepatica sind 62 - 67 x 30 - 32 μm groß. Die äußerste Schicht der Eihülle erscheint radiär gestreift.
Vorkommen
Capillaria hepatica ist ein bei Nagern (Ratten, Mäusen, u.a.) sowie Lagomorpha (Kaninchen, Hase, u.a.) häufiger Leberparasit mit weltweiter Verbreitung. In seltenen Fällen wird er auch bei anderen Säugetierarten (Igel, Pferd, Hund, Katze, u.a.) sowie beim Menschen gefunden. Capillaria hepatica wurde bei Karnivoren in unterschiedlichen Ländern nachgewiesen, u.a. in den USA, Italien, Deutschland und in der Schweiz.
Entwicklung
Adulte Parasiten leben im Leberparenchym und sind umgeben von nekrotischen Herden und Entzündungsreaktionen. In diesen Bereichen erfolgt nach einer Präpatenz von 21 Tagen die Eiablage. Nachdem der Wirt gestorben ist und die Organe zerfallen sind (oder nachdem der Wirt durch einen Karnivoren verzehrt wurde), werden die Eier an die Umwelt abgegeben. In etwa 4 bis 6 Wochen entwickeln sie sich dort (in feuchtem Milieu) zu infektiösen Larven. Diese werden erneut durch einen neuen Wirt aufgenommen, sodass die Larven im Darm aus den Eihüllen schlüpfen und im Blutstrom zur Leber wandern. Nach etwa 3 Wochen werden sie geschlechtsreif.
Klinik
Eine Infektion mit Capillaria hepatica führt beim Hund zu Apathie, Anorexie, Erbrechen, Polydipsie, Polyurie und Ikterus. Die Leber erscheint vergrößert und mit weiß-gelblichen Herden (etwa 1 bis 2 mm Durchmesser) oder mit geschlängelten Läsionen durchsetzt zu sein. Gleichzeitig können Veränderungen an den Nieren und anderen Organen festgestellt werden.
Diagnose
Nach der Sektion kann ein histologischer Nachweis der in Nestern angeordneten Eier in der Leber oder im Zuge einer Leberbiopsie gestellt werden.
Therapie
Experimentelle Untersuchungen bei Nagetieren haben gezeigt, dass Fenbendazol (25 mg/kgKG p.o.) und Mebendazol (12,5 mg/kgKG p.o.) bei einer Applikation von 5 aufeinander folgenden Tagen als hochwirksam gilt.
Capillariose der Harnblase
Erreger
Die Capillariose der Harnblase wird durch Capillaria plica (s. Pearsonema plica) ausgelöst. Die Männchen sind 16 bis 53 mm lang und besitzen am Hinterende keine lateralen Kaudalflügel. Im Gegensatz dazu sind sie mit einer terminalen bursaähnlichen Membran mit zwei kurzen und fingerförmigen Papillen ausgestattet. Das Spikulum ist sehr lang (2,3 bis 5,2 mm) und die Spikulumscheide ist unbedornt. Die Weibchen sind zwischen 18 und 52 mm lang und mit einer trichterförmigen Vulvaklappe ausgestattet.
Die Eier sind 55 bis 67 x 26 bis 29 μm groß, tonnenförmig und mit zwei ziemlich flachen Polpfröpfen versehen.
Vorkommen
Capillaria plica ist ein Parasit der Harnwege, der v.a. die Harnblase befällt. Er kommt vorwiegend bei Kaniden, Musteliden und Feliden vor.
Der Erreger kommt in vielen Ländern Europas beim Rotfuchs mit meist hohen Prävalenzen vor (Österreich 40 %, Deutschland bis 49 %). Beim Hund ist der Parasit sporadisch zu finden.
Entwicklung
Eine Übertragung von Capillaria plica erfolgt indirekt über Regenwürmer als Zwischenwirte. Nach der Aufnahme infizierter Regenwürmer dringen die infektiösen Larven in die Darmwand des Endwirtes ein. Dort häuten sie sich und wandern (vermutlich) über den großen Kreislauf in das Nierenbecken und in die Harnblase, um sich nach weiteren Häutungen zur Geschlechtsreife weiter zu entwickeln. Die Präpatenz beträgt 58 bis 63 Tage. Eine Eiausscheidung erfolgt über den Urin.
Klinik
Adulte Parasiten, die mit ihrem Vorderende in die Schleimhaut eingedrungen sind, können Entzündungen, Ödeme und Hyperplasie der Mukosa und Submukosa verursachen. Hinzu kommen oftmals Harndrang (Pollakisurie), Dysurie und Hämaturie. In den meisten Fällen verlaufen die Infektionen asymptomatisch.
Diagnose
Eine Zystitis kann mittels Röntgen- und Ultraschalluntersuchung der Harnblase sowie Untersuchung des Urins (enthält u.a. Protein, Erythrozyten und Hämoglobin) bestätigt werden. Der Nachweis einer Capillariose erfolgt mittels Untersuchung des Urinsediments auf Eier von Capillaria plica.
Therapie
Die Capillariose der Harnblase kann mit Fenbendazol (täglich 50 mg/kgKG an 3 Tagen p.o.) oder Albendazol (täglich 50 mg/kgKG an 10 bis 14 Tagen p.o.) bzw. Levamisol behandelt werden.
Capillariose der Lunge
Erreger
Die Capillariose der Lunge wird durch Capillaria aerophila (s. Eucoleus aerophilus), auch Lungehaarwurm genannt, verursacht. Der Parasit befällt vorwiegend den Fuchs, Dachs, Marder, Igel, die Katze und den Hund sowie selten auch den Menschen.
Die Männchen sind zwischen 16 und 25 mm lang und besitzen keine lateralen Kaudalflügel. Das Spikulum ist 557 bis 1410 μm lang und die Spikulumscheide ist bedornt. Die Weibchen sind 25 bis 32 mm lang und ohne Vulvaglocke. Die Eier sind 60 bis 70 x 35 bis 40 μm groß, bräunlich und mit Polpfröpfen versehen. Die äußerste Hülle zeigt eine Capillaria-typische Strukturierung.
Vorkommen
Einer Untersuchung zufolge waren 0,9 % von 111 sezierten Katzen in Deutschland (Sachsen und Thüringen) mit Capillaria aerophila infiziert. Bei Hunden wird nur ein sporadischer Befall beobachtet. Capillaria aerophila ist weltweit verbreitet.
Entwicklung
Die adulten Parasiten befallen die Trachea und die Bronchien. Gelegentlich sind sie auch in der Nasen- und Stirnhöhle anzutreffen.
Nachdem die Weibchen ihre Eier abgesetzt haben, werden diese im Respirationstrakt hochgeflimmert oder -gehustet und gelangen so über den Pharynx in den Magen-Darm-Trakt, um mit dem Kot an die Umwelt ausgeschieden zu werden. Nach der Aufnahme von Regenwürmern - die als Zwischenwirte fungieren - werden die Larven im Darm frei und erreichen im neuen Wirt auf dem Lymph-Blut-Weg innerhalb von 7 bis 10 Tagen die Lunge, wo sie sich in den Respirationswegen ansiedeln. Die Präpatenz beträgt etwa 4 Wochen und die Lebensdauer der Parasiten im Wirt liegt bei 10 bis 11 Monaten.
Klinik
Leichte Infektionen mit Capillaria aerophila verlaufen in der Regel asymptomatisch oder gehen mit einer milden katarrhalischen Entzündung einher. Ein hochgradiger Befall hingegen verursacht Bronchitis, Tracheitis und seltener auch Rhinitis sowie Sinusitis (häufig verbunden mit sekundären bakteriellen Infektionen). Hinzu können noch weitere Symptome wie Husten, Nasenausfluss und Allgemeinsymptome wie Abmagerung und Anämie kommen.
Diagnose
Die Capillariose der Lunge wird mittels koproskopischen Nachweis der Eier oder durch Einachweis im Auswurf gestellt.
Therapie
Eine Therapie mit Levamisol (7,5 mg/kgKG s.c. an 2 aufeinander folgenden Tagen) hat sich als wirksam erwiesen.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
- Hinney, Barbara, Joachim, Anja, Silbermayer, Katja. Vademecum der klinischen Parasitologie. Ekto- und Endoparasiten bei Hund und Katze.
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