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Capillaria

von lateinisch: capillus - Haupthaar
Synonym: Haarwürmer
Englisch: capillary worms

1. Definition

Als Capillaria bezeichnet man eine Gattung der Familie der Trichuridae, die hauptsächlich bei Säugetieren und Vögel parasitiert.

2. Taxonomie

3. Erreger

Die Gattung Capillaria besteht aus zahlreichen Arten, die von manchen Autoren in mehrere Gattungen aufgeteilt werden.

Capillaria sind etwa 7 bis 80 mm lange und haardünne Nematoden. Die Männchen besitzen ein Spiculum mit einer ausstülpbaren Scheide. Die Weibchen können eine Vulvaklappe ausgebilden. Beide Merkmale können jedoch auch fehlen.

Capillaria-Eier sind zwischen 48 bis 54 x 25 - 27 und 60 bis 62 x 24 bis 27 µm groß und ähneln in ihrer Form jenen von Trichuris. Sie sind ebenfalls braun gefärbt und mit zwei Polpfröpfen ausgestattet, jedoch deutlich glattwandiger als Trichuris-Eier.

4. Capillaria-Arten der Vögel

4.1. Erreger

Beim Nutzgeflügel sowie anderen Vogelarten kommen zahlreiche Capillaria-Arten vor, die jeweils in unterschiedlichen Abschnitten des Verdauungstraktes parasitieren. Wichtige Vertreter sind:

Art Wirte Organbefall Entwicklung
Capillaria contorta Gans, Ente, andere Wasservogelarten, Hühnervögel, Sperlingsvögel Ösophagus, Kropf, Schnabelhöhle direkt
Capillaria obsignata Huhn, Truthuhn, Fasa, Ente Dünndarm direkt
Capillaria anatis Gans, Ente, wild lebende Anseriformes, Hühnervögel, Tauben Caeca, Dünndarm direkt
Capillaria annulata Huhn, Truthuhn, andere Hühnervögel, Ente Ösophagus, Kropf, Schnabelhöhle indirekt (Regenwürmer)
Capillaria bursata Huhn, Truthuhn, Fasan, Ente Dünndarm  indirekt (Regenwürmer)
Capillaria caudinflata Huhn, Truthuhn, andere Hühnervögel, Taube, Gans, Ente, Sperlingsvögel Dünndarm indirekt (Regenwürmer)

4.2. Entwicklung

Capillaria contorta, obsignata und anatis entwickeln sich monoxen. Die anderen genannten Arten (Capillaria annulata, bursata und caudinflata) folgen einem indirekten Entwicklungszyklus mit Regenwürmern als Zwischenwirte.

Capillaria-Weibchen produzieren zahlreiche Eier, die mit dem Kot der Wirte ausgeschieden werden. Bei günstigen Temperaturen (20 bis 24 °C) und ausreichend Feuchtigkeit entwickeln sich innerhalb von 1 bis 2 Wochen die Erstlarven (L1), die in der Eihülle verbleiben. Bei der Aufnahme von Capillaria contorta, Capillaria obsignata und Capillaria anatis infizieren sich die Endwirte direkt durch die perorale Aufnahme der Erstlarven. Nachdem die Parasiten den Verdauungstrakt erreicht haben, vollziehen sie insgesamt vier Häutungen und erlangen dann Geschlechtsreife. Die Präpatenz beträgt ca. 3 bis 7 Wochen und die Patenz (bei Capillaria obsignata) 2 Monate.

Die anderen Capillaria-Arten (Capillaria annulata, bursata und caudinflata) müssen im Eistadium von Regenwürmer aufgenommen werden, um sich weiter entwickeln zu können. Nachdem sie einen Zwischenwirt erreicht haben, schlüpfen in diesem die Erstlarven, die anschließend in das Körpergewebe einwandern. Innerhalb von 2 bis 4 Wochen wachsen sie zu infektionsreifen Stadien heran. Endwirte infizieren sich letztendlich durch den Verzehr larvenhaltiger Regenwürmer. Die Präpatenz liegt bei etwa 2 bis 4 Wochen.

4.3. Vorkommen

Capillaria-Eier können in der Außenwelt in feuchtem Milieu längere Zeit überleben. Sie sind äußerst widerstandsfähig und überstehen Temperaturschwankungen von -7 °C bis +12 °C für zwei Wochen. Da bei den Regenwürmern mit einer mehrjährigen Lebensdauer gerechnet werden muss, können Erdbodenausläufe von Nutzgeflügel längere Zeit kontaminiert blieben. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Einschleppung der Erreger durch Wildvögel.

4.4. Epidemiologie

Aufgrund des direkten Entwicklungszyklus spielt in Hühnerbeständen mit reiner Stallhaltung nur Capillaria obsignata eine Rolle. Die anderen Capillaria-Arten mit direkter Entwicklung kommen vorwiegend bei Wildvogelarten, Enten und Gänsen vor. Einer Untersuchung zufolge (Dänemark, 1999) waren 54 % der Freilandhühner mit Capillaria obsignata und 32 % mit Capillaria anatis sowie 1,5 % mit Capillaria inflata befallen. Bei in Stallungen mit auf Tiefstreu gehaltenen Hühnern konnte nur Capillaria obsignata mit einer Prävalenz von 52 % nachgewiesen werden.

4.5. Erkrankung

Da die adulten Capillaria-Stadien im Verdauungstrakt oberflächlich in die Schleimhaut eindringen, verursachen sie in Abhängigkeit von der Befallsstärke geringgradige bis starke Veränderungen. Dazu zählen z.B. lokale Epitheldefekte, entzündliche Infiltrationen sowie ausgeprägte katarrhalische, teils auch hämorrhagische Entzündungen.

Ein starker Capilliaria-Befall kann beim Nutzgeflügel (Capillariose des Geflügels) zu Verlusten von Plasmaproteinen im Verdauungstrakt führen. Gleichzeitig treten oftmals Anämie, Resorptionsstörungen, Durchfall, Nachlassen der Legeleistung, Abmagerung, Kachexie und sogar Todesfälle auf.

5. Capillaria-Arten der Säugetiere

5.1. Erreger

Folgende Tabelle listet wichtige Capillaria-Vertreter auf, die bei Säugetieren, insbesondere den Haussäugern parasitieren.

Art Wirt  Organbesiedelung Entwicklung
Capillaria bovis Rind, Schaf, Wildwiederkäuer Dünndarm direkt
Capillaria longipes Schaf Dünndarm direkt
Capillaria putorii Mustelidae, Waschbär, Katze Magen, Dünndarm direkt und indirekt (Regenwürmer)
Capillaria aerophila Rotfuchs, Hund, Katze, Dachs, Marder, Igel, Mensch Trachea, Bronchien, Nasen- und Stirnhöhle indirekt (Regenwürmer)
Capillaria plica Rotfuchs, Hund, Wolf, Katze, Mustelidae Harnblase indirekt (Regenwürmer)
Capillaria hepatica Nager, Lagomorpha, Igel, Pferd, Hund, Katze, Mensch Leber direkte Eiablage in Leberparenchym, keine Ausscheidung

5.2. Vorkommen

Klinisch bedeutsam sind Capillaria-Arten, die bei Fleischfresser vorkommen. Capillaria putorii konnte im Magen von 2,7 % von 111 untersuchten Streunerkatzen (in Deutschland) nachgewiesen werden. Bei 0,9 % ebenso vieler Katzen konnte Capillaria aerophila im Respirationstrakt gefunden werden.

5.3. Entwicklung

Eine Infektion mit Capillaria-Arten erfolgt durch die perorale Aufnahme von Eiern oder Zwischenwirten, die infektiöse Erstlarven enthalten. Bei einer extraintestinalen Lokalisation der Parasiten (Lunge, Harnblase oder Leber) wandern die Larvenstadien vom Darm ausgehend über den Lymph-Blut-Weg in die Zielorgane.

Eine Besonderheit stellt dabei Capillaria hepatica dar: Weibchen dieser Art entlassen ihre Eier in das Leberparenchym, wobei diese erst nach dem Tod des Wirtes und anschließendem Zerfall des Organs frei werden oder nach dem Verzehr des Wirtes durch einen Fleischfresser in einen Endwirt gelangen. Dieser scheidet die Eier wieder mit dem Kot aus, sodass sich in der Außenwelt aus dem Ei eine infektiöse Larve weiter entwickeln kann.

5.4. Erkrankung

Das Krankheitsbild einer Capillariose hängt stark von der Art und vom befallenen Organ ab. So parasitiert z.B. Capillaria longipes beim Schaf im Dünndarm. Im Gegensatz dazu führt eine Infektion mit Capillaria plica beim Hund zur sog. Blasencapillariose.

5.5. Zoonose

Sporadisch treten auch Infektionen mit Capillaria-Arten beim Menschen auf. So konnten etwa in Frankreich, Russland und in der Ukraine mehrere Infektionen mit Capillaria aerophila beschrieben werden. Eine deutlich größere Bedeutung hat Capillaria philippinensis - ein Dünndarmparasit, der beim Menschen schwere Enteropathien mit Todesfolge verursachen kann. Capillaria philippinensis kommt v.a. in Asien vor, wobei Vögel die Endwirte sind und Fische als Zwischenwirte fungieren.

6. Literatur

  • Eckert, Johannes, Friedhoff, Karl Theodor, Zahner, Horst, Deplazes, Peter. Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2008.

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