Antihypertensivum
Synonym: Antihypertonikum
Englisch: antihypertensive
Definition
Antihypertensiva ist ein Sammelbegriff für Medikamente, die den Blutdruck senken. Sie bilden zusammen mit den Lebensstiländerungen die Grundlage der antihypertensiven Therapie.
Hintergrund
Neben der nichtmedikamentösen Basisbehandlung, welche eine Gewichtskontrolle, körperliche (Ausdauer-) Betätigung, kochsalzarme Diät sowie Reduktion des Alkoholkonsums und Verzicht auf Rauchen zum Inhalt hat, werden verschiedene Substanzklassen antihypertensiver Medikamente unterschieden.
Der Zielblutdruck sollte, unabhängig vom Alter des Patienten, unter 140/90 mmHg liegen, optimal sind Werte von 120/80 mmHg.
Einteilung
Die heute (2020) eingesetzten Antihypertensiva gehören zu den folgenden Substanzklassen:
- Mittel der ersten Wahl
- Diuretika
- ACE-Hemmer (ACE-I)
- Betablocker (BB)
- Kalziumantagonisten (CCB)
- AT1-Rezeptorantagonisten (ARB)
- Reservemittel
Gemäß den Empfehlungen der Deutschen Hochdruckliga besteht die medikamentöse Basistherapie in der Gabe eines Diuretikums oder eines Kalziumantagonisten, falls erforderlich in Kombination mit Vertretern der anderen Substanzklassen.
Einsatzschema
Erkrankung oder Zustand | Antihypertensive Medikation und Hinweise |
---|---|
Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion/systolischer Funktion | ACE-I oder ARB, BB, Diuretika, MRA |
Zustand nach Myokardinfarkt | ACE-I oder ARB, BB, MRA |
Koronare Herzkrankheit (KHK) | BB, ACE-I oder ARB (Komorbidität beachten) |
Vorhofflimmern | zur Prävention: ACE-I oder ARB, BB, MRA; zur Frequenzkontrolle: BB |
Aortenklappenstenose | ACE-I oder ARB möglich; Vorsicht mit Glyceroltrinitrat-Spray bei hypertensiver Entgleisung |
Zustand nach Hirninfarkt, zerebrale Ischämie | Prinzipiell alle Erstlinien-Antihypertensiva, BB jedoch weniger protektiv |
periphere arterielle Verschlusskrankheit | CCB, ACE-I oder ARB; nur kardioselektive BB (wegen Komorbiditäten mit Herzinsuffizienz, KHK oft nicht verzichtbar) |
Diabetes mellitus | Bevorzugt ACE-I oder ARB; CCB möglich; Vorsicht mit BB und Diuretika (v. a. deren Kombination) |
Chronische Nierenerkrankung | Bevorzugt ACE-I oder ARB; RAAS-Antagonisten (ACE-I oder ARB, MRA) und Kaliumkontrollen; "Triple Whammy" vermeiden |
Elektrolytstörungen (v. a. Hyponatriämie) | Vorsicht mit Diuretika (Hyponatriämie v. a. unter Thiaziden); Vorsicht bei RAAS-Antagonisten (ACE-I/ARB, MRA) und Hyperkaliämie |
Asthma bronchiale, Asthma-COPD-Overlap-Syndrom | Bevorzugt ACE-I/ARB, CCB, Diuretika; BB keine absolute Kontraindikation, aber nur kardioselektive einsetzen: Bisoprolol, Metoprolol, Nebivolol |
Sturzrisiko | Vorsichtige Blutdrucksenkung: "Start low, go slow!", Kontrollen: v. a. Orthostase-Reaktionen, diastolische Werte; Vorsicht mit zentral wirkenden Sympathikolytika, Alphablockern und Schleifendiuretika |
Demenz | Besser zentral wirkende ACE-I (Ramipril, Lisinopril) oder ARB; zentral wirkende Reserve-Antihypertensiva vermeiden |
Sarkopenie | Positive Effekte durch ACE-I/ARB (auch wegen der Wechselwirkung zwischen Sarkopenie und Herzinsuffizienz) |
Dysphagie | Klären, ob Tabletten überhaupt geschluckt werden können, v. a. bei Kombinationspräparaten auf Tablettengröße achten (optimal: < 6,5 mm) |
Polypharmazie | BB: Bisoprolol bevorzugen (nicht CYP2D6-abhängig); Interaktion CCB mit Statinen beachten (CYP3A4); "Triple Whammy" vermeiden; Priorisierung von Medikamenten; Adhärenz fördern |
nach Keiner und Gockel (2023)[1]
Quellen
- ↑ Keiner D, Gockel H. Check-Change-Control. Managementaspekte der arteriellen Hypertonie beim geriatrischen Patienten. Med Monatsschr Pharm. 2023; 46(04):114-122
Literatur
Scholze, Hypertonie. ISBN 3-89412-393-1