Akute neutrophile Cholangitis (Katze)
Definition
Die akute neutrophile Cholangitis eine hepatobiliäre Erkrankung bei Katzen. Sie gehört zum Cholangitis-Komplex.
Vorkommen
Die akute neutrophile Cholangitis ist die häufigste entzündliche hepatobiliäre Erkrankung und betrifft überwiegend junge bis mittelalte Katzen.
Ätiologie
Die Ätiologie ist bislang (2021) noch ungeklärt.
Pathogenese
Die genauen Pathomechanismen sind unklar. Pathogenetisch tritt eine bakterielle, biliär aszendierende Infektion über die ableitenden Gallenwege auf. Auch eine bakterielle Translokation aus dem Gastrointestinaltrakt (über die Vena portae) ist möglich. Häufig können enterische Bakterien aus der Galle und/oder Leber kultiviert werden. In ca. 75 % der Fälle handelt es sich dabei um Escherichia coli und Enterococcus spp.. Deutlich seltener lassen sich Streptococcus spp., Bacteroides spp., Clostridium spp., Staphylococcus spp. und Helicobacter spp. nachweisen.
Ein großer Teil der Katzen mit einer Cholangitis leiden zusätzlich an einer Dünndarmerkrankung (meist entzündlich, teilweise auch neoplastisch) und/oder Pankreatitis. Man geht davon aus, dass eine entzündliche Enteropathie die Funktion des Ductus choledochus sehr stark beeinträchtigt und damit eine bakterielle Besiedlung der biliären Strukturen ermöglicht wird.
Bei der akuten neutrophilen Cholangitis kommt es fast ausschließlich zu einer neutrophilen Infiltration. Mit zunehmender Chronizität verändert sich jedoch das Zellbild, sodass ein Gemisch aus neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten und Plasmazellen in den Läsionen gefunden werden kann. Die neutrophilen Granulozyten können dabei oftmals im Lumen oder im Epithel der Gallengänge nachgewiesen werden. Im fortgeschrittenen Stadium wandern diese Zellen auch in das angrenzende Leberparenchym und verursachen eine Cholangiohepatitis.
Klinik
Betroffene Katzen zeigen einen akuten oder subakuten Krankheitsverlauf mit Erbrechen, Durchfall, Anorexie und Apathie. Die Tiere sind dehydriert, haben Fieber und weisen einen beginnenden Ikterus sowie abdominale Schmerzen auf.
Histopathologie
Histologisch lassen sich massenhaft neutrophile Granulozyten innerhalb der biliären Strukturen nachweisen. Selten kommt es auch zu einer Disruption der Grenzplatte und Disseminierung des Entzündungsprozesses in das angrenzende Parenchym.
Aufgrund der entzündlichen Genese können die intra- sowie extrahepatischen Gallengänge dilatieren, sodass in sehr akuten Fällen die Entzündung auch auf die größeren distalen Gallengangsstrukturen übergreifen (Choledochitis).
Diagnose
Eine klinische Verdachtsdiagnose kann durch das Ansprechen auf eine adäquate antibiotische Therapie gestellt werden. Die Diagnose wird idealerweise mittels Leberbiopsie gesichert. Eine weniger invasive, jedoch auch deutlich weniger sensitive (≈ 50 %) Methode ist die Feinnadelaspirationsbiopsie.
Mithilfe einer Ultraschall-gestützten Cholezystozentese (mit einer 22 G-Nadel über einen transhepatischen Zugang) kann die Diagnose erleichtert werden. Die Wahrscheinlichkeit, Bakterien im biliären System zu finden, korreliert dabei stark mit dem ultrasonografischen Befund. Eine ultrasonografisch unauffällige Gallenblase geht mit einer geringen Wahrscheinlichkeit eines positiven Bakterienbefundes einher – und umgekehrt. Die aspirierte Galle sollte jedoch immer aerob sowie anaerob kultiviert werden. Wird die Leber doch biopsiert, sollte auch dieses Biopsat angezüchtet werden.
Labormedizin
Die labormedizinischen Befunden sind sehr variabel. Betroffene Katzen weisen eine gering- bis mittelgradige neutrophile Leukozytose auf. Bei febrilen Patienten ist zusätzlich eine deutliche Linksverschiebung nachweisbar. Zusätzliche Abweichungen sind:
- ALT geringgradig bis mittelgradig ↑
- AP ↑
- GGT ↑
- Gallensäure ↑
- Hyperbilirubinämie
Bildgebende Diagnostik
Radiologisch lassen sich meist keine Abweichungen finden. Selten zeigt sich eine Hepatomegalie.
Mittels Ultraschall kann jedoch keine Unterscheidung der verschiedenen Cholangitisformen getroffen werden. Die meisten Katzen weisen eine normale Lebergröße, physiologische Echogenität sowie eine normale Weite und Wanddicke der Gallengänge auf. Typische Befunde einer Cholangitis hingegen sind:
- diffuse Hyperechogenität
- verdickte Gallengänge
- verdickte Gallenblasenwand
- gemischt-echogener Sludge
Bei chronischen Entzündungen wiederum lassen sich im (intra- sowie extrahepatischen) Gallengangssystem auch Konkremente nachweisen.
Therapie
Initial ist eine adäquate und aggressive antibiotische Behandlung einzuleiten. Als wirksam haben sich Cephalosporine, Amoxicillin und Amoxicillin-Clavulansäure erwiesen, wobei die Wirkstoffe gemäß dem Antibiogramm auszuwählen sind. Die Behandlung ist für mindestens 3 Wochen fortzuführen.
Parallel dazu ist die Katze zu rehydrieren und – wenn nötig – mit einer Ösophagussonde zu versorgen. Ursodeoxycholsäure (15 mg/kgKG 1x täglich p.o.) wirkt zusätzlich antioxidativ und immunmodulierend sowie schwach choleretisch. Bei Hinweis auf eine vollständige extrahepatische Gallengangsobstruktion ist eine chirurgische Intervention (Duodenotomie mit retrograder Spülung der Gallengänge) indiziert.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Schmidt V, Horzinek MC (Begr.), Lutz H, Kohn B, Forterre F (Hrsg.). 2015. Krankheiten der Katze. 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co KG. ISBN: 978-3-8304-1242-7