Zerebrale Vaskulitis
1. Definition
Die zerebrale Vaskulitis ist eine seltene, aber schwerwiegende entzündliche Erkrankung der Blutgefäße des Zentralnervensystems (ZNS).
2. Klassifikation
Je nach Ursache unterscheidet man zwischen einer primären und einer sekundären Form.
2.1. Primäre zerebrale Vaskulitis
Bei der primären zerebralen Angiitis des Zentralnervensystems (PACNS) handelt es sich um eine isolierte Vaskulitis des ZNS ohne systemische Beteiligung. Die Ursache ist derzeit (2025) unklar. Vermutlich wird sie autoimmun vermittelt.
2.2. Sekundäre zerebrale Vaskulitis
Die sekundäre zerebrale Vaskulitis tritt im Rahmen verschiedener anderer Erkrankungen auf:
- Systemische Autoimmunerkrankungen: Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), mikroskopische Polyangiitis (MPA), systemischer Lupus erythematodes (SLE), Sjögren-Syndrom
- Infektionen: Viren (z.B. VZV, HIV), Bakterien (z.B. Tuberkulose, Syphilis), Pilze
- Medikamentös-toxische Ursachen: Kokain, Amphetamine, Chemotherapeutika
3. Pathophysiologie
Die zerebrale Vaskulitis ist durch eine entzündliche Schädigung der Hirnarterien und -venen gekennzeichnet. Dadurch kommt es zu Lumenverengungen und Gefäßverschlüssen, die ischämische Schlaganfälle oder transitorische ischämische Attacken (TIA) auslösen. Die entzündungsbedingte Schwächung der Gefäßwand kann Aneurysmen oder Rupturen verursachen, die intrakranielle Blutungen triggern. Ist das perivaskuläre Gewebe einbezogen, ist darüber hinaus eine Störung der Blut-Hirn-Schranke möglich, die eine Enzephalopathie induziert.
4. Klinik
Die Symptome der zerebralen Vaskulitis sind unspezifisch. Sie umfassen beispielsweise:
- Schlaganfallartige Symptome
- Kognitive Dysfunktion, Demenz
- Krampfanfälle
- Kopfschmerzen
- Psychiatrische Symptome: Verwirrtheit, Psychosen, depressive Verstimmung
- Bewusstseinsstörungen: Von leichter Verlangsamung bis zum Koma
5. Differenzialdiagnosen
Mögliche Differenzialdiagnosen sind unter anderem:
- Ischämischer Schlaganfall anderer Genese
- Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)
- Meningitis oder Enzephalitis
- ZNS-Tumoren
6. Diagnostik
Die Diagnostik einer zerebralen Vaskulitis ist komplex und multidisziplinär. Zum Einsatz kommen:
- MRT mit MR-Angiographie (MRA): Nachweis von Stenosen, Wandverdickungen, zerebralen ischämischen oder hämorrhagischen Läsionen
- DSA: Goldstandard zur Detektion kleinerer Gefäßveränderungen
- Liquoruntersuchung: Mäßige Pleozytose, erhöhter Eiweißgehalt, normale oder leicht erhöhte Glukose, Erregerdiagnostik (PCR)
- Labordiagnostik: erhöhte Entzündungsparameter (BSG, CRP), Autoantikörper (ANA, ANCA, Anti-CCP) zur Abklärung systemischer Erkrankungen, HIV- und Hepatitis-Serologie
- Hirnbiopsie: als Ultima Ratio. Zeigt eine lymphozytäre oder granulomatöse Vaskulitis.
7. Therapie
Bei der zerebralen Vaskulitis werden hochdosierte Glukokortikoide (Methylprednisolon) und in schweren Fällen auch Cyclophosphamid oder Rituximab eingesetzt. Anschließend erfolgte eine langfristige immunsuppressive Erhaltungstherapie (z.B. mit Azathioprin, Methotrexat oder Mycophenolat-Mofetil).
Bei sekundären Formen richtet sich die Therapie nach der jeweiligen Ursache.