Ulzerative Enteritis (Geflügel)
Synonym: Ulcerative Enteritis
Englisch: ulcerative enteritis, quail disease
Definition
Die ulzerative Enteritis ist eine sporadisch oder endemisch auftretende, enterogene, meist septikämische und akut bis chronisch verlaufende Clostridiose beim Geflügel.
Ätiologie
Clostridium colinum ist ein grampositives, pleomorphes und unbewegliches Stäbchenbakterium mit einer Größe von 0,6 bis 1,0 x 3 bis 4 µm. Das Bakterium bildet subterminale ovale Sporen und ist nur unter streng anaeroben Bedingungen und auf Spezialnährmedien anzüchtbar. Nach einer rund 24- bis 48-stündigen Inkubationszeit bilden sich kleine (durchschnittlich 1 bis 2 mm große), konvexe, runde und weißliche Kolonien, die auf bluthaltigen Festnährmedien eine α-Hämolyse zeigen.
Der Erreger ist aufgrund saccharolytischer und proteolytischer Aktivität sowie durch eine numerische Analyse gaschromatographisch abgetrennter Fettsäuren identifizierbar. Eine Unterscheidung zu der sehr ähnlichen Bakterienart Clostridioides difficile gelingt durch die Säurebildung aus Raffinose und der fehlenden Gelatinaseaktivität.
Epidemiologie
Die ulzerative Enteritis ist eine weltweit verbreitete und bedeutsame Clostridiose der Hühner und Puten. Da die versporten Erreger auch gegenüber extremen klimatischen Bedingungen sehr widerstandsfähig sind, bleiben sie sowohl im Erdboden als auch in der Einstreu über Jahre hinweg überlebensfähig. Handelsübliche Desinfektionsmittel führen zu keiner adäquaten Inaktivierung.
Das Wirtsspektrum umfasst neben Hühnern und Puten auch wildlebende sowie domestizierte Vogelarten (z.B. Wachtel, Rebhuhn, Fasan, Taube, Schwan). Gänse und Enten hingegen sind fast refraktär. Erkrankungen können fast ausschließlich bei Boden- und Freilandhaltungen beobachtet werden.
Pathogenese
Als Infektionsquellen kommen hauptsächlich Hühner, Puten und andere Vögel in Frage, die sowohl nach einer Infektion als auch nach Genesung Ausscheider des Erregers bleiben. Die Erregereinschleppung in einen Betrieb erfolgt durch infizierte Tiere sowie durch kontaminierte Tier- und Futtermitteltransporter.
Übertragungen innerhalb der Herde erfolgen vorrangig indirekt auf oralem Weg - sowohl über erregerhaltigen Kot als auch durch kontaminierte lebende oder tote Vektoren. Nach der Infektion befallen die Bakterien die Schleimhaut des Darmtrakts. Aufgrund der Invasivität dringen diese dann tief in die Mukosa ein und verursachen binnen kürzester Zeit eine Septikämie, die oftmals innerhalb weniger Stunden mit dem Tod endet.
Sowohl die Schwere als auch der Verlauf der Erkrankung hängt maßgeblich von der Erregerbelastung, der genetisch determinierten Krankheitsanfälligkeit und der aktuellen Immunlage ab. Häufig wirken sich auch zusätzliche Pathogene wie z.B. Eimeria brunetti, Eimeria necatrix, CIAV, IBV und HEV prädisponierend auf die Krankheitsentstehung aus.
Klinik
Die Inkubationszeit liegt zwischen 24 und 72 Stunden.
Die Erkrankung manifestiert sich in subakuten, akuten, perakuten und chronischen Verlaufsformen. Akut bis perakut erkrankte Tiere leiden an schweren Störungen des Allgemeinbefindens und versterben nach wenigen Stunden. Bei subakut bis chronischen Verläufen hingegen sind sowohl die Futteraufnahme als auch das Wachstum reduziert, die Tiere magern zunehmend ab, sind teilnahmslos und haben ein gesträubtes Gefieder. Sie setzen dünnflüssigen grünlichen bis grünlich-rötlichen und urathaltigen Kot ab und haben ein deutlich gesteigertes Wärmebedürfnis. Durch Mischinfektionen können die Krankheitsbilder jedoch deutlich verkompliziert werden.
Die Mortalität liegt meistens zwischen 1 und 10 % und beträgt nur selten über 30 %.
Pathohistologie
Initial bilden sich stecknadelkopfgroße Ulzera in der Dünn-, Blind- und Enddarmschleimhaut. Diese werden mit fortschreitender Erkrankung zunehmend größer, weisen ein nekrotisches Zentrum mit wallartigem Rand und rotem Hof auf. Tief in die Submukosa reichende und konfluierende Ulzera neigen zu Perforation. Oftmals ist der Dünndarm auch mit nekrotisch-diphtheroiden Belägen ausgefüllt. Die Leber ist deutlich vergrößert und weist herdförmige Nekrosen auf, die von grau-trüben Höfen umgeben sind. Die Milz ist ebenfalls vergrößert und hyperämisch.
Histologisch kommt es zu Desquamation, Hämorrhagie und Nekrose der Schleimhaut sowie Einwanderung von Lymphozyten und heterophilen Granulozyten. In den angrenzenden kleinlumigen Blutgefäßen können Thromben und zahlreiche Stäbchenbakterien, die sich teilweise auch versporen, nachgewiesen werden.
Differenzialdiagnosen
Diagnose
Anhand der Anamnese - zusammen mit der Klinik und den histopathologischen Befunden - kann eine Verdachtsdiagnose ausgesprochen werden. Die Diagnosesicherung erfolgt mittels direktem Erregernachweis aus Abklatschpräparaten mit anschließender Gramfärbung und Identifizierung (z.B. mithilfe des MALDI-TOF-Systems).
Eine kulturelle Anzucht gelingt auf Tryptose-Phosphat-Agar mit Glukose-, Serum- und Hefezusatz.
Therapie
Betroffene Herden können über das Trinkwasser mit β-Lactam-Antibiotika (Penicillin, Amoxicillin), Tetrazyklinen, Makrolidantibiotika (Erythromycin, Tylosin) und Zink-Bacitracin behandelt werden. Eine antibiotische Therapie bei bereits klinisch erkrankten Tieren ist jedoch nicht indiziert, da keine Heilung erzielt werden kann.
Prophylaxe
Ein gutes Betriebsmanagement stellt die beste Prophylaxe gegen eine Infektion dar.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). 2007. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
um diese Funktion zu nutzen.