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Mykotoxikose (Geflügel)

Englisch: mycotoxicosis

1. Definition

Mykotoxikosen sind akut bis chronisch verlaufende Erkrankungen des Geflügels, die nach oraler Aufnahme von toxisch wirkenden Stoffwechselprodukten verschiedener Pilze entstehen.

2. Ätiologie

Als Mykotoxine bezeichnet man die giftige Metabolite des Sekundärstoffwechsels verschiedener Pilzarten, die äußerst stabil gegen Umwelteinflüsse (v.a. Hitze) sind. Derzeit (2021) sind über 500 Mykotoxine bekannt, wobei aus futtermittelhygienischer Sicht v.a. die Toxine folgender Pilzarten relevant sind:

Oftmals sind die Stämme einer Pilzart dazu befähigt, mehrere verschiedene Toxine zu synthetisieren. Die verschiedene Mykotoxine kommen regional in unterschiedlicher Häufigkeit vor. In Deutschland werden in den Futtermitteln von Geflügeln v.a. Mykotoxine von Fusarium-Arten der Stoffwechselgruppen der Trichothecene (z.B. Deoxynivalenol, Diacetoxyscirpenol, T2-Toxin und der Metabolit HT2) sowie Resorcyclate (z.B. Zearalenon) nagewiesen. Weitere bedeutsame Mykotoxine sind die Aflatoxinmetaboliten B1, B2, G1 und G2 von verschiedenen Aspergillus-Arten sowie das Ochratoxin A.

3. Epidemiologie

Obwohl Geflügel relativ unempfindlich gegenüber einigen Mykotoxinen zu sein scheinen, können bei einer ausreichend großen Menge aufgenommener Toxine hohe Verluste innerhalb einer Herde auftreten.

Mykotoxin-bildende Pilze benötigen geeignete Substrate, um eine ausreichende Menge an Toxinen bilden zu können. Hierzu gehören eine große Anzahl an Ausgangskomponenten für die Mischfutterherstellung, z.B. Getreide, Erdnüsse und Soja. Die Kontamination der Futtermittel mit den Mykotoxinen erfolgt dabei hauptsächlich auf dem Feld, während der Ernte oder im Laufe der Futtermittelverarbeitung und -lagerung. Einige Pilzarten (v.a. Aspergillus- und Penicillium-Arten) benötigen hierzu ein feucht-warmes Milieu (z.B. in Futtertanks).

4. Pathogenese

Mykotoxine gelangen meistens oral mit dem Futter in den Organismus. Dort werden sie von der Schleimhaut des Verdauungstrakts resorbiert. Anschließend greifen sie als Enzyminhibitoren in den Zellstoffwechsel des Wirts und in seine Magen-Darm-Flora ein. Die Folge ist eine Hemmung unterschiedlicher Stoffwechselprozesse. Hierbei kommt es u.a. zu einer Hemmung der Proteinsynthese und des Energiestoffwechsels sowie zu einer Steigerung der Lipidperoxidation. Darüber hinaus besitzen manche Mykotoxine eine hormonelle, antibakterielle und allergisierende Wirkung. Im Gegensatz dazu hat die kanzerogene bzw. teratogene Wirkung in der kommerziellen Nutzgeflügelwirtschaft keine Relevanz (vermutlich aufgrund der kurzen Haltungsdauer).

Da Mykotoxine ein sehr niedriges Molekulargewicht aufweisen, produzieren erkrankte Tiere keine Antikörper.

5. Klinik

Sowohl die Art als auch die Schwere der Erkrankungen sind vielfältig und hängen u.a. von der Mykotoxinaufnahme selbst (Art, Menge, Dauer, Kombination mit anderen Toxinen) und vom Wirtstier (Alter, Spezies, Geschlecht etc.) ab.

Da die meisten Mykotoxin-haltigen Futtermittel gleichzeitig mehrere Toxinarten enthalten, kommt es zu einer synergistischen, additiven oder gar antagonistischen Wirkung, sodass eine eindeutige ätiologische Aussage über die Schadwirkung oftmals schwierig ist. Folgende Tabelle listet häufige Mykotoxine, ihre pathologischen Auswirkungen und die damit verbundenen klinischen Symptome auf:

Toxin Pilze  Schadwirkung Klinik
Aflatoxin Aspergillus flavus
Ochratoxin A
  • Aspergillus spp.
  • Penicillium spp.
  • akuter Verlauf
  • Apathie
  • Blutungen
  • Diarrhö
  • ZNS-Störungen
  • Immunsuppression
  • Legeleistungsabfall
  • plötzlicher Tod
Stachybotryotoxin Stachybotrys alternans
  • Blutungen
  • ZNS-Störungen
  • verminderte Gewichtszunahme
  • Haut- und Schleimhautirritationen
Fusarium spp.
  • akute Todesfälle
  • Diarrhö
  • Herz-Kreislauf-Insuffizienz
  • Immunsuppression
  • Legeleistungsabfall
  • Blutungen
  • hormonelle Dysfunktion
  • Haut- und Schleimhautirritationen
  • Embryotod und Schlupfverluste

6. Diagnose

Aufgrund der weitreichenden, teils unspezifischen Symptome und des unterschiedlichen Zusammenspiels verschiedener Mykotoxine gestaltet sich die Diagnosestellung oft schwierig.

Neben einer umfangreichen Anamnese ist ein stufenweises Herangehen unter der Zuhilfenahme von Ausschlussdiagnosen empfehlenswert. Das Auftreten von Erkrankungs- sowie Todesfällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Lieferung einer neuen Futtercharge sowie Änderungen der Fütterung geben erste Hinweise. Anschließend sind eine makroskopische sowie mikroskopische Untersuchung des Futters und eine Überprüfung auf mögliche Mykotoxine indiziert. Parallel dazu ist ein diagnostischer Futterwechsel durchzuführen.

Bei Besserung der Klinik und gleichzeitigem Nachweis von Mykotoxinen kann die Diagnose gesichert werden.

7. Therapie

Akute Vergiftungen können nicht mehr therapiert werden. Aufgrund dessen ist ein sofortiger Futterwechsel durchzuführen, um weitere Intoxikationen zu vermeiden. Anschließend sind Maßnahmen zur Dekontamination (physikalische, chemische und biochemische Methoden) durchzuführen.

Parallel dazu können auch kommerziell erhältliche Futterzusatzstoffe (z.B. Tonmineralien, Hefezellwandbestandteile und teilweise auch Enzyme) dem Futter beigemengt werden, um die Resorption von Mykotoxinen zu unterbinden.

8. Prophylaxe

Eine hygienische Produktion und die entsprechende Lagerung des Futtermittels stellt die beste Prophylaxe gegen eine Kontamination mit Mykotoxin-bildenden Pilzen dar.

9. Literatur

  • Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
  • Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4

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