Thyreotoxische periodische Paralyse
Synonyme: Thyreotoxische hypokaliämische periodische Paralyse
Englisch: Thyrotoxic periodic paralysis
Definition
Die thyreotoxische periodische Paralyse, kurz TPP, ist eine seltene neurologische Komplikation thyreotoxischer Krisen. Sie ist durch rezidivierende Episoden mit Paralysen und Hypokaliämien gekennzeichnet.
Epidemiologie
Die Prävalenz der Erkrankung liegt bei unter 1 zu 1.000.000. Es findet sich eine Häufung im dritten Lebensjahrzehnt mit einem Geschlechtsverhältnis m:w von 17:1 bis 70:1. In der asiatischen Bevölkerung scheint die Erkrankung häufiger zu sein. Die Inzidenz einer TPP bei japanischen thyretoxischen Patienten liegt bei etwa 1,9 %, bei chinesischen Patienten bei etwa 1,8 %.
Ätiologie
Häufige Auslöser einer TTP sind ein Morbus Basedow, eine Thyreoiditis oder eine Amiodaron-induzierte Thyreotoxikose.
Triggerfaktoren der Attacken sind:
- kohlenhydratreiche Mahlzeiten
- Ruhepausen nach starker körperlicher Belastung
- hoher Salz-/Natriumkonsum
- Stress
- Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Diuretika, Östrogene, Acetazolamid, Epinephrin, Abführmittel, Kortikosteroide, NSAR, Lakritze, Fluorchinolone, Aminoglykoside und Ecstasy)
- Traumata
Pathophysiologie
Es existieren verschiedene Faktoren, die im Rahmen einer Thyreotoxikose zu einer Hypokaliämie und in weiterer Folge zu einer Lähmung der Skelettmuskulatur führen. So kommt es bei einer TPP beispielsweise zu einer gesteigerten Transkription von Genen, die für die Natrium-Kalium-ATPase kodieren. Dies führt zu einer erhöhten intrinsischen Aktivität der Pumpe. Analog wird die Transkription des Kaliumkanals KCNJ18 gesteigert, dessen Gen im Promotorbereich ein hormonresponsives Element enthält.
Darüber hinaus führen die Schilddrüsenhormone zu einem Anstieg der Empfindlichkeit gegenüber zirkulierenden Katecholaminen.
Die Folge ist eine erhöhte Aktivität der Natrium-Kalium-ATPase mit verminderter extrazellulärer und erhöhter intrazellulärer Kaliumkonzentration. Das Sarkolemm depolarisiert, anstatt zu hyperpolarisieren. Die Folge ist eine Inaktivierung der Natriumkanäle des Sarkolemms, die zu einer Lähmung der Skelettmuskulatur führt.
Klinik
Charakteristisch sind rezidivierende Episoden akuter Muskelschwäche, die während thyreotoxischer Phasen auftreten. Die Muskelschwäche zeigt sich häufiger an den unteren Extremitäten als an den oberen. Dabei sind eher die proximalen als die distalen Muskeln betroffen.
Die Muskelschwäche kann sich in Form von Paresen bis hin zur vollständigen Paralyse manifestieren. Die Zeit bis zur Erholung variiert zwischen 2 bis 72 Stunden. Typisch ist ein nächtliches bzw. morgendliches Auftreten der Attacken. Sie beginnen in der Regel mit Muskelkrämpfen, Schmerzen und Steifheit. In selteneren Fällen kann es zu einer bulbären Symptomatik mit Beteiligung der Augen- und Atemmuskulatur kommen.
Diagnostik
Laborchemisch können ein erhöhtes T3, T4 und erniedrigtes TSH und eine Hypokaliämie nachgewiesen werden. Darüber hinaus liegt ggf. eine Hypophosphatämie oder Hypomagnesiämie vor.
Im EKG zeigen sich bei einigen Patienten Herzrhythmusstörungen wie beispielsweise AV-Blöcke oder ST-Senkungen. In seltenen Fällen beobachtet man auch ventrikuläre Tachykardien. Mögliche Befunde im EMG sind eine verkürzte Dauer und verringerter Amplitude der Muskelaktionspotenziale sowie ein Anstieg der polyphasischen Potenziale.
Differentialdiagnosen
Therapie
Die Behandlung der TPP umfasst in erster Linie eine Senkung des Schilddrüsenhormonspiegels und das Erreichen einer Euthyreose. Patienten mit schweren Symptomen wie Herzrhythmusstörungen erhalten eine intravenöse Kaliumsubstitution. Nicht-selektive Betablocker können zu einer Verbesserung der neuromuskulären Symptome führen. Triggerfaktoren wie kohlenhydratreiche Mahlzeiten sollten vermieden und die Einnahme von Medikamenten, die eine Hypokaliämie auslösen, überwacht werden.
Literatur
- Siddamreddy et al. Thyrotoxic Periodic Paralysis, Treasure Island (FL): StatPearls Publishing, 2022
- Orphanet - Paralyse, periodische thyreotoxische, abgerufen am 23.11.2022
um diese Funktion zu nutzen.