Porzines reproduktives und respiratorisches Syndrom (Schwein)
Synonyme: Porcines reproduktives und respiratorisches Syndrom, PRRS, Seuchenhafter Spätabort der Schweine (SSS)
Englisch: porcine reproductive and respiratory syndrome, mistery swine disease
Definition
Als porzines reproduktives und respiratorisches Syndrom, kurz PRRS, bezeichnet man die derzeit (2021) wirtschaftlich bedeutsamste Virusinfektion beim Schwein.
Geschichtliches
Das porzine reproduktive und respiratorische Syndrom wurde 1987 erstmals in den USA beschrieben. In Europa trat die Erkrankung zum ersten Mal im Jahre 1990 auf.
Erreger
Das porzine reproduktive und respiratorische Syndrom wird durch das PRRS-Virus ausgelöst. Das PRRS-Virus ist ein Virus aus der Familie der Arteriviridae mit einer einzelsträngigen RNA positiver Polarität. Die Viren sind behüllt und haben einen Durchmesser von 60 nm. Viren aus der Familie der Arteriviridae weisen einen besonderen Tropismus zu Makrophagen (v.a. in der Lunge) auf und verursachen chronisch-persistierende Infektionen.[1] Einige Vertreter sind auch als Aborterreger (EAV und PRRS-Virus) gelistet.
Je nach Auftreten können zwei Stämme unterschieden:
- PRRSV-1: Eurasischer Typ (Europa und Asien)
- PRRSV-2: US-Typ (Nordamerika, Asien)
Epidemiologie
PRRS-V ist weltweit endemisch verbreitet. In Westeuropa kommt hauptsächlich der eurasische Typ (PRRSV-1) vor.
Eine Erregerübertragung erfolgt sowohl vertikal (transplazentar) als auch horizontal (Tröpfcheninfektion, Ejakulat). In einem PRRSV-positiven Betrieb sind vor allem Aufzuchtferkel nach dem Verlust der maternalen Antikörper sowie neu zugekaufte Tiere und Jungsauen bzw. Eber empfänglich.
Neben den direkten bzw. indirekten Übertragungswegen können auch verschiedene belebte (Vögel, Fliegen) und unbelebte (Fahrzeuge, Stiefel, Gülle) Vektoren die Viren in einen Bestand einschleppen. Experimentell konnte auch eine aerogene Verbreitung über neun Kilometer hinweg nachgewiesen werden (airborne disease).[2]
Pathogenese
Nach der Infektion repliziert sich das Virus bevorzugt in den Alveolarmakrophagen - aber auch in Makrophagen anderer Geweben. Es kommt zu einer Schädigung des Immunsystems und dadurch zu einer erhöhten Empfänglichkeit für Sekundärerreger. Durch eine erhöhte Gefäßpermeabilität entstehen Ödeme, die Plazentaschranke kann überwunden werden.
Die Virämie beginnt innerhalb der ersten 24 Stunden p.i. und kann verschieden lange andauern. Grundsätzlich gilt die Regel: Je früher die Infektion erfolgt (junges Alter), desto länger dauert die virämische Phase. Intrauterin infizierte Feten weisen oftmals eine Virämiedauer von bis zu 10 Wochen auf, wohingegen Mast- und Zuchtschweine meist nur etwa 2 Wochen lang virämisch sind.
Klinik
Die klinische Manifestation einer Infektion mit PRRS-Viren hängt stark vom Alter und den Lebensumständen der Tiere ab. Anhand der Klinik können zwei Formen unterschieden werden.
Respiratorische Form: | Reproduktive Form: |
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Bei der respiratorischen Form ist die Ausprägung der Symptome vom Alter der Tiere, der Virulenz des Stammes und den Umgebungsbedingungen sowie dem Vorhandensein bakterieller und/oder viraler Sekundärinfektionen ausschlaggebend. Bei der reproduktiven Form sind die Symptome grundsätzlich vom Trächtigkeitsstadium abhängig.
Eber zeigen in den meisten Fällen keine Symptome, fungieren jedoch als sogenannte stille Ausscheider (im Ejakulat bis zu 92 Tage lang).
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen sämtliche respiratorischen und reproduktiven Erreger und Erkrankungen in Betracht gezogen werden. Neben infektiösen Auslösern sind auch nicht-infektiöse Ursachen zu berücksichtigen. Anhand der vorherrschenden Symptome können folgende Differenzialdiagnosen in Frage kommen:
Respiratorische Form (Atemwegsproblematik) | Respiratorische Form (Augenproblematik) | Reproduktive Form (Aborte) |
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Diagnose
Eine Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Klinik und der Anamnese. Erst durch weiterführende Untersuchungsmethoden kann eine Diagnose gesichert werden.
Zu den pathologischen Veränderungen gehören u.a. eine intralobuläre interstitielle Pneumonie mit Infiltration von nicht-eitrigen Entzündungszellen in die Alveolarwände. Aufgrund der Immunreaktion erscheint die Lunge schlecht retrahiert und derb. In weiterer Folge kommt es zum Untergang von Pneumozyten Typ I und einer Proliferation von Pneumonzyten Typ II. Aufgrund der Vorschädigung der Lunge gilt das PRRS-Virus als eines der primären Auslöser des Porcine respiratory disease complex (PRDC). Durch bakterielle Sekundärinfektionen kann sich die Erkrankung zu einer katarrhalisch-eitrigen Pneumonie verkomplizieren.
Mithilfe des direkten (PCR) oder des indirekten Erregernachweises (ELISA) kann eine Infektion mit dem PRRS-Virus gesichert werden.
Therapie
Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Eine Behandlung ist rein symptomatisch und wird mit NSAIDs und entsprechenden Antibiotika (bei bakterieller Begleitinfektion) durchgeführt.
Prophylaxe
Durch eine Optimierung der Haltungs- und Hygienebedingungen kann einer PRRS-Virusinfektion vorgebeugt werden. Durch externe Biosicherheitsmaßnahmen wird die Einbringung des Virus in einen gesunden Bestand verhindert. Zusätzlich kann durch ein geeignetes Impfschema der Infektionsdruck in einem Bestand deutlich reduziert werden.
Literatur
- Skriptum, Universitätsklinik für Schweine. Veterinärmedizinische Universität Wien. Porzines Circovirus 2 (PCV2). Version 1.
- Skript Virologie für die Module Tierseuchen, Verdauung, Respiration + Kreislauf, ZNS, Reproduktion. Für Studierende der Veterinärmedizin. Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Universität Wien. Stand 1/2017.
Quellen
<references>
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