Erysipelothrix rhusiopathiae
Definition
Erysipelothrix rhusiopathiae ist ein Bakterium aus der Gattung Erysipelothrix innerhalb der Familie der Erysipelotrichaceae. Als Zoonoseerreger verursacht es den Rotlauf des Schweins und des Geflügels sowie das Erysipeloid des Menschen.
Morphologie
Erysipelothrix rhusiopathiae ist ein gerades bis leicht gebogenes, grampositives und schlankes Stäbchenbakterium, das 0,2 bis 0,4 x 0,8 bis 2,5 µm groß ist. Als unbewegliches, aerob sowie fakultativ anaerobes Bakterium kann es gelegentlich bis zu 60 µm lange Filamente ausbilden.
Einteilung
Die Gattung Erysipelothrix umfasst drei Spezies:
- Erysipelothrix rhusiopathiae
- Erysipelothrix tonsillarum
- Erysipelothrix inopinata
Es sind 26 Serovare definiert. Die größte veterinärmedizinische Bedeutung haben die Serovare 1 (früher Serovar A) und 2 (früher Serovar B). Die für das Schwein virulentesten Stämme gehören zum Serovar 1 - hier kann zusätzlich zwischen den Subtypen 1a und 1b unterschieden werden. Zu Erysipelothrix rhusiopathiae zählen ferner noch die Serovare 4 bis 7, 8, 9, 11, 12, 15 bis 17, 19 und 21 sowie die N-Stämme.
Epidemiologie
Erysipelothrix rhusiopathiae ist ein Erreger, der prinzipiell alle Altersgruppen innerhalb eines Schweinebestandes befallen kann. Da die Ferkel von immunen Sauen aufgrund der in der Kolostralmilch enthaltenen maternalen Antikörper bis zu 12 Wochen geschützt sind und die Impfrate von Zuchtsauen relativ hoch ist, kommen klinische Erkrankungen hauptsächlich in folgenden Fällen vor:
- ungeimpfte Betriebe
- Immunsuppression zum Impfzeitpunkt
- ältere und ungeimpfte Mastschweine (hauptsächlich Hobbyhaltung und Eigenversorger)
- ungeimpfte Hobbyschweine
- zu spät geimpfte Jungsauen
Die Ausscheidung des Erregers erfolgt über den Kot. Bei akuten Infektionen können die Bakterien zusätzlich noch massenhaft über den Harn, Nasensekret und Speichel ausgeschieden werden. Erysipelothrix rhusiopathiae kommt ubiquitär in der Umwelt vor und lässt sich daher in der Erde, im Einstreu, im Kot, im Wasser und in der Gülle nachweisen. Nagetiere sowie klinisch unauffällige Trägerschweine gelten als Reservoirwirte.
Eine Infektion findet oral, konjunktival oder perkutan über Hautwunden statt.
Virulenzfaktoren
Über die Virulenzfaktoren ist bislang (2022) noch relativ wenig bekannt. Obwohl aus den Wuchsformen der Bakterien gewisse Rückschlüsse auf die Virulenz der Stämme gezogen werden können, ist dieses Merkmal nicht konstant, da auch virulente R-Stämme bekannt sind.
Als direkte Virulenzfaktoren konnten bislang Hyaluronidasen und Neuraminidasen nachgewiesen werden. Ebenso gilt die Ausbildung einer Kapsel aus Polysacchariden als Virulenzfaktor, da sie den Erreger vor der Phagozytose durch Immunzellen schützt. Die Adhäsion an die Wirtszelle wird durch das Oberflächenantigen SpaA vermittelt.
Pathogenese
Erysipelothrix rhusiopathiae wird hauptsächlich oral übertragen oder perkutan aufgenommen. Das klinische Erscheinungsbild des Rotlaufs wird faktorenabhängig ausgelöst (Faktorenkrankheit). Eine Manifestation wird durch Umwelteinflüsse (z.B. hohe Temperaturen) und Transportbelastungen sowie durch die Virulenz, die Infektionsdosis und durch die Durchseuchungsimmunität bestimmt.
Klinik
Natürliche Infektionen weisen eine Inkubationszeit von 3 bis 5 Tagen auf. Es kommt zu einer durch Fieber und Störungen des Allgemeinbefindens charakterisierten Bakteriämie mit nachfolgender Organmanifestation - besonders in der Haut und in den Gelenken.
Eine Infektion mit Erysipelothrix rhusiopathiae tritt in verschiedenen Verlaufsformen auf, die entweder isoliert auftreten oder auch ineinander übergehen können. Man unterscheidet:
- Perakuter Verlauf: Plötzliches Verenden der Tiere im Zuge einer Septikämie.
- Akuter Verlauf: Charakteristische backsteinförmige Hautveränderungen mit massiven Allgemeinstörungen.
- Subakuter Verlauf: Geringgradige Hautveränderungen ohne klinische Beinträchtigung.
- Chronische Verlaufsformen: Gelenkrotlauf bzw. Herzklappenrotlauf.
Kulturelle Anzucht
Erysipelothrix rhusiopathiae lässt sich auf Blutagar anzüchten. Durch die Zugabe von 5 bis 10 % CO2 kann das Anwachsen begünstigt werden. Um eine mögliche Begleitflora zu hemmen, können Natriumazid, Kristallviolett, Phenol, Kanamycin oder Sulfonamide dem Agar zugefügt werden. Bei flüssigen Nährmedien werden Glukose oder Serum beigefügt.
Bei einer kulturellen Anzucht auf Blutagar verursacht Erysipelothrix rhusiopathiae gelegentlich eine vergrünende Hämolyse.
Diagnose
Durch eine geeignete Probenentnahme - abhängig vom klinischen Bild der Erkrankung - kann ein kultureller Nachweis durchgeführt werden. Bei einer Sepsis empfiehlt es sich, eine Blutkultur von lebenden Tieren anzusetzen. Alternativ können auch verschiedene Organe (Niere, Milz oder Blut aus dem Herz) frisch verendeter Tiere beprobt werden. Beim Gelenkrotlauf sollte man das Gelenkspunktat, beim Herzrotlauf die Herzklappen untersuchen.
Zusätzlich kann eine PCR oder ein ELISA zur Erregerbestimmung durchgeführt werden.
Therapie
Erysipelothrix rhusiopathiae ist penicillinempfindlich und kann mit 10.000 bis 20.000 IE/kgKG behandelt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Quellen
- Mayr, Anton, Rolle, Michael. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2007.
- Skriptum, Universitätsklinik für Schweine. Veterinärmedizinische Universität Wien. Erysipelothrix rhuisopathiae. Version 1.
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