Onchocercose (Pferd)
Synonym: Onchocerca-Infektion des Pferdes
Definition
Die Onchocercose des Pferdes ist eine durch Onchocerca-Arten verursachte Parasitose des Pferdes.
Erreger
Die Onchocercose der Pferde wird weltweit durch zwei bzw. drei Onchocerca-Arten verursacht:
In Ausnahmefällen kann sich auch Onchocerca gutturosa des Rindes im Nackenband des Pferdes ansiedeln.
Alle Onchocerca-Arten weisen im mittleren Körperabschnitt spiralige kutikuläre Verdickungen auf. Die Mundöffnung ist bei allen Parasiten von acht - in zwei Ringen angeordneten Papillen - umgeben und der Ösophagus ist kurz und (nicht deutlich erkennbar) zweigeteilt. Männchen weisen meist gut entwickelte Kaudalflügel sowie Papillen und ungleiche Spicula auf. Die Vulva der Weibchen befindet sich im Bereich des Ösophagus. Die Mikrofilarien sind unbescheidet und der Innenkörper fehlt.
Vorkommen
Onchocerca-Arten kommen weltweit auf allen Kontinenten vor. In Endemiegebieten können hohe Befallsraten bei Pferden nachgewiesen werden. In verschiedenen Staaten der USA sind bis zu 98 % aller Pferde mit Onchocerca infiziert. Auffallend ist, dass bei älteren Pferden die Prävalenz höher ist als bei jüngeren Tieren.
Entwicklung
Geschlechtsreife Onchocerca-Weibchen leben im Nackenband. Mikrofilarien hingegen parasitieren vorwiegend in den oberen Schichten der Dermis - in unmittelbarer Nähe der dort liegenden Hauptarterien: u.a. am Kopf, Hals, im Auge, am Thorax, an den Flanken und am Abdomen. Am häufigsten sind sie am ventralen Thorax und Abdomen (Nabelgegend) zu finden.
An diesen Stellen lassen sich bevorzugt auch die als Zwischenwirte fungierenden Mücken der Gattung Culicoides nieder, die zum Saugakt aktiv das Tier aufsuchen. In der Thoraxmuskulatur entwickeln sich die Mikrofilarien zu Infektionslarven weiter. Diese finden sich ab dem 14. bis 15. Tag nach dem Saugakt in der Proboscis und wandern während des Stechaktes aus den Mundwerkzeugen der Mücke und gehen so wieder auf das nächste Pferd über. Die anschließende Entwicklung zur Geschlechtsreife kann bis zu 16 Monate dauern.
Epidemiologie
Onchocercose cervicalis wird über verschiedene Gnitzen-Arten (u.a. Culicoides nubeculosus und Culicoides variipennis) übertragen. Gemäß der Aktivitätsphasen dieser Mücken erfolgt die Übertragung der Nematoden hauptsächlich während der warmen Jahreszeit. Die Häufigkeit des Befalls von Pferden nimmt in Endemiegebieten mit steigendem Alter zu und erreicht in den Altersgruppen >5 Jahre Höchstwerte (70 bis 100 %). Man geht davon aus, dass diese Befallshäufigkeit hauptsächlich daran liegt, dass Pferde mit zunehmendem Alter vermehrt und wiederholt von Mücken gestochen werden und so einem höheren Infektionsdruck unterliegen.
Klinik
Ein Befall mit Onchocerca-Arten kann sich in verschiedenen Krankheitsbildern äußern.
Nackenbandveränderungen
Onchocerca cervicalis führt im Nackenband zu in Faserrichtung ausgerichteten, hyalinen und glasig-durchscheinenden Streifen, die den Sitz der Würmer anzeigen. Im späteren Verlauf verfärbt sich das Sehnengewebe grünlich, wird brüchig und enthält oft bis zu walnussgroße nekrotische Herde, die eine beträchtliche Größe annehmen können. Zusätzlich bilden sich Ödeme mit später durchbrechenden Fistelkanäle von bis zu 25 cm Länge (Widerristfisteln). Im Fistelsekret können Wurmteile nachgewiesen werden.
Veränderungen im Nackenbandbereich treten besonders gehäuft im Sommer auf und gehen bis zum Winter großteils zurück.
Dermatitis (kutane Onchocercose)
Die Mikrofilarien wandern in verschiedenen Arterien vom Nackenband aus und kommen anschließend in der Dermis zum liegen, ohne jedoch wesentliche Reaktionen hervorzurufen. Man geht davon aus, dass aufgrund der Freisetzung von Antigenen aus abgestorbenen Mikrofilarien allergische Reaktionen ausgelöst werden, die Hautveränderungen verursachen. Die kutane Onchocercose manifestiert sich in leichten bis ausgeprägten Dermatiden mit Haarausfall, Papelbildung, Depigmentierung, Exkoriation und Krustenbildung bei variabel ausgeprägtem Juckreiz.
Hautveränderungen treten v.a. an der Haut des Abdomens entlang der Medianlinie, an Kopf, Nacken und an der Brust auf.
Augenveränderungen
Mikrofilarien von Onchocerca cervicalis können sich auch im Auge ansiedeln, insbesondere in der Kornea, Sklera, Konjunktiva und seltener auch im Ziliarkörper. Man geht davon aus, dass eine positive Korrelation zwischen Mikrofilarienzahl in der Haut und dem Befall der Augen besteht.
Eine Infektion der Augen bleibt meist symptomlos, wohingegen absterbende Mikrofilarien zu einer Konjunktivitis, Keratokonjunktivitis, Uveitis und Chorioretinitis führen können.
Veränderungen an Gliedmaßen
Onchocerca reticulata führt in den proximalen Gleichbeinbändern zu knotenförmige Anschwellungen, die besonders druckdolent sind. Sie können oft zu langanhaltenden Lahmheiten führen.
Befallene Sehnen sind stark verdickt und das die Sehnen umhüllende Bindegewebe ist serös infiltriert und von gelblicher Farbe. Die Wurmherde können in den meisten Fällen schon von außen erkannt werden, besonders wenn sie Knoten bilden. Würmer - die an der Oberfläche der Sehnen absterben - führen zu zahlreichen Verkalkungen. Hinzu kommt, dass das Sehneninnere mit zahlreichen Herden noch lebender Onchocercen durchsetzt sein kann. Onchocerca reticulata führt zudem noch zu granulomatösen und schwer heilenden Hautveränderungen an den Gliedmaßen.
Diagnose
Parasitosen im Bereich des Nackenbandes und Widerristes können klinisch diagnostiziert werden. Die Verdachtsdiagnose kann unter Einsatz von Ultraschall und Röntgen bestätigt werden. Differenzialdiagnostisch müssen bakterielle Veränderungen ausgeschlossen werden.
Bei Veränderungen im Widerristbereich und bei einer Dermatitis sollten Hauptproben auf Mikrofilarien untersucht werden. Die entnommenen Bioptate (etwa 6 mm Durchmesser) sollten dann in physiologischer Kochsalzlösung zerkleinert und bei 37 °C für 12 bis 18 Stunden inkubiert werden. Nachdem grobe Partikel entfernt wurden, sollte die Probe zentrifugiert (10 Minuten bei 200 x g) und das Sediment mikroskopisch untersucht werden.
Therapie
Schäden am Widerrist können mit Antibiotika und Antiphlogistika behandelt werden. Unter Umständen muss eine chirurgische Sanierung des betroffenen Areals erfolgen.
Speziell gegen Onchocerca cervicalis gerichtete Anthelmintika sind derzeit (2018) noch nicht verfügbar. Eine einmalige Applikation von Ivermectin (0,2 mg/kgKG p.o.) hat nur eine Wirkung gegen Mikrofilarien. Durch diese Therapie kann meist innerhalb von 2 bis 3 Wochen eine Verbesserung der Hautsymptomtik erzielt werden. Da im Zuge des Absterbens der Mikrofilarien zahlreiche Antigene frei werden, kann gelegentlich eine vorübergehende Verstärkungen der Symptome auftreten, die durch die gleichzeitige Gabe von Glukokortikoiden reduziert werden können. Vor der Therapie mit Ivermectin sollte eine ophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden, um eine Augenbeteiligung ausschließen zu können, da unter der Therapie bestehende Augenschäden verstärkt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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