Neosporose (Hund)
Synonym: Neospora caninum-Infektion beim Hund
Definition
Als Neosporose des Hundes bezeichnet man eine Parasitose beim Hund, die durch Neospora caninum verursacht wird.
Erreger
Hunde, die als Endwirt den Parasiten Neospora caninum in sich tragen, scheiden über den Kot sphärische bis subsphärische, 10 bis 13 x 10 bis 11 μm große, unsporulierte Oozysten aus. Hunde, die Zwischenwirte von Neospora caninum sind, tragen ungeschlechtliche Entwicklungsstadion (Tachyzoiten und Zysten) in extraintestinalen Organen.
Die halbmond- bis sichelförmigen Tachyzoiten sind 3 bis 8 x 1 bis 5 μm groß, wohingegen die kugel- oder spindelförmigen Zysten ungekammert sind und bis zu 110 μm groß und dickwandig werden können. In den meisten Fällen sind sie 1 bis 2 μm groß. Diese können mehrere hundert halbmondförmige und 6 bis 10 x 1 bis 1,8 μm große Bradyzoiten mit PAS-positiven Granula enthalten.
Epidemiologie
Neospora caninum ist vermutlich weltweit bei Hunden verbreitet. Man hat herausgefunden, dass verschiedene Hundepopulationen einem unterschiedlichen Infektionsdruck unterliegen. Demnach variiert die Seroprävalenz von Infektionen mit Neospora caninum in verschiedenen Regionen Europas von Infektionen zwischen 0,5 und 17 % (nimmt mit steigendem Alter zu). Die niedrigste Seroprävalenzen konnten bei Hundepopulationen in Schweden nachgewiesen werden, die höchsten hingegen in Großbritannien und Italien. In Deutschland sind zwischen 4 und 11 %, in Österreich 3 bis 4 % der untersuchten Hunde seropositiv.
Entwicklung
Die Neosporose kann beim Hund vertikal durch diaplazentare Übertragung und horizontal durch den Verzehr von Fleisch verbreitet werden.
Hunde, die im Welpenalter an Neosporose erkranken, wurden vermutlich pränatal mit dem Parasiten infiziert. So kann eine diaplazentare Übertragung von Neospora caninum unmittelbar nach Primärinfektion der Hündin während einer bestehenden Trächtigkeit, aber auch erst in späteren Trächtigkeiten erfolgen. In den meisten Fällen überträgt eine infizierte Hündin den Erreger auf Welpen mehrerer aufeinander folgender Würfe. Es müssen jedoch nicht alle Welpen eines Wurfes infiziert sein. Einige der infizierten Welpen bilden eine ausgeprägte klinische Neosporose aus, andere hingegen bleiben über Jahre - in manchen Fällen sogar lebenslang - symptomlos.
In experimentellen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass bei Hunden - die als Endwirt von Neospora caninum fungieren - die Präpatenz 5 bis 13 Tage, die Patenz meist 11 bis 20 Tage andauert.
Pathogenese
Welche Faktoren letztendlich ausschlaggebend sind, um zu einer Manifestation einer klinischen Neosporose zu führen, ist bislang nicht bekannt. Gleichzeitig ist noch nicht geklärt, ob sich klinisch manifeste Neospora caninum-Infektionen bei adulten Hunden nach einer postnatal erworbenen Infektion entwickeln oder ob dabei lediglich eine Reaktivierung einer pränatal erworbenen Parasitose vorliegt.
Pathologie
Bei pränatal infizierten Welpen entwickelt sich ein sog. Polyradikuloneuritis-Myositis-Syndrom. Dabei bilden sich v.a. fokale Nekrosen, insbesondere in Gehirn, Rückenmark und Spinalnerven aus. Derartige Nekrosen können auch in der Leber gefunden werden.
Aufgrund der Atrophie und Fibrosierung erscheint die Muskulatur makroskopisch gelb-weiß gestreift. Ältere Welpen leiden manchmal an Neuromyopathien oder Enzephalomyelitiden, erwachsene Hunde an Enzephalitiden.
Klinik
Klinisch manifeste Neosporosen werden meist bei jungen Hunden beobachtet. Dieses treten dann in den häufigsten Fällen während des ersten Lebensjahres auf. Oftmals sind mehrere Wurfgeschwister betroffen, die Symptome können jedoch unter den einzelnen Tieren unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Klinische Symptome treten in der Regel erst nach dem Absetzen ein. Die Hauptsymptome sind (bei erhaltener Sensorik) Ataxie, Extensorrigidität, Muskelatrophie, Parese (meist doppelseitig) und aszendierende Paralyse der Gliedmaßen sowie spastische Hyperextension der Beugesehnen (vorwiegend an den Hintergliedmaßen).
Welpen mit progressiver Paralyse der Gliedmaßen können monatelang ein klinisch unauffälliges Allgemeinbefinden aufzeigen. In den meisten Fällen jedoch gesellen sich weitere Symptome, wie etwa Schluckbeschwerden, Dysphagie, Megaösophagus, Paralyse der Kiefer, Muskelschmerzen, Inkontinenz und Herzversagen hinzu.
In einzelnen Fällen konnten auch klinisch manifeste Neosporosen bei älteren Hunden festgestellt werden. Diese Hunde zeigen - neben den genannten Symptomen - ulzerative Dermatiden, Pneumonie oder Myokarditis.
Diagnose
Da sowohl der Krankheitsverlauf als auch die Morphologie der Entwicklungsstadien von Neospora caninum und Toxoplasma gondii äußerst ähnlich sind, wurden Neosporosen beim Hund in der Vergangenheit oft fälschlicherweise als Toxoplasmosen diagnostiziert.
Eine Neosporose wird anhand klinischer Symptome in Betracht gezogen. Leitsymptome sind hierbei neuromuskuläre Symptome, allen voran eine progressive aszendierende Paralyse mit Hyperextension der Gliedmaßen im Welpenalter.
Es sind verschiedene serologische Untersuchungen auf Antikörper gegen Neospora caninum verfügbar. Innerhalb der verschiedenen Testverfahren (IFAT, ELISA, Aviditätstest) zeigt der IFAT die höchste Spezifität. In Normalfall wird ein IFAT-Titer von 1:200 oder höher als indikativ für eine Neosporose angesehen. Mittels PCR kann der Nachweis parasitärer DNA durchgeführt werden.
Sollte eine Euthanasie eines erkrankten Hundes notwendig sein, ist eine pathomorphologische und immunhistochemische Untersuchung zur Abklärung unklarer Fälle zu empfehlen. Oozysten von Neospora caninum können zusätzlich mithilfe des Flotationsverfahrens im kot der Endwirte nachgewiesen werden. Da die Oozysten morphologisch mit jenen von Hammondia heydorni identisch sind, können molekularbiologische Methoden (PCR, RFLP) eine genaue Differenzierung erleichtern.
Therapie
Der Therapieerfolg einer Behandlung ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, insbesondere vom Stadium der Infektion zu Beginn der Behandlung. Das liegt daran, dass eine spezifische Therapie im Frühstadium der Infektion eine Vermehrung des Parasiten im Wirt durch die sich schnell teilenden Tachyzoiten während der ersten Endodyogeniephase reduziert. Dadurch kann eine Manifestation von parasitären Stadien in neuronalen Geweben verhindert werden.
Eine Neosporose kann beim Hund durch eine Kombinationstherapie mit Clindamycinphosphat (12,5 bis 25 mg/kgKG i.m. 2x täglich über 4 Wochen) und potenzierten Sulfonamiden (z.B. Sulfadiazin plus Trimethoprim, 12,5 plus 2,5 mg/kgKG p.o. 2x täglich über 4 Wochen) behandelt werden. Beide Wirkstoffen sowie das in einigen Fällen verwendete Pyrimethamin (1 bis 1,3 mg/kgKG täglich über 14 Tage) richten sich gegen das Tachyzoiten-Stadtium des Parasiten. Kombinationstherapien haben sich als deutlich wirksamer erwiesen als Monotherapien.
Prophylaxe
Hündinnen die einen hohen Antikörpertiter gegen Neospora caninum haben sollten unbedingt von der Zucht ausgeschlossen werden. Bei ihnen besteht ein erhöhtes Risiko für eine vertikale Übertragung mit anschließender Erkrankung der Welpen.
Um eine mögliche Infektion mit Neospora caninum zu verhindern, sollten Hunde nicht mit rohem oder ungenügend erhitztem Fleisch, Schlacht- oder Jagdabfällen gefüttert werden.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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