Herpesvirus simiae
Synonyme: Herpesvirus B, Herpes-B-Virus, Macacine Alphaherpesvirus 1, McHV-1, Cercopithecines Herpesvirus 1, CHV-1, CeHV-1
Definition
Das Herpesvirus simiae ist ein zu den Alphaherpesvirinae zählendes DNA-Virus. Es handelt sich um den Erreger des sogenannten Herpes B ("Affenherpes"), einer beim Menschen sehr schwerwiegenden und potentiell letalen Form der Enzephalitis.
Taxonomie
- Bereich: Duplodnaviria
- Reich: Heunggongvirae
- Stamm: Peploviricota
- Klasse: Herviviricetes
- Ordnung: Herpesvirales
- Familie: Herpesviridae
- Unterfamilie: Alphaherpesvirinae
- Gattung: Simplexvirus
- Art: Herpesvirus simiae
- Gattung: Simplexvirus
- Unterfamilie: Alphaherpesvirinae
- Familie: Herpesviridae
- Ordnung: Herpesvirales
- Klasse: Herviviricetes
- Stamm: Peploviricota
- Reich: Heunggongvirae
siehe Hauptartikel: Virustaxonomie
Geschichtliches
Die erste dokumentierte Infektion eines Menschen mit Herpesvirus simiae ereignete sich 1932, als Dr. William Bartlet Brebner von einem klinisch asymptomatischen Rhesusaffen gebissen wurde. Er starb nach 15 Tagen an einer progressiven Enzephalitis. Bartlet Brebner war namensgebend für das Virus.
Morphologie
Das Herpesvirus simiae ist ein behülltes Virus mit einem Durchmesser von ca. 120-180 nm. Das ikosaedrische Kapsid ist von einem Tegument und einer doppelschichtigen Lipidmembran umgeben.
Genom
Verbreitung
Das Herpesvirus simiae ist weit verbreitet bei Altweltaffen und enzootisch bei asiatischen Makaken (z.B. Rhesusaffen, Javaneraffen). Aufgrund des Einsatzes von Affen bzw. Affenzellkulturen in der biomedizinischen Forschung sowie der Haltung von Makaken in zoologischen Gärten ist das Virus weltweit verbreitet.
Übertragung
Das Herpesvirus simiae kann zwischen Tieren durch direkten Kontakt, Biss- und Kratzwunden sowie durch Geschlechtsverkehr übertragen werden. Es zählt zu den Zoonoseerregern, da Kontaktinfektionen von Menschen durch infizierte Affen beschrieben sind. Beim Menschen kann es zu Infektionen durch Bisse (Speichel), Kratzwunden, Nadelstiche, Verletzung durch kontaminierte Gegenstände, Kontakt mit Zellmaterial, Gewebeproben oder Körperflüssigkeiten sowie durch direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung kommen.
Von den ca. 45 dokumentierten Fällen beim Menschen handelt es sich primär um Laborpersonal, das mit Makaken direkten Umgang hatte.
Pathogenität
B-Virusinfektionen in Makaken verlaufen i.d.R. asymptomatisch. Es löst allenfalls eine milde Erkrankung mit Symptomen eines Herpes labialis aus.
In anderen Affenspezies und dem Menschen verläuft die Infektion in 70-80 % tödlich.
Pathogenese
Wie bei HSV findet die Virusvermehrung in der Haut bzw. Schleimhaut des Respirations- und Genitaltraktes statt. Nach Replikation in Epithelzellen und Zelllyse kann es weitere Zellen infizieren oder in die lokalen Nervenendigungen eintreten. Es kann jedoch Neuronen auch ohne vorherige Replikation infizieren. Durch axonalen Transport gelangt es in die sensorischen Ganglien (z.B. Spinalganglien oder Ganglion trigeminale).
Klinik
Nach einer Inkubationszeit von 2 Tagen bis 5 Wochen entwickelt sich eine schwere aufsteigende nekrotisierende Myeloenzephalitis mit Einschlusskörperchen in den Nerven- und Gliazellen. Leitsymptome sind Fieber, Schüttelfrost, Lymphangitis, starke Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Hypästhesien und Paresen an den betroffenen Extremitäten.
Diagnostik
Bei Infektionsverdacht des Menschen ist das verursachende Tier auf Virusausscheidung zu untersuchen. Dafür eignen sich Augen- und Nasensekret sowie Speichelproben, Bläschenflüssigkeit oder Abstriche von Schleimhäuten. Weiterhin sollte von der Wunde der betroffenen Person Material entnommen werden. Da das Virus in den sensorischen Ganglien latent vorliegt und nur unregelmäßig ausgeschieden wird, ist ein eindeutiger Virusnachweis oft erst postmortal möglich. Die Methode der Wahl stellt die PCR dar.
In Serumproben können Antikörpertiter gegen Herpesvirus simiae bestimmt werden. Dabei muss eine Kreuzreaktion mit HSV oder SA8 berücksichtigt werden. Der Umgang mit erregerhaltigen Proben ist nur in Laboratorien der Sicherheitsstufe 3 zulässig.
Therapie
Nach Exposition sollte eine intensive Wundreinigung mit Seife oder Detergenzien durchgeführt werden. Weiterhin wird eine zweiwöchige Therapie mit Aciclovir, Famciclovir oder Valaciclovir empfohlen.
Bei einer bereits manifesten Herpes-Simiae-Enzephalitis kann Ganciclovir intravenös verabreicht werden.
Prävention
Derzeit (2020) existiert keine Impfung. Präventiv sind Schutzkleidung, weitere Hygienemaßnahmen und der Einsatz von spezifisch pathogenfreien Affen wirksam.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht nach dem deutschen Infektionsschutzgesetz.