Parvovirus B19
von lateinisch: parvus - klein
Synonym: Humanes Parvovirus B19
Englisch: parvovirus B19
Definition
Das humane Parvovirus B19 ist ein lineares Einzelstrang-DNA-Virus aus der Familie der Parvoviren und der Erreger des Erythema infectiosum (Ringelröteln).
Geschichte
Das Parvovirus B19 wurde 1974 durch die australische Virologin Yvonne Cossart entdeckt.
Systematik
- Bereich: Monodnaviria
- Reich: Shotokuvirae
- Stamm: Cossaviricota
- Klasse: Papovaviricetes
- Ordnung: Sepolyvirales
- Familie: Parvoviridae
- Gattung: Erythroparvovirus
- Art: Humanes Parvovirus B19
- Gattung: Erythroparvovirus
- Familie: Parvoviridae
- Ordnung: Sepolyvirales
- Klasse: Papovaviricetes
- Stamm: Cossaviricota
- Reich: Shotokuvirae
siehe Hauptartikel: Virustaxonomie
Struktur
Das Virus hat einen Kapsid vom Ikosaedertyp aus den beiden Proteintypen VP1 und VP2. Es ist ca. 20 nm klein und besitzt keine Virushülle. Damit gehört das Parvovirus B19 zu den kleinsten bekannten Viren. Die Genomlänge beträgt etwa 5.000 bis 5.500 Basenpaare,
Epidemiologie
Das humane Parvovirus B19 kommt weltweit vor. Die Seroprävalenz B19-spezifischer Antikörper beträgt in westlichen Industrieländern ca. 50 %. Die Übertragung erfolgt aerogen per Tröpfcheninfektion. Das Virus ist sehr umweltstabil, wodurch es in der Lage ist, längere Zeit außerhalb des Körpers zu überleben. Im Frühjahr und Herbst kommt es oft zu einem epidemieartigen Auftreten, wobei insbesondere Kinder und Jugendliche zwischen dem 6. und 15. Lebensjahr betroffen sind.
Pathogenese
Das Virus infiziert bevorzugt knochenmarksständige Vorläuferzellen der Erythropoese wie burst-forming-units (BFU) oder colony-forming-units (CFU), in welchen es sich vermehrt und durch deren Zerstörung es zu einer vorübergehenden Anämie kommt. Die Vorläuferzellen bieten sich an, da das Parvovirus B19 selber nicht in der Lage ist, die Zelle in der Replikationsphase zu halten. Als Rezeptor dient das P-Antigen, das von verschiedenen Phänotypen unterschiedlich stark exprimiert wird. Bei starker Expression dieses Antigens kann es zu einer hochgradigen Virämie kommen.
Klinik
Die Angaben zur Inkubationszeit variieren in der Literatur. Sie wird oft mit 4 bis 14 Tagen, oder mit 13 bis 18 Tagen angegeben.[1][2] Die maximal angegebene Inkubationszeit beträgt 3 Wochen.[3] Danach kommt es zu einem Exanthem im Gesicht, das charakteristischerweise die Mundpartie, das Kinn und den knorpeligen Teil der Nase ausspart. Weiterhin breitet es sich über die Extremitäten – hauptsächlich auf den Streckseiten – aus und bildet dort ringförmige, rote Effloreszenzen. Das Vollbild bildet das Erythema infectiosum, das nach 7 bis 10 Tagen folgenlos abheilt.
Eine weitere Manifestation beim Erwachsenen sind Arthralgien oder Arthritiden, die insbesondere die kleinen Gelenke betreffen. Sie äußern sich in einem plötzlich einsetzenden, symmetrischen Befall der Finger-, Hand- und Sprunggelenke, welche die Beweglichkeit erheblich einschränken und mehrere Wochen bis Monate persistieren können.
Risikogruppen
Die gefährlichste Komplikation ist der Hydrops fetalis der schwangeren Frau, weshalb diese den Kontakt zu erkrankten Kindern möglichst meiden sollten. Über 95 % der fetalen Komplikationen (Hydrops fetalis und Fruchttod) treten innerhalb von 12 Wochen nach einer akuten Parvovirus-B19-Infektion während der Schwangerschaft auf.[4]
Patienten mit einer hämolytischen Anämie sind besonders gefährdet. Bei einer Infektion mit dem Virus kann es durch den Befall der Erythroblasten zu einer aplastischen Krise kommen. Eine weitere Risikogruppe sind immunsupprimierte Patienten.
Labordiagnostik
Direkter Erregernachweis
Der direkten Erregernachweis ist mittels PCR aus Blut, Knochenmark oder Fruchtwasser schwangerer Frauen ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich. Weiterhin kann der Nachweis mittels Elektronenmikroskopie gelingen, aufgrund seiner geringen Partikelgröße ist Parvovirus B19 jedoch nur bei sehr hoher Viruslast nachweisbar.
Parvovirus B19-Viruspartikel besitzen hämagglutinierende Eigenschaften, weshalb ein Nachweis von Virusantigenen auch durch einen Hämagglutinationstest erfolgen kann. Dies gelingt jedoch nur in hochvirämischen Proben.
Indirekter Erregernachweis
Der indirekte Erregernachweis erfolgt serologisch durch den Nachweis spezifischer Antikörper (IgG und IgM) gegen Parvovirus B19 im Blut. Die Anwesenheit von IgM-Antikörpern weist auf eine bestehende oder kürzlich überstandene Infektion hin. IgG-Antikörper zeigen eine überstandene Infektion und Immunität an. Bei Verdacht auf eine Infektion mit Parvovirus B19 wird zunächst ein Suchtest nach spezifischen Antikörpern mittels ELISA oder Immunfluoreszenzassays durchgeführt, für die Bestätigung positiver Befunde stehen Immunoblot-Testverfahren zur Verfügung (Bestätigungstest).
Therapie
Eine spezifische antivirale Therapie existiert nicht. Die Infektion kann symptomatisch mit NSAR behandelt werden. Darüber hinaus ist die Gabe von Immunglobulinpräparaten möglich.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 26.04.2021
Quellen
- ↑ Bloise et al. Parvovirus B19 infection in children: a comprehensive review of clinical manifestations and management. Italian Journal of Pediatrics. 2024
- ↑ Kagan et al. Prenatal parvovirus B19 infection. Archives of Gynecology and Obstetrics. 310: 2363-2371. 2024
- ↑ Dittmer et al. Parvovirus B19 Infection and Pregnancy: Review of the Current Knowledge. J Pers med. 14(2): 139. 2024
- ↑ Enders et al. Human parvovirus B19 infection during pregnancy – Value of modern molecular and serological diagnostics. Journal of Clinical Virology. 35(4): 400-406. 2006