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Farbsinnstörung

(Weitergeleitet von Dyschromatopsie)

Synonyme: Farbfehlsichtigkeit, Farbsehschwäche, Dyschromatopsie, Dyschromasie
Englisch: color vision deficiency

1. Definition

Farbsinnstörungen, auch Dyschromatopsien genannt, sind Störungen der Lichtreizverarbeitung, die subjektiv die Wahrnehmung selektiver Anteile des sichtbaren Lichtspektrums verhindern oder verändern. Sie können wichtige Indikatoren für Netzhautveränderungen sein.

2. Epidemiologie

Mehr als 8% der Männer weisen kongenitale Störungen des Farbsehens auf, bei Frauen sind es etwa 0,4%. Es wird vermutet, dass 5% aller Männer und Frauen unter erworbenen Farbsinnstörungen leiden.

3. Einteilung

Farbsinnstörungen lassen sich grob einteilen in:

3.1. Kongenitale Farbsinnstörungen

Angeborene Störungen des Farbsinns lassen sich nach Maxwell nach der Anzahl der Farben einteilen, die ein Patient mit Farbsinnstörung zum Nachmischen einer vorgegebenen Farbe braucht, so dass er keinen Unterschied mehr zwischen der vorgegebenen Farbe und der Mischfarbe wahrnimmt. Hat der Patient kein Farbempfinden und kann nur Helligkeiten unterscheiden, liegt eine Achromatopsie (Farbenblindheit) bzw. Monochromasie vor. Ein Patient mit Dichromasie mischt jede vorgegebene Farbe mit nur zwei Grundfarben nach, eine Patient mit Trichromasie benötigt drei Grundfarben.

Farbstörung Anzahl der Mischfarben neutrale Wellenlänge [nm] maximale Empfindlichkeit [nm] Häufigkeit in der männlichen Bevölkerung (EU)
Monochromasien
Stäbchenmonochromasie 1 alle 505 0,003%
Zapfenmonochromasie 1 alle 434/535/565 <0,001%
Dichromasien
Protanopie 2 493 540 1%
Deuteranopie 2 497 560 1,1%
Tritanopie 2 570 555 <0,01%
Trichromasien
Protanomalie 3 - 540 1%
Deuteranomalie 3 - 560 4,9%
Tritanomalie 3 - 555 <0,01
Normal 3 - 555 92%

3.2. Erworbene Farbsinnstörungen

3.2.1. Farbsinnstörungen bei Augenerkrankungen

Farbsinnstörungen treten sekundär im Rahmen verschiedener Augenerkrankungen auf. Laut der Köllner-Regel kommt es bei Veränderungen der Netzhaut zu Blau-Gelb-Störungen, während Veränderungen der Sehbahn eher Rot-Grün-Störungen zur Folge haben. Als Abweichung von dieser Regel ist das Glaukom zu nennen, das eine Blau-Gelb-Störung bewirkt.

Ursächlich für diese Einteilung ist die Verteilung der Zapfentypen in der Retina, bei der die Blaurezeptoren einen Anteil von ungefähr 12% haben. In der Fovea fehlen sie vollständig. Kommt es zur Verringerung der Zapfen, wirkt sich diese in erster Linie auf die am wenigsten vertretenen Rezeptortyp (hier die Blaurezeptoren) aus.

Entsprechend führen Veränderungen der Fovea zu Rot-Grün-Störungen, da hier vornehmlich Rot- bzw. Grünrezeptoren betroffen sind. Veränderungen des Nervus opticus können ebenfalls zu Rot-Grün-Störungen führen, da ein großer Teil der Sehnervenfasern der Fovea zugeordnet sind.

Die folgende Liste zeigt verschiedene Erkrankungen und die daraus resultierende Farbsinnstörung.

Erkrankung Störung Erkrankung Störung
Katarakt Blau-Gelb Neuritis nervi optici Rot-Grün
Glaukom Blau-Gelb Alkohol-Tabak-Amblyopie Rot-Grün
Netzhautablösung Blau-Gelb Leber'sche Optikusatrophie Rot-Grün
Pigmentdegenerationen der Retina
(inkl. Retinitis pigmentosa)
Blau-Gelb Läsionen der Sehbahn Rot-Grün
senile Makuladegeneration Blau-Gelb diabetische Retinopathie Blau-Gelb
juvenile Makuladegeneration Rot-Grün Chorioretinitis Blau-Gelb

3.2.2. Medikamentös und toxisch bedingte Farbsinnstörungen

Farbsinnstörungen durch Medikamente oder Gifte können sich als vorübergehende Rot-Grün-Störung oder Blau-Gelb-Störung äußern oder als Chromatopsie, bei der unbunte Flächen bunt erscheinen, z.B. als

Einige Medikamente können die Erneuerung der retinalen Rezeptoren behindern, da sie die Phagozytose (hier die Beseitigung geschädigter Rezeptoren durch das Pigmentepithel) stören. Weiterhin können der Vitamin-A-Stoffwechsel zwischen retinalem Pigmentepithel und Rezeptoren und der Metabolismus der Neurotransmitter in der Netzhaut beeinflusst werden. Einige Medikamente und Gifte beeinflussen außerdem die Phototransduktion.

Nachfolgend ist eine Auswahl an Medikamente gezeigt, die häufig eine Rot-Grün-Störung induzieren.

Anwendungsgebiet Medikament
Tuberkulose Ethambutol, Myambutol
Infektionskrankheiten Streptomycin, Tetracyclin
Diabetes Chlorpropamid, Tolbutamid
Schmerz Salicylate, Ibuprofen, Phenylbutazon

Nachfolgend ist eine Auswahl an Medikamenten gezeigt, die häufig eine Blau-Gelb-Störung induzieren.

Anwendungsgebiet Medikament
Herzerkrankungen Digoxin, Digitoxin, Lanatosid, Ouabain
Entzündungen Chloroquin
Arthritis/Rheuma Hydroxychloroquin, Indometacin, Meloxicam
Infektionskrankheiten Erythromycin, Streptomycin, Chloramphenicol
Krampfanfälle Trimethadion

4. Symptome

Angeborene Farbsinnstörungen werden von den betroffenen Personen häufig gar nicht bemerkt. Farbverwechslungen werden eher durch andere Personen entdeckt und liegen im CIE-Farbendreieck auf den Farbverwechslungsgeraden. Behinderungen durch diese Farbsinnstörungen sind selten.

5. Diagnostik

Farbtests sollten immer monokular durchgeführt werden. Drei verschiedene Diagnosemethoden werden unterschieden.

5.1. Farblegetest

5.2. Farbtafeln

Farbtafeln (pseudoisochromatische Tafeln), werden besonders für kongenitale Rot-Grün-Störungen verwendet. Die gängigsten sind:

  • Ishihara-Tafeln: Sie haben eine besondere Bedeutung zur Untersuchung der Protanopie und Deuteranopie. Eine Tritanopie kann nicht erkannt werden.
  • Velhagen-Stillingsche-Tafeln: Zur Ermittlung von Tritanstörungen. Blau-Gelb-Tafeln der 24. Auflage gelten laut einer Studie[2] als sehr effizient, 2/3 aller erworbenen Blau-Gelb-Störungen wurden entdeckt. Tafeln der 26. Auflage sind für Tritane weniger geeignet.
  • Standard-Pseudoisochromatic-Plates II (SPP-II-Test): Dient der Untersuchung erworbener Farbsinnstörungen.

5.3. Anomaloskope

Anomaloskope sind für die klinische Diagnose konzipiert. Das zugrundeliegendes Prinzip aller Anomaloskope ist die Metamerie. Ein Beispiel ist das Nagelsche Anomaloskop.

6. Therapie

Die Therapie ist abhängig von der auslösenden Ursache. Bislang können kongenitale Farbsinnstörungen nicht geheilt werden, für einige Formen existieren aber Hilfsmittel zum Ausgleich der Folgen. Bei Stäbchenmonochromasie können z.B. Kantenfiltergläser helfen, die den langwelligen Gelb/Orange/Rot-Bereich durchlassen, aber den kurzwelligen Violett/Blau- und z.T. Grün-Bereich herausfiltern. Blaue Filtergläser können bei Patienten mit Blauzapfenmonochromasie zu einer Verbesserung führen. Grundsätzlich ist die subjektive Akzeptanz wichtig und muss individuell bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen getestet werden.

7. Literatur

  • Augenoptik in Lernfeldern - Kommnick, Schal, Fricke, Thape, Fischer
  • Screening - Prüfmethoden der Optometrie - Andreas Berke, Peter Münschke
  • Die optometrische Untersuchung - H. Dietze
  • Tafeln zur Prüfung des Farbsinnes/Farbsehens - Kuchenbecker

8. Quellen

Empfehlung

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