Neuritis nervi optici
Synonyme: Optikusneuritis, Opticusneuritis, Intrabulbärneuritis (s.u.), Retrobulbärneuritis (s.u.)
Englisch: retrobulbar neuritis
Definition
Die Neuritis nervi optici, kurz NNO, ist eine Entzündung des Nervus opticus.
Epidemiologie
Die Erstmanifestation erfolgt in der Regel zwischen dem 18. und 50. Lebensjahr, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.
Ätiologie
Der Pathomechanismus der Optikusneuritis ist weitestgehend unbekannt. In vielen Fällen liegt eine autoimmune Genese mit bilateraler Ausprägung in Folge autoimmuner Systemerkrankungen vor. In 20-30% der Erkrankungsfälle stellt die Optikusneuritis eine Erstmanifestation der Multiplen Sklerose dar. Weitere ursächliche Autoimmunerkrankungen sind:
- Vaskulitiden
- Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD)
- Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM)
- systemischer Lupus erythematodes (SLE)
Ein bilateraler Befall kann zudem auftreten im Rahmen von
- bakteriellen (Lues, Lyme-Borreliose) oder viralen Systemerkrankungen
- Toxoplasmose bei bestehender Immunschwäche (z.B. in Folge HIV-Infektion) und
- Intoxikationen mit
- Methanol, sowie Alkoholabusus
- Nikotin
- Thallium
- Blei
- medikamenteninduziert (z.B. Tamoxifen, Ethambutol)
Unilaterale Ausprägungen entstehen zumeist durch Ausweitung lokaler Entzündungen (Retinitis, Uveitis, Sinusitis).
Einteilung der Optikusneuritis
Gemäß der Lokalisation der Entzündung erfolgt die Differenzierung in
- intrabulbäre Entzündungen des Optikuskopfes (Papillitis, Intrabulbärneuritis) und
- Retrobulbärneuritis
Klinik
Leitsymptome der Optikusneuritis sind
- einseitige (>99%) subakute Sehstörungen bzw. eine Visusminderung, die von leichtgradig bis zur fast völligen Erblindung reichen kann, und
- intraorbitale Schmerzen, die insbesondere bei Blickbewegungen auftreten.
Als weitere Symptome kommen in Betracht:
- Gesichtsfelddefekte: meist zentral, auch peripher möglich
- Unscharf-, Schleiersehen
- Farbentsättigung (Dyschromatopsie)
- Herabgesetztes Kontrastsehen
- Photopsien
- Beeinträchtigung der Tiefenwahrnehmung
- Abgeschwächte Pupillenreaktion
- Uhthoff-Phänomen bei ca 50%
Diagnostik
Die Diagnostik der Optikusneuritis umfasst die ophthalmologische als auch die neurologische Begutachtung des Patienten.
Anamnestisch sollten neben der Symptomatik insbesondere die Krankengeschichte, regelmäßig eingenommene Medikamente oder hinweisgebende Symptome auf eine neurologische Grunderkrankung erhoben werden. Eine umfassende Labordiagnostik kann in unklaren Fällen hinweisgebend auf die Grunderkrankung sein.
Ophthalmologische Untersuchung
Die ophthalmologische Untersuchung umfasst die Befundung des Visusverlustes und die Palpation des zumeist druckdolenten Augapfels. Der funduskopische Befund ist meist normgerecht. Gelegentlich findet sich eine temporale Abblassung der Papille - nicht jedoch im akuten Stadium. In Fällen eines intrabulbären Prozesses (Papillitis) sieht man ein Papillenödem.
- Klinischer Spruch: "Der Patient sieht nichts, der Arzt sieht auch nichts."
Im Swinging-Flashlight-Test ergibt sich eine verzögerte und abgeschwächte Miosis auf dem betroffenen Auge. Beim Pendeltest zeigt sich eine gestörte Tiefenwahrnehmung: Ein schwingendes Pendel wird vom Patienten nicht auf einer Linie schwingend, sondern auf eliptischen Bahnen wahrgenommen.
Neurologische Untersuchung
Bei unklarer Genese und Verdacht einer neurologischen Ursache ist neben einer neurologischen Grunduntersuchung eine Lumbalpunktion und Liquordiagnostik indiziert. Bei retrobulbärer Lokalisation sollte zur Quantifizierung der Störung eine Funktionsprüfung des Nervus opticus mittels visuell evozierter kortikaler Potentiale (VECP) erfolgen.
Therapie und Prognose
Die Therapie der Opticusneurose erfolgt mittels intravenöser Glukokortikoidgabe (Prednisolon). Ursachenabhängig ist eine zusätzliche antibiotische oder antivirale Therapie erforderlich.
Die Prognose der Optikusneuritis ist in der Regel gut. Meist remittiert sie spontan innerhalb weniger Wochen.
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