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Toxoplasmose

Englisch: toxoplasmosis

1. Definition

Die Toxoplasmose ist eine durch orale Aufnahme des Parasiten Toxoplasma gondii hervorgerufene Infektionskrankheit, die vor allem in der Schwangerschaft zu schweren Komplikationen führen kann.

2. ICD10-Codes

Code Beschreibung
B58 Toxoplasmose
B58.0 Augenerkrankung durch Toxoplasmen
B58.1+ Hepatitis durch Toxoplasmen
B58.2+ Meningoenzephalitis durch Toxoplasmen
B58.3+ Toxoplasmose der Lunge
B58.8 Toxoplasmosen mit Beteiligung sonstiger Organe
B58.9 Toxoplasmose, nicht näher bezeichnet

3. Pathogenese

Die Infektion mit Toxoplasma gondii, einem Protozoon, erfolgt durch orale Aufnahme der sogenannten Oozysten. Die unsporulierten Oozysten werden von infizierten Katzen mit dem Kot ausgeschieden und sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht infektiös. Bei günstigen Bedingungen (ausreichende Sauerstoffzufuhr, Feuchtigkeit, Temperatur) sporulieren die Oozysten binnen 1 bis 4 Tagen. In diesem Stadium sind die Oozysten von Toxoplasma gondii sowohl für Zwischenwirte als auch für die Endwirte infektiös.

Mit Oozysten kontaminierte Nahrungsmittel (vor allem rohes Schweinefleisch, Lammfleisch, ungewaschenes Obst und Gemüse) führen dann mit dem Verzehr zur Infektion. Die Infektion ist für den gesunden Erwachsenen ungefährlich. Durch verbleibende Gewebezysten entwickeln infizierte Menschen eine lebenslange Immunität.

Im Rahmen einer Erstinfektion während der Schwangerschaft kann es diaplazentar zur Infektion des Embryos kommen. Mit dem Alter der Schwangerschaft steigt die Infektionswahrscheinlichkeit des Kindes, während die Infektionsschwere sinkt. Im 1. Trimenon liegt das Übertragungsrisiko bei nur etwa 15 % (vgl. 60 % im 3. Trimenon), die Wahrscheinlichkeit einer klinischen Manifestation ist jedoch mit 73 % sehr hoch (vgl. 11 % im 3. Trimeon). [1]

4. Epidemiologie

Toxoplasma gondii befällt etwa ein Drittel der Weltbevölkerung.[2] In Europa sind geschätzt 20% der durch Lebensmittel übertragenen Erkrankungen bedingt durch Infektionen mit Toxoplasma gondii.[3]

Menschen in Deutschland infizieren sich hauptsächlich durch den Verzehr von Schweinefleisch in Rohwurst oder Mett. In Europa variiert die Serokonversion zwischen 7% (Norwegen und Großbritannien) bis 50% (Deutschland). Zwischen dem 20. und 80. Lebensjahr steigt in Deutschland die Serumprävalenz von Toxoplasma-IgG-Antikörper etwa linear mit 1% pro Jahr von 20% auf 77% an.[4] Dabei sind männliches Geschlecht, Katzenhaltung und ein Body-Mass-Index über 30 unabhängige Risikofaktoren für die Serokonversion. Als präventive Faktoren gelten vegetarische Ernährung und hoher sozioökonomischer Status.

Insgesamt dominiert die postnatal erworbene (lebensmittelbedingte) Infektion, trotzdem ist die maternofetale Übertragung eine wichtiger Infektionsweg. Die modelliert errechnete Rate von Neugeboreneninfektionen übertrifft erheblich die dem Robert-Koch-Institut gemeldeten Fallzahl von kongenitaler Toxoplasmose. Grund könnte eine starke Untererfassung und/oder nicht entdeckte infizierte Aborte sein.[5]

5. Symptomatik

Bei gesunden, immunkompetenten Menschen verläuft eine Erstinfektion meistens asymptomatisch oder unter Ausbildung unspezifischer Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen oder leichtem Fieber. Selten kommt es zu Lymphadenopathie (Piringer-Lymphadenitis), makulopapulösen Exanthemen, Chorioretinitis, Myalgien oder Durchfällen.

Bei immunkompromittierten Menschen (z.B. bei HIV-Infektion) kann es bei Erstinfektion oder auch durch Reaktivierung im Körper verbleibender Oozysten zu schweren Verläufen mit Organschädigung (Myokarditis, Enzephalitis, Hepatitis) und Pneumonie kommen.

Durch die Infektion des Embryos im Mutterleib kann es beim Neugeborenen zu einem Hydrocephalus, einer Chorioretinitis, Kalzifikationen des ZNS, Mikrocephalie, Hepatosplenomegalie sowie zu einer Thrombozytopenie kommen. Bleibende Schäden umfassen Blindheit und mentale Retardierung. Fulminante Embryopathien können zum Abort führen.


6. Diagnostik

Eine Infektion mit Toxoplasmen kann mittels ELISA durch Bestimmung der IgG-, IgM- und IgA-Antikörper gegen die Erreger nachgewiesen werden. Zunächst wird qualitativ auf Toxoplasma-Gesamt- und IgG-Antikörper getestet. Bei einem positiven Befund folgt die quantitative Bestimmung von Toxoplasma-IgM-Antikörpern. Methoden wie die Komplementbindungsreaktion (KBR) und der "Sabin-Feldman-Test" (antikörperbeladene Toxoplasmen lassen sich nicht mehr mit Methylenblau anfärben) werden heute nur noch selten eingesetzt.

6.1. Indikation

Besonders Frauen mit unklarer Infertilität bei Kinderwunsch sowie mit belasteter Schwangerschafts- oder Geburtsanamnese sollten auf Toxoplasma-Antikörper getestet werden. Bei fehlender oder unbekannter Immunität während einer Schwangerschaft wird empfohlen, die Antikörper zu Beginn der Schwangerschaft zu bestimmen. Ist die Schwangere seronegativ kann nach 8 bis 14 Wochen der Test wiederholt werden. Jedoch ist aktuell (2021) der Test auf Toxoplasma-Antikörper während einer Schwangerschaft nur bei einem begründeten Verdacht auf Toxoplasmose im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien vorgesehen.

6.2. Material

Für die Untersuchung werden 2 ml Serum benötigt.

6.3. Referenzwerte

Test Ergebnis Bewertung
IgG-ELISA < 90 U/ml
90 bis 110 U/ml
> 110 U/ml
negativ
grenzwertig, Kontrolle empfohlen
positiv
IgM-ELISA < 15 U/ml
15 bis 25 U/ml
> 25 U/ml
negativ
grenzwertig, Kontrolle empfohlen
positiv
IgA-ELISA < 60 U/ml
60 bis 90 U/ml
> 90 U/ml
negativ
grenzwertig, Kontrolle empfohlen
positiv

6.4. Interpretation

Während der Nachweis von spezifischen IgM (Toxoplasma-IgM-Antikörper) auf eine frische Infektion hindeutet, ist der Nachweis von IgG (Toxoplasma-IgG-Antikörper) auch zehn Jahre nach Erstinfektion möglich und nicht aussagekräftig bezüglich einer Erstinfektion.

Toxoplasma-IgG Toxoplasma-IgM Interpretation
niedrig niedrig nicht relevante, inaktive Infektion
hoch niedrig abklingende Infektion
hoch hoch kürzliche Infektion
niedrig hoch akute Infektion

Toxoplasmose-Antikörper können nach einer Infektion noch im Körper persistieren:

Toxoplasmose-Antikörper Titeranstieg
post infectionem
Persistenz
IgG nach 1 bis 2 Wochen ggf. lebenslang
IgM nach 1 bis 2 Wochen ggf. 4 Jahre
IgA nach 2 bis 4 Wochen unter 1 Jahr
IgE nach 2 bis 4 Wochen unter 6 Monate

7. Therapie

Eine asymptomatische Toxoplasmose ist nicht therapiebedürftig. Eine Therapie ist bei Organkomplikationen indiziert. Regeltherapie ist dabei die Gabe einer Kombination aus Pyrimethamin (25-50 mg/d) und Sulfadiazin (4 g/d) über einen Zeitraum von 14 Tagen.

7.1. Therapie bei erstinfizierten Schwangeren

Bei Infektion im ersten Trimenon erfolgt die Behandlung der Schwangeren durch die Gabe von Spiramycin (3 g/d) bis zum Ende der 15. Schwangerschaftswoche. Ab der 16. Schwangerschaftswoche wird eine Kombinationstherapie mit Sulfadiazin (50 mg/kg KG/d bis maximal 4,0 g) und Pyrimethamin (50 mg am ersten Tag, dann 25 mg/d) durchgeführt. Um Knochenmarksschäden zu vermeiden, wird zusätzlich Folinsäure (10 bis 15 mg/d) verabreicht. Unter der Therapie sollten regelmäßige Kontrollen des Blutbildes, der Leberwerte, der Medikamentenspiegel sowie von Urinproben erfolgen.

7.2. Therapie bei Neugeborenen

Bei einer pränatalen Infektion wird das Neugeborene, unabhängig von der Therapie während der Schwangerschaft, mittels einer Kombination aus Sulfadiazin (50 bis 100 mg/kgKG/d), Pyrimethamin (1 mg/kg KG/d) und Folinsäure (2 bis 3 mg/Woche) therapiert. Da die Behandlung je nach Symptomatik bis zu 12 Monate andauern kann, sollten regelmäßig Blutbildkontrollen durchgeführt sowie der Medikamentenspiegel bestimmt werden.

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

8. Meldepflicht

Nach §7 Abs. 3 IfSG besteht eine nichtnamentliche Meldepflicht bei einem direkten oder indirekten Nachweis einer konnatalen Infektion mit Toxoplasma gondii.

9. Weblinks

10. Quellen

  1. Groß et al. Toxoplasmose in der Schwangerschaft, Dtsch Arztebl 2001
  2. Montoya JG, Liesenfeld O Toxoplasmosis, The Lancet Volume 363, ISSUE 9425, P1965-1976, June 12, 2004, abgerufen am 08.07.2019
  3. Havelaar AH et al. World Health Organization Global Estimates and Regional Comparisons of the Burden of Foodborne Disease in 2010, PLoS Med 12(12): e1001923, abgerufen am 08.07.2019
  4. Wilking H et al. Prevalence, incidence estimations, and risk factors of Toxoplasma gondii infection in Germany: a representative, cross-sectional, serological study, Scientific Reports volume 6, Article number: 22551 (2016), abgerufen am 08.07.2019
  5. Pleyer U et al. Toxoplasmose in Deutschland, Dtsch Arztebl Int 2019; 116(25): 435-44; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0435, abgerufen am 21.10.2022

11. Literatur

  • Laborlexikon.de; abgerufen am 10.06.2021

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