Ceftiofur
Englisch: ceftiofur
Definition
Ceftiofur ist ein halbsynthetisches Antibiotikum aus der Klasse der Cephalosporine der dritten Generation, das hauptsächlich für die Veterinärmedizin entwickelt wurde.
Chemie
Das Grundgerüst von Cephalosporinen ist die 7-Amino-Cephalosporansäure. In ihrem Kern enthalten sie einen Betalaktamring mit einem sechsgliedrigem Dihydrothiazinring. Durch den Austausch beider Seitenketten konnten mehrere Wirkstoffe entwickelt werden, die sich wiederum in ihrer antibakteriellen Aktivität, in der Betalaktamasestabilität und in ihrer Pharmakokinetik unterscheiden.
Ceftiofur liegt in Form einer schwachen Säure vor, ist in Wasser löslich und säurestabil. Der Arzneistoff ist im Handel als Natriumsalz in Form eines Pulvers oder als stabilere Hydrochloridform in einer öligen Suspension erhältlich. Seit Kurzem ist auch eine Langzeitformulierung (kristalline freie Säure) in öliger Suspension erhältlich, die nur einmalig appliziert werden muss.
Die Summenformel von Ceftiofur-Natrium lautet C19H16N5NaO7S3, die von Ceftiofur-Hydrochlorid C19H17N5O7S3HCl. Das Molekülgewicht beträgt 545,55 (Ceftiofur-Natrium) bzw. 560,03 (Ceftiofur-Hydrochlorid) g/mol.
Pharmakologie
Ceftiofur weist ein breites Wirkungsspektrum auf, das viele veterinärmedizinisch relevante Bakterien einschließt und etwa demjenigen von Cefotaxim entspricht. Als Betalaktamantibiotikum hemmt es die Zellwandsynthese von im Wachstum befindlichen Bakterien. Da es zu irreversiblen Schädigungen bei den betreffenden Erregern kommt, wirkt Ceftiofur bakterizid.
Betalaktamantibiotika binden an Penicillin-bindende Proteine (PbP), die sich auf der inneren Membran der Bakterien befinden. Durch die Bindung kommt es zu einer osmotischen Instabilität der Zellwand, gefolgt von einer Bakteriolyse. Damit die volle Wirkung erreicht werden kann, muss das Antibotikum jedoch zuerst die bakterielle Zellwand überwinden.
Grampositive Bakterien besitzen eine dicke Mureinschicht, die für kleine Moleküle (z.B. Cephalosporine) leicht penetrierbar ist. Im Gegensatz dazu weist die äußere Membran von gramnegativen Bakterien einen deutlich komplexeren Aufbau auf (Kombination aus Lipopolysacchariden und Lipoproteinen). Diese Bakterien können nur über sogenannte Porine mit negativer Ladung erreicht werden, weshalb sie hauptsächlich nur für positiv geladene Cephalosporine durchgängig sind.
Pharmakokinetik
Die Metabolisierung von Ceftiofur läuft unter komplexen Vorgängen ab. Es wird v.a. in den Nieren und teilweise auch in der Leber durch Esterasen schnell hydrolysiert, wobei Desfuorylceftiofur und Fuoresäure als Spaltprodukte entstehen. Diese Zwischenprodukte werden jedoch erneut hydrolysiert, oxidiert und weiter metabolisiert.
Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend renal.
Indikation
Ceftiofur wirkt sowohl bei grampositiven als auch bei gramnegativen Bakterien und kann vielseitig eingesetzt werden. Aufgrund der derzeitigen Resistenzlage ist eine Anwendung nur nach vorausgegangenem Antibiogramm indiziert.
Spezies | 1. Generation | 2. Generation | 3. Generation | |
---|---|---|---|---|
Streptococcus pneumoniae | +++/++ | +++/++ | +++ | |
Bacteroides fragilis | R | +/R | ++/+(R) | |
Corynebacterium spp. | +++/++ | - | - | |
Escherichia coli | ++ | +++/++ | +++ | |
Enterobacter spp. | R | +/R | ++ | |
Haemophilus influenzae | ++/+ | +++/++ | ++++ | |
Klebsiella pneumoniae | ++/+ | ++ | ++++/+++ | |
Listeria monocytogenes | ++/R | - | - | |
Pasteurella spp. | +++/++ | +++/++ | ++++/+++ | |
Proteus mirabilis | ++/+ | +++/++ | ++++/+++ | |
Pseudomonas aeruginosa | R | R | ++/+(R) | |
Salmonella spp. | ++ | ++ | +++ | |
Staphylococcus aureus | +++/++ | +++/++ | ++ | |
Staphylococcus epidermidis | ++/+(R) | ++/+(R) | ++(R) | |
Enterococcus spp. | R | R | R | |
++++ = hoch wirksam | +++ = gut wirksam | ++ = wirksam | + = schwach wirksam | R = resistent |
Dosierung
Ceftiofur-Natrium kann neben den üblichen parenteralen Applikationswegen auch intrauterin, regional-intravenös oder intraartikulär angewendet werden. Die langwirksame Formulierung als kristalline freie Säure in öliger Suspension wird subkutan injiziert.
Tierart | Applikationsart | Dosis |
---|---|---|
Katze | subkutan | 2,2-4,4 mg/kgKG SID-BID |
Hund | subkutan | 2,2-4,4 mg/kgKG SID-BID |
Fohlen | intramuskulär | 2,2,-6,6 mg/kgKG SID-BID |
Pferd | intramuskulär | 2,2-4,4 mg/kgKG SID-BID |
intraartikulär | 150 mg/Gelenk | |
intravenös | 2,2-4,4 mg/kgKG SID-BID | |
Schwein | intramuskulär | 3-5 mg/kgKG SID |
Rind | intramuskulär | 1 mg/kgKG SID |
regional-intravenös | 500 mg | |
subkutan | 1-2,2 mg/kgKG SID | |
Geflügel | subkutan | 0,16 mg/Tier SID (Eintagesküken) |
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Abhängig von der Applikationsart (subkutan oder intramuskulär) kann es zu lokalen und milden Irritationen der Haut sowie Unterhaut kommen (Schwellung u.ä.). Bei Pferden werden gelegentlich leichte Störungen der gastrointestinalen Mikroflora beobachtet. Selten kommt es auch zu einer leichten Erhöhung der neutrophilen Granulozyten sowie der Fibrinogenkonzentration im Blut.
Kontraindikationen
Die Kontraindikationen von Ceftiofur entsprechen jenen der restlichen Vertreter der Gruppe der Cephalosporine.
Der Arzneistoff darf nicht bei bekannter Hypersensitivität gegen diese Wirkstoffgruppe eingesetzt werden. Aufgrund möglicher Kreuzreaktionen sollten bei einer Allergie andere Betalaktamantibiotika nur mit größter Vorsicht und strenger Indikation verwendet werden. Aufgrund mangelnder Penetration der Blut-Hirn-Schranke ist ein Einsatz bei Meningitis nicht indiziert. Im Gegensatz dazu sind Cephalosporine in der Lage, die Plazentaschranke zu überwinden. Obwohl keine Berichte über mögliche teratogene Effekte beschrieben sind, ist ein Einsatz nur unter besonderen Bedingungen empfehlenswert.
Da Ceftiofur vorwiegend renal ausgeschieden wird und auch bei normaler Dosierung sehr selten nephrotoxisch wirken kann, ist eine Anwendung bei Patienten mit Nierenerkrankungen nur unter größter Vorsicht durchzuführen. Bei schwerwiegenden Leberveränderungen kann die Metabolisierung beeinträchtigt sein, sodass es zu toxischen Kumulationen und Abschwächung der Wirkung kommen kann.
Wartezeit
Die vorgeschriebenen Wartezeiten für essbare Gewebe variieren stark in Abhängigkeit von der verwendeten Formulierung. Aufgrund dessen müssen die Fristen den Herstellerinformationen des jeweiligen Präparates entnommen werden.
Eine für Rinder und Schweine zugelassene Injektionssuspension auf Ölbasis (zur intramuskulären Anwendung) schreibt eine 5-tägige Wartezeit für essbare Gewebe vor. Im Gegensatz dazu müssen bei einem in Pulverform vorliegenden Präparat (zur Herstellung einer Injektionslösung und zur intramuskulären Injektion) nur 2 Tage Wartezeit für essbare Gewebe eingehalten werden.
Quellen
- CliniPharm CliniTox. Ceftiofur CliniPharm Wirkstoffdaten (abgerufen am 23.08.2021)
- CliniPharm CliniTox. Cephalosporine CliniPharm Wirkstoffdaten (abgerufen am 23.08.2021)
Literatur
- Frey HH, Löscher W (Begr.). Löscher W, Richter A (Hrsg.). 2016. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219581-3