Anästhesie (Veterinärmedizin)
von altgriechisch: an – nicht, aisthesis - Wahrnehmung, Empfindung
Synonyme: Narkose, Betäubung
Englisch:anesthesia
Definition
Die Anästhesie ist in der Veterinärmedizin ein Zustand der Empfindungslosigkeit, der operativen oder diagnostischen Maßnahmen dient.
Einsatzgebiete
- Perioperative Schmerztherapie und Therapie chronischer Schmerzen
- veterinärmedizinische Intensiv- und Notfallmedizin
- Schlacht- und Euthanasiemethoden
Prinzip
Wünschenswert ist eine gezielte, vorhersehbare Steuerbarkeit des Anästhesiezustandes, besonders beim Umgang mit ggf. gefährlichen Zoo- oder Wildtieren. Die Tiefe der Narkose wird durch Applikationsart und -ort der Anästhetika beeinflusst und die Wirkdauer durch Pharmakokinetik bestimmt. Die Antagonisierbarkeit durch andere Stoffe ist für die schnelle Aufhebung der Anästhesie von großer Bedeutung.
Einteilung
Allgemeinanästhesie/Vollnarkose
Eigenschaften
Die Allgemeinanästhesie bezeichnet einen durch Anästhetika hervorgerufenen reversiblen Zustand der Bewusstlosigkeit (Hypnose), der Entspannung der Skelettmuskulatur (Muskelrelaxation) und Schmerzlinderung (Analgesie). Wird auch als "Dreieck" der Vollnarkose bezeichnet.
- Wirkprinzip: Reversible Vergiftung des ZNS
- Eigenschaften:
- Gut steuerbar
- Bedarf der Überwachung der Vitalfunktionen (Monitoring)
- Vitalfunktionen und sekundär auch Leber und Niere werden in Mitleidenschaft gezogen
Phasen
- Prämedikation
- Narkoseeinleitung
- Erhaltung
- Aufwachphase
- Postoperative Phase
Narkosestadien
- Stadium I: Analgesie
- Stadium II: erhöhte Reflexaktivität
- Stadium III: chirurgische Toleranz
- Stadium IV: Asphyxie
Lokalanästhesie
Die Lokalanästhesie ist eine durch Anästhetika hervorgerufene vollständige Ausschaltung der Schmerzempfindung bestimmer Regionen des Körpers nach Auftragen oder Injektion von Lokalanästhetika oder -analgetika.
- Wirkprinzip: Blockade der Nervenendigung
- Eigenschaften:
- lokal
- schnell
- andauernd
- reversibel
Anästhetika
Allgemeinanästhetika (AA)
Injektionsanästhetika
Injektionsanästhetika werden in drei Gruppen eingeteilt:
Das Ziel ist eine ordnungsgemäße Zusammenstellung zur Erwirkung der drei Faktoren einer Allgemeinanästhesie (Relaxation, Analgesie und Hypnose). Dazu müssen immer 2-3 Injektionsklassen kombiniert werden (Anästhesieregime).
Die Aufnahme erfolgt parenteral (intravenös, intramuskulär) in vier Verteilungsräume: Blut, ZNS, Muskulatur, Fettgewebe. Die Wirkdauer ist durch die Umverteilung und Metabolisierung bestimmt.
Inhalationsanästhetika
Inhalationsanästhetika werden in drei Gruppen eingeteilt:
- Dampfnarkotika (Isofluran, Sevofluran, Desfluran)
- Gasnarkotika (Lachgas)
Inhalationsanästhetika wirken sedierend, teilweise auch hypnotisch und sind auch als Monoanästhetika einsetzbar.
Die Aufnahme erfolgt über die Lunge durch Inhalation, Elimination durch Exhalation. Es existieren drei Verteilungsräume: Lungenalveolen, Blut, ZNS. Die Geschwindigkeit der Narkoseeinleitung/-ausleitung ist durch den Konzentrationsausgleich zwischen den Verteilungsräumen bestimmt.
Lokalanästhetika (LA)
Lokalanästhetika wirken über die Blockierung eines Kationenaustauschkanals an der Nervenzellmembran und erreichen so die Hemmung der Depolarisation. LA sind gemeinsam mit AA einsetzbar und wirken synergistisch zur akuten Schmerzbekämpfung und Prophylaxe.
Es gilt: Je näher das Anästhetikum zum ZNS appliziert wird, desto stärker kann die lokale Immobilisation sein.
Einteilung
- ...nach Ort und Art der Applikation
- Oberflächenanästhetika: Spray, Tropfen oder Salben auf die Gewebsfläche
- Infiltrationsanästhetika: diffus um die zu analgesierende Region injiziert
- Leitungsanästhetika: um einen Nervenstrang herum injiziert, wichtiger Bestandteil der Lahmheitsuntersuchung des Pferdes
- Epiduralanästhesie: Applikation in den Epiduralraum des RM
Risiken und Komplikationen
Zur Vorbereitung für die Anästhesie sollten zur Vermeidung von Komplikationen eine genaue Anamnese, klinische Untersuchung und gegebenenfalls eine Blutuntersuchung stattfinden und die tierartlichen Unterschiede berücksichtigt werden.
Quellen
- Eva Eberspächer: MemoVet AnästhesieSkills (Perioperatives Management bei Klein-, Heim- und Großtieren). 1. Auflage, 2016 Schattauer-Verlag