Typ-C-Gastritis: Unterschied zwischen den Versionen
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==Ursachen== | |||
* [[Duodenogastraler Reflux]] von [[Galle]] und [[Pankreassekret]] (v.a. postoperativ) | |||
* [[Noxe]]n: | |||
** [[Tabakrauchen|Zigarettenkonsum]] | |||
** [[Alkoholkonsum]] | |||
** [[Aflatoxin]] (z.B. im Rahmen einer [[Lebensmittelvergiftung]]) | |||
** [[Verätzung]] durch [[Säure]]n und [[Base|Laugen]] | |||
* Medikamente: | |||
** [[NSAR]] | |||
** [[Glukokortikoid]]e (v.a. in Kombination mit NSAR) | |||
** [[Clopidogrel]] | |||
** [[Zytostatikum|Zytostatika]] | |||
** [[Spironolacton]] | |||
** [[SSRI]] | |||
==Pathophysiologie== | |||
Meist führt das Zusammenspiel von mehreren Faktoren und einem verstärkten duodenogastralen Reflux zur [[Infiltration]] der [[Magenschleimhaut]] durch [[Lymphozyt]]en und [[Plasmazelle]]n. Im Verlauf kann es zur [[Atrophie]] der Korpusdrüsen kommen. Letzteres hat eine verminderten Säure- und [[Pepsin]]sekretion mit folglicher [[Hypochlorhydrie]] und ggf. [[Metaplasie|Meta-]] und [[Dysplasie]] zur Folge. | |||
Die genauen Mechanismen, wie NSAR zur Schädigung der gastralen Schleimhautintegrität führen, sind vielfältig: Durch Hemmung der [[Cyclooxygenase]] und somit verminderter Bildung von [[Prostaglandin E2]] kommt es zur Zunahme der [[Magensäure|Salzsäure]]-Produktion sowie Abnahme der Sekretion von [[Muzin]]en, [[Bikarbonat]] und oberflächenaktiven [[Phospholipid]]en. Außerdem können NSAR auch durch lokale Einwirkung die Schleimhaut schädigen: Im sauren Milieu des Magens liegen NSAR in nicht ionisierter, [[lipophil]]er Form vor und können so die [[Zellmembran|Lipidmembranen]] der Epithelzellen durchwandern. [[Intrazellulär]] werden sie in ihre ionisierte Form umgewandelt und verursachen Zellschäden (sog. "[[Ion trapping]]"). | |||
==Symptome== | |||
Wie bei allen chronischen Gastritiden, klagen die Patienten über [[Oberbauchschmerz]]en, [[Übelkeit]], [[Völlegefühl]] mit [[Inappetenz]] sowie über vermehrtes [[Aufstoßen]]. | |||
Häufig wechselt die Intensität der Beschwerden und v.a. bei älteren Menschen zeigen sich oft nur [[oligosymptomatisch]]e Verläufe. | |||
==Komplikationen== | |||
Als Folgen der chronischen Schädigung der Magenschleimhaut sind eine [[Erosion]] und ein [[Ulcus ventriculi|Ulkus]] möglich. Eine [[Ulkusblutung]] ist oft das erste klinische Symptom. Unbehandelt besteht ein Risiko für eine [[Ulkusperforation]] mit [[Peritonitis]] und [[Sepsis]]. Langfristig erhöht sich durch eine Typ-C-Gastritis das Risiko für ein [[Magenkarzinom]]. | |||
==Diagnose== | |||
[[Anamnese|Anamnestisch]] können häufig bereits Rückschlüsse auf ätiologische Faktoren gezogen werden, z.B. verursachende Medikamente, Noxen oder zurückliegende Operationen. Im Labor fällt die Ulkusblutung durch eine [[mikrozytär]]e [[Anämie]] auf. Für die Diagnose entscheidend ist die [[Gastroskopie|Ösophagogastroduodenoskopie]] mit Biopsien zum Ausschluss einer [[Typ-B-Gastritis]] ([[Helicobacter pylori]]-Diagnostik). | |||
Histopathologisch zeigt sich eine Typ-C-Gastritis durch: | |||
* [[Antrum pyloricum|Antrumbetonte]] Entzündung der Magenschleimhaut, jedoch mit nur geringem Entzündungsinfiltrat und ohne [[Neutrophiler Granulozyt|neutrophile Granulozyten]] | |||
* Foveoläre Hyperplasie (Verlängerung der [[Foveola gastrica|Foveolae gastricae]] durch gesteigerte Epithelzellproliferationen) | |||
* Ödem, [[Hyperämie]] und [[Proliferation]] der [[Mukosa]] | |||
* Proliferation der glatten Muskelzellen in der [[Lamina propria]] | |||
* [[Interstitiell]]e [[Fibrose]] | |||
==Therapie== | |||
In erster Linie ist eine Reduktion der Noxen zu verfolgen, z.B. Alkoholkarenz und/oder Absetzen entsprechender Medikamente. Zur Symptombesserung sind [[Protonenpumpeninhibitor]]en Mittel der ersten Wahl. Alternativ kommt das Prostaglandin-E1-Analogon [[Misoprostol]] in Frage. | |||
==Literatur== | |||
* Suttorp N. et al., Harrisons Innere Medizin, Hrsg. 19. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2016 | |||
* Bornemann R., Gaber E., Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Heft 55. Berlin: Robert Koch-Institut; 2013 | |||
* Fischbach et al., S2k-Leitlinie [https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-001l_S2k_Helicobacter-pylori-gastroduodenale_Ulkuskrankheit_2018-08.pdf Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit], Z Gastroenterol 2016; 54: 327-363 | |||
* Herold, G.: Innere Medizin 2019. Köln: Gerd Herold, 2018; S. 444–446 | |||
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Aktuelle Version vom 23. Januar 2020, 20:07 Uhr
Synonym: Chemische Gastritis
Definition
Die Typ-C-Gastritis ist eine Form der chronischen Gastritis, die chemisch-toxisch induziert ist.
- ICD10-Code: K29.5
Hintergrund
Chronische Gastritiden werden ätiologisch nach der ABC-Klassifikation eingeteilt. Das "C" steht für "chemisch". Unter den chronischen Gastritiden macht die Typ-C-Gastritis ca. 10–30 % der Fälle aus.
Ursachen
- Duodenogastraler Reflux von Galle und Pankreassekret (v.a. postoperativ)
- Noxen:
- Zigarettenkonsum
- Alkoholkonsum
- Aflatoxin (z.B. im Rahmen einer Lebensmittelvergiftung)
- Verätzung durch Säuren und Laugen
- Medikamente:
- NSAR
- Glukokortikoide (v.a. in Kombination mit NSAR)
- Clopidogrel
- Zytostatika
- Spironolacton
- SSRI
Pathophysiologie
Meist führt das Zusammenspiel von mehreren Faktoren und einem verstärkten duodenogastralen Reflux zur Infiltration der Magenschleimhaut durch Lymphozyten und Plasmazellen. Im Verlauf kann es zur Atrophie der Korpusdrüsen kommen. Letzteres hat eine verminderten Säure- und Pepsinsekretion mit folglicher Hypochlorhydrie und ggf. Meta- und Dysplasie zur Folge.
Die genauen Mechanismen, wie NSAR zur Schädigung der gastralen Schleimhautintegrität führen, sind vielfältig: Durch Hemmung der Cyclooxygenase und somit verminderter Bildung von Prostaglandin E2 kommt es zur Zunahme der Salzsäure-Produktion sowie Abnahme der Sekretion von Muzinen, Bikarbonat und oberflächenaktiven Phospholipiden. Außerdem können NSAR auch durch lokale Einwirkung die Schleimhaut schädigen: Im sauren Milieu des Magens liegen NSAR in nicht ionisierter, lipophiler Form vor und können so die Lipidmembranen der Epithelzellen durchwandern. Intrazellulär werden sie in ihre ionisierte Form umgewandelt und verursachen Zellschäden (sog. "Ion trapping").
Symptome
Wie bei allen chronischen Gastritiden, klagen die Patienten über Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Völlegefühl mit Inappetenz sowie über vermehrtes Aufstoßen. Häufig wechselt die Intensität der Beschwerden und v.a. bei älteren Menschen zeigen sich oft nur oligosymptomatische Verläufe.
Komplikationen
Als Folgen der chronischen Schädigung der Magenschleimhaut sind eine Erosion und ein Ulkus möglich. Eine Ulkusblutung ist oft das erste klinische Symptom. Unbehandelt besteht ein Risiko für eine Ulkusperforation mit Peritonitis und Sepsis. Langfristig erhöht sich durch eine Typ-C-Gastritis das Risiko für ein Magenkarzinom.
Diagnose
Anamnestisch können häufig bereits Rückschlüsse auf ätiologische Faktoren gezogen werden, z.B. verursachende Medikamente, Noxen oder zurückliegende Operationen. Im Labor fällt die Ulkusblutung durch eine mikrozytäre Anämie auf. Für die Diagnose entscheidend ist die Ösophagogastroduodenoskopie mit Biopsien zum Ausschluss einer Typ-B-Gastritis (Helicobacter pylori-Diagnostik).
Histopathologisch zeigt sich eine Typ-C-Gastritis durch:
- Antrumbetonte Entzündung der Magenschleimhaut, jedoch mit nur geringem Entzündungsinfiltrat und ohne neutrophile Granulozyten
- Foveoläre Hyperplasie (Verlängerung der Foveolae gastricae durch gesteigerte Epithelzellproliferationen)
- Ödem, Hyperämie und Proliferation der Mukosa
- Proliferation der glatten Muskelzellen in der Lamina propria
- Interstitielle Fibrose
Therapie
In erster Linie ist eine Reduktion der Noxen zu verfolgen, z.B. Alkoholkarenz und/oder Absetzen entsprechender Medikamente. Zur Symptombesserung sind Protonenpumpeninhibitoren Mittel der ersten Wahl. Alternativ kommt das Prostaglandin-E1-Analogon Misoprostol in Frage.
Literatur
- Suttorp N. et al., Harrisons Innere Medizin, Hrsg. 19. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2016
- Bornemann R., Gaber E., Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, Heft 55. Berlin: Robert Koch-Institut; 2013
- Fischbach et al., S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit, Z Gastroenterol 2016; 54: 327-363
- Herold, G.: Innere Medizin 2019. Köln: Gerd Herold, 2018; S. 444–446