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Synonyme: Retinol-Hypovitaminose, Vitamin-A-Hypovitaminose
Englisch: Vitamin A deficiency, hypovitaminosis A
Ein Vitamin-A-Mangel ist eine Form der Hypovitaminose, die durch eine zu geringe Zufuhr von Vitamin A bedingt ist. Er tritt vor allem in Entwicklungsländern auf.
Als Vitamin A werden verschiedene chemisch verwandte Verbindungen zusammengefasst. Dazu zählen u.a.:
In tierischen Lebensmitteln liegt Vitamin A v.a. als Retinylpalmitat vor. Pflanzliche Quellen enthalten Carotinoide (v.a. Beta-Carotin), die als Provitamin A wirken. Der empfohlene Tagesbedarf von Vitamin A liegt bei Erwachsenen bei 0,8 - 1,0 mg (2.600 - 3.300 IU).
siehe Hauptartikel: Vitamin A
Ein Vitamin-A-Mangel ist endemisch in Südasien, Afrika südlich der Sahara und in einigen Teilen Lateinamerikas und in der Westpazifikregion (incl. Teilen von China). In Deutschland erreichen nur 15 % der Männer und 10 % der Frauen nicht die empfohlenen Tagesmengen an Vitamin A.
Weltweit weisen ca. 190 Millionen Kinder im Vorschulalter erniedrigte Serumretinolspiegel auf. Davon weisen über 5 Millionen okuläre Symptome auf. Der Vitamin-A-Mangel ist in Entwicklungsländern eine häufige Ursache der Erblindung.
Mögliche Ursachen eines Vitamin-A-Mangels sind
Weiterhin wird ein Vitamin-A-Mangel durch Infektionen (z.B. Masern) sowie durch einen Zinkmangel verstärkt. Alkohol beeinflusst die Umwandlung von Retinol in Retinal im Auge.
Stillen deckt normalerweise den Bedarf an Vitamin A bei Säuglingen, sofern die Mutter keinen Vitamin-A-Mangel aufweist und ausreichende Milchmengen produziert. Bei einem Vitamin-A-Mangel der Mutter sowie bei Frühgeburten liefert die Muttermilch z.T. nicht ausreichend Vitamin A.
Frühsymptome eines Vitamin-A-Mangels ist die Nachtblindheit (Nyktalopie) sowie eine Photophobie. Eine Augenbeteiligung kann sich weiterhin in Form einer konjunktivalen Xerose mit Bitot-Flecken (weiße Flecken aus keratinisiertem Epithel auf der Sklera), selten mit Hornhautgeschwüren und -nekrosen bzw. in Form einer Xerophthalmie manifestieren. Die Keratomalazie führt bei ca. 250.000 Kindern pro Jahr zur Erblindung.
Ein symptomatischer Vitamin-A-Mangel geht mit einer erhöhten Sterblichkeit durch Diarrhö, Dysenterie, Masern, Malaria und Atemwegserkrankungen einher. Vitamin-A-Mangel kann die Barrierefunktionen der Epithelien stören und das Immunsystem schwächen.
Weitere Symptome sind:
Ungefähr 10 % der Schwangeren in unterernährten Gebieten erleiden eine Nachtblindheit in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Dieser moderate Vitamin-A-Mangel ist mit einem erhöhten Risiko einer mütterlichen Infektion und Sterblichkeit verbunden. Weiterhin führt ein Vitamin-A-Mangel in der Schwangerschaft zu Missbildungen des Fetus.
Der Vitamin-A-Spiegel wird durch Messung von Serumretinol (Normwert 1,05-3,50 µmol/l bzw. 30-100 µg/dl) ermittelt. Ein erniedrigter Serumretinolspiegel liegt bei < 0,70 µmol/l bzw. 20 µg/dl vor. Symptome können jedoch bereits vor Erniedrigung der Retinolspiegel auftreten, sodass z.B. eine Testung der Dunkeladaptation zur Diagnose führen kann.
Eine Xerophthalmie wird mit 60 mg bzw. 200.000 IU Vitamin A in Form einer öligen Lösung als Weichkapsel behandelt. Die Dosis wird einen und vierzehn Tage später wiederholt. Für Säuglinge zwischen 6-11 Monaten wird die halbe Dosis verabreicht.
Mütter mit Nachtblindheit oder Bitot-Flecken sollten mindestens 3 Monate lang Vitamin A p.o. in einer Dosis von 3 mg/d oder 2 x 7,5 mg/Woche erhalten.
Ein unkomplizierter Vitamin-A-Mangel tritt in Industrieländern nur sehr selten auf, z.B. bei Kinder mit extrem niedrigem Geburtsgewicht (< 1.000 g). In diesem Fall ist Vitamin A für 4 Wochen in einer Dosis von 3 x 1.500 µg/Woche indiziert. Bei Kindern, die mit Masern stationär aufgenommen werden, sollte an zwei aufeinander folgenden Tagen eine Dosis von je 60 mg Vitamin A verabreicht werden. Patienten mit Malabsorption erhalten für einen Monat eine wässrige Vitamin-A-Suspension in einer Dosis von 15 mg/d. Anschließend erfolgt eine Erhaltungstherapie nach einem individuell anhand des Retinol-Spiegels ermittelten Schema.
In Hochrisikogebieten kann man präventiv alle 4-6 Monate Kleinkindern und Säuglingen Vitamin A geben. Kinder im Alter zwischen 6-11 Monaten erhalten 30 mg Vitamin A, im Alter von 12-59 Monaten 60 mg. Im Alter von 1-5 Monaten kann die präventive Gabe von Vitamin A in Hochrisikogebieten aus ungeklärten Gründen die Morbidität und Mortalität nicht reduzieren. In Gebieten, wo häufig ein Vitamin-A-Mangel bei Schwangeren besteht (v.a. in Südasien), lässt sich die Säuglingssterblichkeit durch die einmalige Gabe von 50.000 IU p.o. kurz nach der Geburt um über 10 % vermindern.
Tags: Beta-Carotin, Bitot-Fleck, Carotinoid, Keratomalazie, Nachtblindheit, Retinol, Retinsäure, Vitamin A, Xerophthalmie
Fachgebiete: Biochemie, Ernährungsmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 17. September 2020 um 15:22 Uhr bearbeitet.
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