Metastase
Synonyme: Tochtergeschwulst, Tumorabsiedlung, Filia/Filiae
Englisch: metastasis
Definition
Metastasen sind von einem Primärtumor räumlich getrennte, gleichartige Tochtergeschwülste, die durch Verschleppung von lebensfähigen Tumorzellen entstehen. Den Prozess einer Metastasenbildung bezeichnet man als Metastasierung.
Eine weitere Bedeutung des Begriffs "Metastase", die heutzutage nur noch selten genutzt wird, ist die Absiedlung von Bakterien bei eitrigem Fokus (septische Metastase).
Pathogenese
Die Mechanismen der Metastasierung sind noch nicht vollständig geklärt. Es handelt sich um einen sehr komplexen Prozess, der durch die Tumorzellen selbst, aber auch durch das Immunsystem und das umgebende Gewebe beeinflusst wird.
Die meisten bösartigen Tumore werden im Gegensatz zu gesunden Geweben nicht von einem bindegewebigen Stroma stabilisiert, sodass die Tumorzellen einen mehr oder minder lockeren, undifferenzierten Zellverband bilden. Der Umstand, dass sich Tumorzellen aus dem Zellverband lösen können, ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Adhäsionsmoleküle auf der Zellmembran vermindert ist. Dabei spielt wahrscheinlich der Verlust von epithelialem Cadherin (CDH1) eine entscheidende Rolle. Einzelne Tumorzellen oder Tumorzellgruppen, die in das umgebende Gewebe einwachsen, können so vom Blut- oder Lymphstrom erfasst und verschleppt werden.
Manche metastasierenden Tumorzellen besitzen im Blut einen Belag aus Fibrin und Thrombozyten, der sie vor der Erkennung durch Immunzellen schützt.
Neben der Fähigkeit, sich aus dem Zellverband zu lösen, müssen Tumorzellen jedoch noch die Fähigkeit besitzen, sich in einem intakten Gewebe anzusiedeln. Hier kommt ihnen zugute, dass sie vom Immunsystem nicht als fremd erkannt werden. Sie müssen sich aber auch in die Gewebematrix des neuen Wirtsgewebes integrieren. Die Fähigkeit, an anderen Orten des Körpers "anzudocken", hängt vom Vorhandensein bestimmter Kollagenasen und Membranrezeptoren auf der Tumorzelloberfläche ab. Neben Laminin- und Fibronectinrezeptoren spielt in diesem Zusammenhang der Hyaluronsäure-Rezeptor eine wichtige Rolle. Er wird durch das Gen CD44 codiert.
Haben die Tumorzellen erfolgreich im gesunden Gewebe angedockt, durchbrechen sie die Basalmembran und induzieren die Neubildung von Blutgefäßen (Angiogenese). Im weiteren Verlauf wächst die Metastase dann wie der Primärtumor invasiv unter Verdrängung des Wirtsgewebes.
Einflussgrößen
Die Wahrscheinlichkeit der Metastasierung hängt - neben den spezifischen histologischen Eigenschaften des Tumors - von vielen weiteren Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem:
- Immunstatus
- Tumorlokalisation
- Vaskularisierung des Tumors bzw. der Tumorumgebung
- Physikalische Einflussgrößen (z.B. Druck auf den Tumor)
Einteilung
...nach Abstand vom Primärtumor
- Lokalmetastasen: Metastasen in unmittelbarer Nähe zum Tumor, bei manchen Tumoren auch als Tumordeposite bezeichnet.
- Regionale bzw. regionäre Metastasen: Metastasen in den primären Lymphknotenstationen im Abflussgebiet des Tumors
- Skip-Metastasen: Überspringen einer Lymphknotenstation
- Fernmetastasen: Metastasen, die weit entfernt vom Tumor auftreten
Bei Metastasen von malignen Hauttumoren unterscheidet man ferner:
...nach Metastasierungsweg
Metastasen können sich auf verschiedenen Wegen verbreiten. Der bevorzugte Weg ist u.a. von der Art und vom pathohistologischen Zustand des Tumors, sowie seiner jeweiligen Lokalisation abhängig. Maligne Tumoren, die stark vaskularisiert sind, streuen z.B. bevorzugt auf dem Blutweg. Bei vielen Tumoren findet man ein typisches, für sie charakteristisches Metastasierungsverhalten.
Metastasen können sich auf unterschiedlichen Wegen verbreiten:
- auf dem Blutweg: hämatogene Metastasen
- über die Lymphgefäße: lymphogene Metastasen
- in einer Körperhöhle: intrakavitäre Metastasen
- im Liquorraum: Meningeosis neoplastica
- Implantationsmetastasen (incl. Abtropfmetastasen)
- Abklatschmetastasen (Kontaktmetastasen)
- Pleurakarzinose
- Peritonealkarzinose
- über anatomische Gangsysteme: kanalikuläre Metastasierung
- z.B. über Milchgänge oder Harnwege
- durch ärztliche Eingriffe: iatrogene Metastasen
...nach Organlokalisation
...nach Größe
- Makrometastase: Klinisch manifeste, sicht- oder darstellbare Metastase
- Mikrometastase: Sehr kleine, nur mit Spezialverfahren bzw. pathohistologisch nachweisbare Metastasen
...nach Verteilung
- Solitärmetastase: Einzelne Metastase, neben der weder im selben Organ noch dem restlichen Organismus andere Metastasen vorliegen.
- Singuläre Metastase: Vorliegen einer einzigen Metastase in einem bestimmten Organ bei gleichzeitigem Vorhandensein weiterer Metastasen in anderen Organsystemen
- Oligometastasierung: 3 bis 5 Metastasen in 1 bis 2 Organsystemen
Die diffuse Metastasierung ganzer Organe oder Körperregionen bezeichnet man als Karzinose.
um diese Funktion zu nutzen.