Synonyme: Apoplex, Apoplexia cerebri, apoplektischer Insult, zerebrovaskulärer Insult
Englisch: stroke, apoplexy, CVA = cerebro vascular accident
Als Schlaganfall bezeichnet man die Folge einer in der Regel "schlagartig" auftretenden Durchblutungsstörung im Gehirn, die zu einem regionalen Mangel an Sauerstoff (O2) und Nährstoffen (Glukose) und damit zu einem Absterben von Gehirngewebe führt.
Die Inzidenz des Schlaganfalls beträgt in Deutschland ca. 180/100.000. Nach Herzerkrankungen und Krebsleiden ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und die häufigste Ursache für Langzeitbehinderung.
Mögliche Ursachen für einen Schlaganfall sind:
Zu einem Hirninfarkt kommt es durch Gefäßverschlüsse der versorgenden Hirnarterien und eine daraus resultierende Ischämie des abhängigen Hirngewebes. Im Nachgang kann es ebenfalls zu einem hämorrhagischen Infarkt kommen, da die Gefäßstenose zu einer Kongestion des nicht versorgten Hirngewebes führt. Hirninfarkte können auftreten bei:
siehe auch: Hirninfarkt
Hämorrhagien sind Folge von geplatzten und eingerissenen Gefäßen. Blut, das die Nervenzellen eigentlich mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen soll, tritt ins Hirngewebe aus. Die Nervenzellen werden dabei nicht nur durch die verminderte Sauerstoffversorgung, sondern häufig auch durch die neurotoxische Wirkung und den Druck des ausgetretenen Blutes geschädigt. Sekundär kann es durch die blutungsbedingte Raumforderung und Vasospasmen in nachgeordneten Regionen zusätzlich zu einer Ischämie kommen.
Ein vollständiger Infarkt eines Gewebebezirks im Gehirn führt zu einem Absterben des Gewebes (Kolliquationsnekrose) mit einer Hirnerweichung (Enzephalomalazie). Man unterscheidet:
Oft (mindestens bei jedem 3. Patienten) treten im Vorfeld eines Schlaganfalls vorübergehende neurologische Ausfälle auf. Diese werden auch als transitorisch-ischämische Attacke (TIA) bezeichnet, wenn sich die Symptomatik innerhalb von 24h wieder zurückbildet.
Bei neueren Konzepten geht die Tendenz dahin, eine TIA nur noch als flüchtige zerebrale oder retinale Dysfunktion mit einer Symptomdauer von meist unter 1h und fehlendem Infarktnachweis aufzufassen. Die früher verwendeten Begriffe "PRIND" und "RIND" (für prolongierte reversible ischämisch-neurologische Defizite) sind nicht mehr zeitgemäß.
Alle vorübergehenden Ausfälle sind äußerst ernst zu nehmende Warnzeichen!
Die klinische Symptomatik eines Schlaganfalls ist stark abhängig von der Lokalisation und Ausprägung des Gefäßverschlusses bzw. davon, welches Gehirnareal wie stark betroffen ist.
Sehr häufig kommt es bei einem Apoplex zu:
Weitere Symptome können sein:
Bei Schlaganfällen im Bereich des Hirnstammes treten charakteristischerweise Alternans-Syndrome auf.
Da nur in den ersten Stunden nach Auftreten der Symptome eine Therapie möglich ist ("time is brain"!), muss der Schlaganfallpatient umgehend in eine geeignete Klinik (mit "Stroke Unit") gebracht werden. Dort kann mittels CT oder MRT das Ausmaß der Schädigung festgestellt werden.
Häufig wird beim Schlaganfall eine konventionelle CT des Schädels (CCT) durchgeführt. Hiermit kann man in der Akutphase unterscheiden, ob der Schlaganfall durch eine Blutung ("hämorrhagisch") oder durch einen Gefäßverschluss (ischämischer Hirninfarkt) verursacht wurde, was von entscheidender Bedeutung für die weitere Therapie ist. Eine einfache konventionelle CT ohne Kontrastmittel ("native" CT, NECT) ist jedoch besonders in der Frühphase des Schlaganfallas nicht sehr sensitiv und ermöglicht keine genaue Einschätzung der Infarktausdehnung.
Ergänzend werden deswegen zusätzlich zur konventionellen CT weitere speziellere CT-Untersuchungen zur Schlaganfall-Diagnostik eingesetzt:
Durch die Kombination von NECT, PCT und CTA ("multimodale CT-Schlaganfall-Diagnostik") lassen sich deutlich mehr Informationen gewinnen, z.B. welches Gefäß verschlossen ist, und welcher Teil des Gehirns wie stark minderversorgt ist. Das erleichtert dem Arzt die Entscheidung über die initialen Therapiemaßnahmen und das weitere Vorgehen.
In den meisten modernen Zentren in Deutschland steht mittlerweile das MRT zur Schlaganfalldiagnostik zur Verfügung. Dieses Verfahren gilt als zuverlässiger als CT. Wie die multimodale CT liefert auch die (multimodale) MRT viele nützliche Informationen über Ursachen und zum Verlauf der Gewebeschädigung beim Schlaganfall. Im Vergleich zur CT hat die MRT den Vorteil, dass sie viel besser kleine Infarkte (Lakunen), ältere Infarkte oder zerebrale Mikroangiopathien darstellen kann. Nachteilig ist jedoch, dass die MRT-Untersuchung deutlich länger dauert als eine CT-Untersuchung.
Im Rahmen der MRT-Schlaganfall-Diagnostik ist auch eine mit der CT-Angiographie vergleichbare Gefäßdarstellung (Magnetresonanzangiographie, MRA) und eine mit dem Perfusions-CT vergleichbare semiquantitative Durchblutungsmessung (PWI, DWI) möglich.
Die Schwere der klinischen Symptomatik wird anhand von Scoresystemen erfasst, die u.a. zur Verlaufsdokumentation und zur Indikationsstellung therapeutischer Verfahren dienen, z.B. die NIHSS.
Zunächst gehören die Sicherung und Stabilisierung der Vitalfunktionen und physiologischen Parameter (Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung, Blutzucker, Körpertemperatur, Elektrolyte etc.) sowie - abhängig von der Kreislaufsituation - die Lagerung mit erhöhtem Oberkörper zu den Basismaßnahmen, welche dann die medikamentöse Therapie der festgestellten Störungen einschließen. Ggf. muss eine Krampfanfall-Therapie durchgeführt werden. Die Basismaßnahmen sind wichtig, um den Patienten zu stabilisieren und das Auftreten eines weiteren, zusätzlichen, ggf. noch größeren Schlaganfalls zu verhindern.
Im möglichst rasch durchzuführenden CT oder MRT zeigt sich, ob noch eine Chance besteht, Hirngewebe zu retten oder ob es bereits zu spät ist, das vom Schlaganfall betroffene Hirngewebe zu erhalten. Bei einem ischämischen Infarkt können manchmal verschlossene Gefäße durch eine Thrombolyse-Therapie wiedereröffnet werden. Die Chancen dafür sind dann verhältnismäßig günstig, wenn Symptome sofort bemerkt wurden und der Patient sofort ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Jede Lyse birgt jedoch ein nicht geringes Blutungsrisiko in sich.
Das Zeitfenster für eine intravenöse Lysetherapie (mit rtPA) ist eng. Sie ist nur bis zu 3, nach anderen Angaben auch 4,5 Stunden nach Auftreten der Symptome wirksam. Ihre Evidenz wird kontrovers diskutiert. Neuerdings entscheidet aber nicht mehr nur alleine die vergangene Zeit über die sinnvolle Anwendung der Lysetherapie, sondern auch die Größe des Kerninfarkts, sowie die Größe des umliegenden in Mitleidenschaft gezogenen Hirngewebes "tissue at risk" (Penumbra). Dies gilt insbesondere bei Patienten, bei denen das Zeitfenster unklar ist, zum Beispiel, wenn die Symptomatik sich im Schlaf entwickelt hat.
In spezialisierten Schlaganfall-Zentren ist es möglich, bei ausgewählten Patienten mit einem Katheter durch die Blutbahn direkt in die betroffenen Hirngefäße vorzudringen und dortige Blutgerinnsel durch intraarterielle Lyse vor Ort gezielt aufzulösen. Alternativ ist die mechanische Entfernung des Thrombus mit Hilfe eines Stent-Retrievers möglich.
Bei Hirnblutungen ist eine Lysetherapie nicht indiziert. Hier kann ggf. operativ behandelt werden. Bei zu großer Blutung oder Ödem nach Hirninfarkt kann eine Hirndruck-Entlastung Abhilfe verschaffen. Zur Druckentlastung entfernt man z.B. einen Teil des knöchernen Schädeldachs (Hemikraniektomie), der später wieder aufgesetzt wird.
Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen:
Zusätzliche, nicht beeinflussbare Risikofaktoren sind:
Die beste Möglichkeit, einem Schlaganfall vorzubeugen, ist eine gesunde Lebensweise. Dazu gehört:
Tags: Aphasie, Bluthochdruck, Gehirn, Hirninfarkt, Hirnschlag, Infarkt, Ischämie, Stroke
Fachgebiete: Neurologie, Notfallmedizin, Radiologie
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