Nifedipin
Handelsnamen: Adalat CC®, Procardia®
Synonym: Nifedipinum (lat.)
Englisch: nifedipine
Definition
Nifedipin ist ein Calciumantagonist vom Dihydropyridin-Typ. Es wird unter anderem zur Behandlung der Hypertonie und Angina pectoris eingesetzt.
Chemie
Nifedipin ist ein gelbliches, kristallines Pulver und besitzt die Summenformel C17H18N2O6. Die molare Masse beträgt 346,34 g/mol. Der Wirkstoff ist in Aceton und Chloroform leicht löslich, jedoch praktisch unlöslich in Wasser.
Wirkmechanismus
Nifedipin blockiert effektiv die Calciumkanäle und verhindert so den Einstrom von Calciumionen in die Zellen der glatten Gefäßmuskulatur. Die Folge ist eine Vasodilatation und eine Blutdrucksenkung. Es bindet als Dihydropyridin mit einer hohen Aktivität an den geschlossen L-Typ-Ca2+-Kanal und moduliert auf diese Weise die spannungsabhängige Öffnungswahrscheinlichkeit. Wie auch alle anderen Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ nehmen therapeutische Dosen in der Anwendung keinen Einfluss auf die quergestreifte Muskulatur des Herzens. Nifedipin unterscheidet sich in seiner Wirkung von Diltiazem und Verapamil dadurch, dass es keine direkte Wirkung auf das Reizleitungssystem des Herzens aufweist.
Zwar führen alle drei Pharmaka durch die relaxierende Wirkung auf die Gefäßmuskulatur zu einer Blutdrucksenkung, Nifedipin weist jedoch zusätzlich den unerwünschten Effekt der Herzfrequenzsteigerung auf. Um diesen Effekt zu vermeiden, bedient man sich heute Calciumantagonisten der 2. Generation, die aufgrund einer erhöhten Lipophilie in der Zellmembran eingelagert werden können und durch ein langsameres Anfluten und eine kürzere Wirkdauer den Effekt des Frequenzanstiegs mildern sollen.
Eine rasche Anflutung von Nifedipin bewirkt, im Gegensatz zu den anderen L-Kanal-Blockern wie Verapamil oder Diltiazem, eine Reflextachykardie, die über Angina pectoris-Beschwerden bis hin zu einer erhöhten Mortalität führen kann.
Indikation
Nifedipin ist ein in Deutschland zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung der essentiellen Hypertonie, bei hypertensiven Krisen, Angina pectoris, sowie des Raynaud-Syndroms.
Nebenwirkungen
Sehr häufige und häufige Nebenwirkungen sind:
- Kopfschmerzen
- Ödeme
- Schwindel, Benommenheit, Schwächegefühl, allgemeines Unwohlsein
- Palpitationen
- Flush
- Übelkeit, Obstipation
- Erythem, Erythromelalgie
Gelegentlich bis sehr selten auftretende Nebenwirkungen sind:
- allergische Reaktionen bis hin zur Anaphylaxie
- Anämie, Leukopenie, Thrombopenie, Agranulozytose
- Hyperglykämie
- Sehstörungen
- Tachykardie, Angina pectoris, Myokardinfarkt
- Hypotonie, Synkope
- Nasenbluten, nasale Kongestion, Dyspnoe
- Bauchschmerzen, Dyspepsie, Diarrhö, Blähungen, Erbrechen, Mundtrockenheit, Gingivahyperplasie, Anorexie
- Anstieg der Leber-Transaminasen, intrahepatische Cholestase, Ikterus
- Purpura, allergische Photosensitivität, exfoliative Dermatitis, toxische epidermale Nekrolyse
- Myalgien, Arthralgien, Muskelkrämpfe
- Polyurie, Dysurie, Verschlechterung einer Niereninsuffizienz
- erektile Dysfunktion, reversible Gynäkomastie
Die kardialen Nebenwirkungen können zu einer Dekompensation einer bisher kompensierten Herzinsuffizienz führen, weshalb die Gefahr eines Lungenödems besteht.
Wechselwirkungen
Amiodaron erhöht den Serumspiegel sowie die pharmakologischen Eigenschaften von Calciumkanalblockern, weshalb eine Kombination beider Wirkstoffe nicht empfohlen wird. Aufgrund der synergistischen Wirkung von Beta-Blockern und Calciumkanalblockern auf die AV-Überleitung sollten beide Substanzklassen ebenso nicht miteinander kombiniert werden. Bei einem gleichzeitigen Einsatz von Nifedipin mit anderen blutdrucksenkenden Medikamenten (z.B. ACE-Hemmern) kann es zusätzlich zu einer additiven hypertensiven Wirkung kommen.
Calciumkanalblocker sollten während einer Inhalationsnarkose (v.a. mit Enfluran) vermieden werden, da es zu einer synergistischen negativ dromotropen und negativ inotropen Wirkung kommen kann.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile
- Kardiogener Schock
- Höhergradige Aortenklappenstenose
- instabile Angina pectoris
- akuter Myokardinfarkt (innerhalb der ersten 4 Wochen)
- Gabe von Rifampicin
- Schwangerschaft, Stillzeit
Off-Label-Einsatz als Kontrazeptivum
Die Einnahme von Nifedipin bei Männern beeinträchtigt die Fähigkeit der Spermien, Eizellen zu befruchten. In einigen Fertilitätskliniken wurde beobachtet, dass Männer unter Nifedipin zwar mikroskopisch apparent normale Spermien haben, diese aber in ihrer Funktion beeinträchtigt sind. Die Spermien haben einen erhöhten Cholesteringehalt und dazu fehlen ihnen proteolytische Enzyme, um die Zona pellucida zu durchdringen.
Der gezielte Einsatz des Nifedipins als Kontrazeptivum für den Mann wird zur Zeit kontrovers diskutiert. Der Einsatz erfolgt im Moment Off-Label. Nach Absetzen des Medikaments ist der kontrazeptive Effekt reversibel.