Altersbedingte Makuladegeneration
Synonyme: altersabhängige Makuladegeneration, altersbezogene Makuladegeneration, senile Makuladegeneration
Englisch: senile macular degeneration, age-related macular degeneration
1. Definition
Die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD, ist eine degenerative Erkrankung der Macula lutea, des gelben Flecks der Netzhaut (Retina) des Auges. Sie tritt im höheren Lebensalter auf.
2. Hintergrund
In der Macula lutea liegt temporal von der Papilla nervi optici die Fovea centralis. Die Fovea centralis ist der Bereich des schärfsten Sehens. Bei den Sinneszellen innerhalb der Fovea centralis handelt es sich um Zapfen. Stäbchen gibt es in diesem Bereich nicht. Zapfen sind auf die Wahrnehmung von farbigem Licht spezialisiert. Der Funktionsverlust dieser Sinneszellen führt bei der Makuladegeneration zu fortschreitendem zentralem Sehverlust bei Erhalt des peripheren Gesichtsfelds. Dabei sind meist beide Augen betroffen.
3. Epidemiologie
Die altersbedingte Makuladegeneration tritt bevorzugt ab dem 65. Lebensjahr auf und ist in der entsprechenden Altersgruppe eine der häufigsten Ursachen der Erblindung.
Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen, dunkelhäutige Menschen wesentlich seltener.
4. Pathogenese
Die genauen Abläufe, die zur Entstehung einer AMD führen, werden derzeit (2025) nur unvollständig verstanden. Durch Alterungsprozesse kommt es zu einer fortschreitenden Funktionseinschränkung des retinalen Pigmentepithels (RPE). Das Pigmentepithel geht zugrunde, es entstehen Lücken in der Bruch-Membran.
Als Ursachen werden eine genetische Prädisposition, Nikotinabusus und intensive Sonnenbestrahlung (UV-Licht) diskutiert.
5. Pathologie
Im histologischen Präparat sieht man eine Ablagerung von hyalinem Material (Drusen) im retinalen Pigmentepithel, zwischen Pigmentepithel und Basalmembran, sowie in der Bruch-Membran.
6. Einteilung
Unterschieden werden die trockene und die feuchte Makuladegeneration. Die feuchte Form der Makuladegenration verläuft rasch, sodass betroffene Patienten binnen weniger Wochen oder Monate ihre Lesefähigkeit vollständig verlieren können. Die trockene Makuladegeneration hingegen schreitet langsam voran und kann über viele Jahre mit einem stabilen Befund und einer stabilen Sehschärfe einhergehen.
6.1. Trockene altersbedingte Makuladegeneration
Als trockene Makuladegeneration werden all die Veränderungen der Netzhautmitte zusammengefasst, die ohne Flüssigkeitsansammlungen einhergehen. Dabei können Drusen und Pigmentverschiebungen bzw -verklumpungen auftreten. Diese beeinträchtigen die Nährstoffversorgung der Fotorezeptoren, was langfristig zu deren Degeneration mit Entstehung atropher Bereiche führt. Zu Beginn der Erkrankung ist i.d.R. kein oder nur ein mäßiger Visusverlust vorhanden.
Bei fovealen Veränderungen zeigen sich häufig Metamorphopsien auf dem betroffenen Auge.
Im Endstadium der trockenen Makuladegeneration kann eine große geographische Atrophie (GA) der Netzhautmitte bzw. des retinalen Pigmentepithels auftreten.
6.2. Feuchte altersbedingte Makuladegeneration
Die feuchte Makuladegeneration, auch exsudative oder neovaskuläre altersbedingte Makuladegeneration (nAMD) genannt, geht mit Flüssigkeitsansammlungen in der Netzhautmitte einher. Diese können mittels optischer Kohärenztomografie in intraretinale Flüssigkeit (IRF) und subretinale Flüssigkeit (SRF) unterschieden werden. Darüber hinaus können kleinere Blutungen, aber auch große Massenblutungen vorliegen.
Durch die Lücken der Bruch-Membran wachsen Blutgefäße aus der Choroidea in die Netzhaut ein. Diese Blutgefäße bezeichnet man als choroidale Neovaskularisationen (CNV). Flüssigkeitsansammlungen in der Mitte führen zu Metamorphopsien und Visusminderungen. Je nach Menge und Lage der Flüssigkeiten können mäßige bis starke Sehschärfenverluste auftreten.
Klinisch werden 3 Subtypen der feuchten AMD unterschieden:
- typische AMD (tAMD)
- polypoidale choroidale Vaskulopathie (PCV)
- retinale angiomatöse Proliferation (RAP)
Im Endstadium der feuchten AMD entsteht meistens eine zentrale, prominente Narbe (auch Junius-Kuhnt-Makulopathie).
7. Klinik
Die Schädigung der Makula führt zu einer Abnahme
- der Sehschärfe und damit der Lesefähigkeit,
- der Kontrastwahrnehmung,
- des Farbensehens,
- sowie der Adaptation an veränderte Lichtverhältnisse.
Der Visus kann in Abhängigkeit der Ausprägung wenig bis stark eingeschränkt sein. Das zentrale Gesichtsfeld ist wie von einem "grauen Schleier" überzogen, beim Lesen können Buchstaben fehlen oder verzogen (Metamorphopsien) bzw. verschwommen sein. Gelegentlich findet sich eine Erhöhung der Blendempfindlichkeit.
8. Diagnostik
Zur Diagnostik der AMD werden u.a. verschiedene Untersuchungen herangezogen:
- Ophthalmoskopie: Untersuchung des Augenhintergrunds zur Identifikation von Blutungen oder Schwellungen
- Fluoreszenzangiographie (FAG): Darstellung der undichten Gefäße mittels Kontrastmittel
- Fundusautofluoreszenz (FAF): Nachweis von Schädigungen des retinalen Pigmentepithels
- Optische Kohärenztomographie (OCT): Hochauflösende Bildgebung zur Detektion von Makulaödemen und strukturellen Veränderungen
9. Therapie
9.1. Trockene AMD
Für die altersbedingte trockene Makuladegeneration gibt es derzeit (2025) keine gesicherte medikamentöse Therapie. Die Behandlung zielt darauf ab, die Progredienz der Erkrankung zu verlangsamen:
- Antioxidative Nahrungsergänzungsmittel (AREDS-Studien): Vitamin C, Vitamin E, Zink, Kupfer, Lutein und Zeaxanthin können das Fortschreiten verlangsamen. Die Evidenz ist jedoch gering.
- Lebensstiländerungen: Nichtrauchen, gesunde Ernährung, Schutz vor UV-Strahlung
In klinischer Entwicklung befinden sich Komplementinhibitoren zur Behandlung der geografischen Atrophie.[1]
9.2. Feuchte AMD
Die Behandlungsoptionen der feuchten Makuladegeneration richten sich nach dem Erkrankungsstadium. Als Verfahren infrage kommen:
- Applikation von intravitrealer Medikation (VEGF-Inhibitor) mittels intraokulärer Spritzen bei feuchter AMD
- chirurgische Intervention bei großen makulären Blutungen mittels rt-PA und Gas
- Lasertherapie bei begrenzter extrafovealer, subretinaler Neovaskularisation (eher obsolet)
- Photodynamische Therapie (nur bei Sonderformen)
- Netzhautrotation (sehr selten Methode der Wahl)
Das Therapieziel bei feuchter AMD ist die Reduktion der retinalen Flüssigkeit. Durch eine Flüssigkeitsreduktion kann ggf. die Umwandlung der feuchten AMD in eine trockene AMD erfolgen, die sehr viel langsamer und weniger aggressiv verläuft.
Die Standard-Therapie der feuchten AMD besteht derzeit aus einer regelmäßigen intraokulären Applikation von VEGF-Hemmern, dazu zählen u.a. Ranibizumab, Bevacizumab, Aflibercept, Brolucizumab und Faricimab. Die intraokulären Spritzen werden unter sterilen Bedingungen in Operationssälen verabreicht, die Häufigkeit und Schemata der Verabreichung variieren. Die zwei häufigsten Behandlungsschema sind das PRN-Schema ("pro re nata") und das TAE-Schema ("treat and extend"). Beide Schemata haben gemeinsam, dass man mit einer Serie bzw. einem Block bestehend aus drei Spritzen im Abstand von jeweils vier Wochen beginnt (Ausnahme Faricimab: vier Spritzen).
9.2.1. PRN-Schema
Beim PRN-Schema erfolgt nach dem ersten Block eine Kontrolle mit Visus, Funduskopie und optischer Kohärenztomografie. Bei trockenem Netzhautbefund folgt eine erneute Kontrolle in vier Wochen. Bei einem feuchten Befund erfolgt die erneute Therapie mittels VEGF-Hemmern, meist erneut im Block (bestehend aus 3 Spritzen) oder auch als Einzelinjektionen.
Dieses Schema aus vierwöchigen Kontrollen und ggf. erneuter Therapie wird fortgeführt, bis die Netzhautmitte sechs Monate trocken bleibt, dann werden die Kontrollintervalle verlängert. Über deren Dauer gibt es keine Einigkeit, da Krankheitsverläufe variieren. Rezidive und Blutungen sind gefürchtet, da sie meist den Ausgangsbefund verschlechtern.
9.2.2. TAE-Schema
Beim TAE-Schema bzw. T&E-Schema erfolgt die Dreier-Serie der Therapie wie beim PRN-Schema, jedoch mit optischer Kohärenztomografie am Tag der dritten Injektion. Die Beurteilung erfolgt direkt im OP oder bei der Nachkontrolle. Basierend auf den Ergebnissen wird das Injektionsintervall festgelegt: Ein trockener Befund verlängert es um 1–4 Wochen auf 5–8 Wochen, meist in Zwei-Wochen-Schritten. Jede weitere Injektion erfolgt nach erneuter OCT-Kontrolle mit entsprechender Anpassung des Intervalls.
Es gibt keine Einigkeit über die maximale Verlängerung oder das Therapieende. In der Regel folgt ein Auslassversuch, der mit zunehmendem Abstand das Rezidivrisiko erhöht (bis zu 80 % laut Studien). Dies deutet auf die mögliche Notwendigkeit einer Dauertherapie mit VEGF-Hemmern hin, jedoch fehlen dazu klare Empfehlungen.
10. Rehabilitation
Da bei einem Zentralskotom die Wahrnehmung im Gesichtsfeldzentrum aufgehoben ist, müssen betroffene Patienten lernen, funktionelle Gebiete in der Umgebung der Makula zu nutzen. Gezielte Suchbewegungen und die Lesegeschwindigkeit können sich verbessern, wenn in der Rehabilitation geübt wird, Netzhautstellen in einem zum Lesen günstigen Areal einzusetzen. Vergrößernde Sehhilfen (Lupenbrille oder Bildschirmlesegeräte) können dazu beitragen, mit dem erhaltenen Sehvermögen auszukommen.
Es empfiehlt sich, den betroffenen Patienten frühzeitig und bei noch relativ gut erhaltener Sehschärfe an einen Blinden- und Sehbehindertenverband oder Selbsthilfegruppen anzubinden oder dorthin zu verweisen. Dort können einige nützliche Hilfsmittel für den Alltag gezeigt und erlernt werden.
11. Prognose
Keine der bisher verfügbaren Therapieoptionen für die trockene oder feuchte AMD weist zufriedenstellende Ergebnisse im Sinne einer Heilung auf.
Die trockene AMD schreitet langsam fort, kann jedoch im Spätstadium zur geografischen Atrophie führen, wodurch das zentrale Sehvermögen stark eingeschränkt wird. Betroffene sind in der Regel nicht vollständig erblindet, da das periphere Sehen erhalten bleibt.
Die feuchte AMD schreitet schneller fort und führt langfristig zu einer Erblindung. Durch adäquate Therapie kann der Verlauf jedoch verzögert werden.
12. Podcast

13. Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Midjourney
14. Quellen
- ↑ Qin S, Dong N, Yang M, Wang J, Feng X, Wang Y. Complement Inhibitors in Age-Related Macular Degeneration: A Potential Therapeutic Option. J Immunol Res. 2021 Jul 29;2021:9945725. doi: 10.1155/2021/9945725. PMID: 34368372; PMCID: PMC8346298.