Trochanterschmerzsyndrom
Synonym: Trochanter-Major-Schmerzsyndrom, trochantäres Schmerzsyndrom
Englisch: greater trochanteric pain syndrome (GTPS)
Definition
Das Trochanterschmerzsyndrom ist eine chronische Insertionstendinopathie oder Partialruptur der Glutealmuskulatur am Trochanter major. Häufig sind der Musculus gluteus medius und der Musculus gluteus minimus betroffen. In manchen Fällen kann auch eine sekundäre Bursitis trochanterica vorliegen.
Hintergrund
Früher wurde fälschlicherweise die Bezeichnung Bursitis trochanterica für das Trochanterschmerzsyndrom verwendet. Eine Schleimbeutelentzündung kann zwar zusätzlich vorhanden sein, ist aber eher eine Begleiterscheinung und nicht die Hauptursache für die Schmerzen. Das Trochanterschmerzsyndrom ist deshalb als eigene Entität anzusehen.
Epidemiologie
Ätiologie
Die häufigste Ursache für das Trochanterschmerzsyndrom ist eine vorangehende Glutealinsuffizienz. Häufig tritt sie infolge von Eingriffen wie der Endoprothetik mit lateralen Zugängen auf. Darüber hinaus spielen strukturelle Sehnenverletzungen oder degenerative Vorschäden eine Rolle, insbesondere bei Patienten mit reduzierter Sehnenqualität (z.B. durch wiederholte Kortisoninjektionen oder Bestrahlung). Selten ist auch ein direktes Trauma die Ursache.
Zu den weiteren Risikofaktoren zählen Adipositas, Beinlängendifferenz, eine Schwäche der Abduktoren, insuffiziente Hüftbiomechanik sowie eine zu hohe Belastungsintensität und -dauer.
Klinik
Patienten berichten von schmerzhaften Alltagsaktivitäten, die eine Hüftstabilisierung erfordern, wie z.B. Treppensteigen, Einbeinstand oder das Schlafen auf der betroffenen Seite. In seltenen Fällen kann ein akutes Trauma als Auslöser benannt werden.
Eine laterale Schmerzangabe mit Punctum maximum am Trochanter major oder proximal-dorsal davon ist charakteristisch.
Diagnostik
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung des Trochanterschmerzsyndroms umfasst mehrere Schritte:
- Inspektion: Untersuchung auf Narben durch vorherige Eingriffe und Muskelatrophien.
- Palpation: Isolierter, heller Druckschmerz über dem Trochanter major ist typisch.
- Funktionsüberprüfung
- Abduktion in Seitenlage: Die Funktion des Musculus gluteus medius ist häufig abgeschwächt oder aufgehoben.
- Gezielte Untersuchung der kleinen Glutealmuskeln in Hüftflexion von 30–40°, um die Muskeln, die am Tractus iliotibialis ansetzen, auszuschalten.
- Gangbildanalyse
- Diagnostische Tests
- FADER-Test
- FABER-Test
- Ober-Test
- Einbeinstand (30 Sekunden)
Bildgebende Verfahren
- Röntgendiagnostik: In der Beckenübersicht a.-p. und einer axialen Darstellung der Hüfte erkennt man indirekte Zeichen einer Schädigung wie intragluteale Ossifikationen oder gluteale Footprintverkalkungen. Diese Methode eignet sich besonders, um knöcherne Pathologien und degenerative Veränderungen zu visualisieren.
- Sonographie: Die Sonographie wird genutzt, um die Weichteilstrukturen der Hüfte, insbesondere die Glutealmuskulatur, genauer zu beurteilen. Sie ermöglicht die Darstellung der Ruptur sowie der Qualität der betroffenen Muskulatur und kann Hinweise auf eine begleitende Bursitis trochanterica liefern.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ist das bildgebende Verfahren der Wahl zur detaillierten Darstellung der Glutealmuskulatur und des umliegenden Gewebes. Besonders bei unklaren Fällen oder zur Operationsplanung ist eine MRT erforderlich, um das Ausmaß von Sehnenverletzungen oder muskulären Veränderungen genau zu beurteilen. Eine spezielle Technik, das sogenannte MARS-MRT, wird verwendet, wenn eine Hüftgelenksendoprothese (HTEP) vorhanden ist, um Metallartefakte zu reduzieren.
Bildgestützte diagnostische Infiltration
Eine bildgestützte diagnostische Infiltration mit Lokalanästhetikum gilt als der differenzialdiagnostische Goldstandard. Durch die Injektion von Lokalanästhetikum am Trochanter major oder intraartikulär können die Schmerzquellen genauer lokalisiert werden. Eine deutliche Schmerzreduktion nach der Infiltration weist auf eine gluteale Ursache hin.
Durch die Kombination dieser diagnostischen Methoden kann eine präzise Diagnose gestellt werden, die sowohl strukturelle als auch funktionelle Aspekte der Erkrankung berücksichtigt.
Differenzialdiagnosen
Wichtige Differenzialdiagnosen sind:
- Femoroazetabuläres Impingement (FAIS)
- Coxarthrose
- Psoas-Impingement
- Schnappende Hüfte (Coxa saltans interna/externa)
- Tractus-iliotibialis-Syndrom
- Lumbale Pathologie
- Myofasziale Schmerzen
Therapie
Die Therapie des Trochanterschmerzsyndroms ist primär konservativ und erfolgt schrittweise über mehrere Monate. Der Fokus liegt auf der isometrischen und exzentrischen Kräftigung der Hüftabduktoren, unterstützt durch Patientenschulung, Training und zusätzliche Maßnahmen.
Eine aktive Patientenbeteiligung ist entscheidend. Das Trochanterschmerzsyndrom ist eine gutartige, aber langwierige Erkrankung, und das Training bildet den zentralen Bestandteil der Therapie. Die Übungen sollen regelmäßig und mit hoher Compliance durchgeführt werden, wobei leichte Schmerzen bis zu 3/10 VAS tolerierbar sind.
Das Hometraining umfasst gezielte Dehnungsübungen für den Musculus piriformis und den Tractus iliotibialis sowie die Stärkung der Quadrizeps- und Glutealmuskulatur. Eine schrittweise Belastungssteigerung erfolgt über drei Monate, häufig unter Einsatz eines Therabandes zur Intensitätssteigerung.
Weitere Therapiemaßnahmen
- Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT): Einmal wöchentlich über etwa fünf Wochen
- Fokale Injektionen: Die Anwendung von plättchenreichem Plasma (PRP) oder autologem konditioniertem Plasma (ACP) soll bessere Ergebnisse als Placebo erzielen, die Evidenz ist aber umstritten. Die Injektion von Glukokortikoiden kann kurzfristig Schmerzen lindern, hat aber langfristig negative Effekte.
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): Diese sollten ebenfalls nur kurzfristig angewendet werden, da meist keine Entzündung vorliegt.
Quellen
- Hirschmüller, A., Banke, I.J. Trochanterschmerzsyndrom (ehemals Bursitis trochanterica). Arthroskopie 37, 186–190, 2024
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