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Tabun

Synonyme: Dimethylaminocyanphosphorsaeureaethylester, O-Ethyl-N,N-dimethylphosphoramidocyanidat, Trilon 83, Gelan I, CCRIS 3421, TL 1578 oder Agent GA
Englisch: tabun

1. Definition

Tabun ist ein synthetisch hergestellter Nervenkampfstoff. Seine Wirkung beruht auf der Beeinträchtigung der Reizweiterleitung durch Hemmung der Acetylcholinesterase.

2. Hintergrund

Der Nervenkampfstoff Tabun wurde 1936 vom deutschen Chemiker Gerhard Schrader entdeckt, während er an der Herstellung von Insektiziden arbeitete. Ab 1942 wurde Tabun schließlich industriell produziert und für den Kriegseinsatz in Granaten und Bomben abgefüllt. Die Herstellung erfolgte in großen Teilen in Zwangsarbeitslagern und war mit zahlreichen Todesfällen von Arbeitern verbunden. Zu einem Kriegseinsatz des Kampfmittels kam es letztendlich nicht.

3. Chemie

Tabun ist ein Organophosphat (Phosphorsäureester) mit der Summenformel C5H11N2O2P. Die relative Molmasse beträgt 162,13 g/mol. Die Verbindung ist ein hochgiftiger, flüchtiger, flüssiger Stoff und besitzt eine klare bis leicht bräunliche Färbung. Sie hat einen leicht fruchtigen Geruch. Weitere chemische Eigenschaften sind:

4. Klassifizierung

  • Gefahrengruppe: IIIC
  • Gefahrenklasse: 6.1
  • GA, Dimethylaminocyanphosphorsaeureaethylester
  • UN Identifikationsnummer: UN 2810
  • CAS Nr. 77-81-6
  • Dekontaminationsstufe 3

5. Wirkmechanismus

Tabun hemmt die Acetylcholinesterase (AChE) durch die Phosphorylierung von Serin im aktiven Zentrum des Enzyms. Durch die Beeinträchtigung der Acetylcholinesterase kann der Neurotransmitter Acetylcholin nicht mehr adäquat abgebaut werden. Es kommt zu einer endogenen Acetylcholin-Vergiftung. Das Acetylcholin akkumuliert im synaptischen Spalt und aktiviert dauerhaft postsynaptische Acetylcholin-Rezeptoren des zentralen und peripheren Nervensystems. Klinisch entsteht ein cholinerges Syndrom.

6. Toxizität

Bereits geringe Expositionsmengen über einen kurzen Zeitraum sind lebensgefährlich. Bei Einatmung von Gasen können Symptome innerhalb weniger Sekunden eintreten (LC50: 200 mg/m3 in 1 min). Bei Ingestion z.B. über kontaminiertes Trinkwasser oder durch Hautkontakt kann die Wirkung nach Minuten oder Stunden einsetzen. Allgemein ist die Aufnahme von Tabun u.a. über Haut, Schleimhäute und die Atmung möglich. Die wichtigsten Arten der Giftaufnahme sind:

  • Augenkontakt
  • Hautkontakt
  • Einatmung von Dämpfen (Besonders bodennah, da Tabun schwerer ist als Luft)
  • Trinkwasser
  • Kleidung (Cave bei Patienten mit Tabunintoxikation)

7. Schutzmaßnahmen

Art, Dauer und Konzentration der Exposition beeinflussen maßgeblich die Schwere der Symptomatik. Zunächst sollen kontaminierte Personen zum Schutz Behandelnder und der eigenen Person durch geschultes Personal dekontaminiert werden. Die Kleidung sollte dabei entfernt und sicher aufbewahrt werden.

Da Tabun weniger flüchtig ist als Sarin, verbleibt es länger auf Oberflächen. Ist die Exposition innen, sollten die Räumlichkeiten sofort verlassen werden. Ist die Exposition außen, sollte ein möglichst hochgelegener, entfernter Ort aufgesucht werden, da die Tabundämpfe absinken.

8. Klinik

Eine Tabunvergiftung äußert siach als akutes cholinerges Syndrom mit Symptomatik einer übermäßigen Parasympathikus-Aktivierung:

Im Endstadium kommt es zur Bewusstlosigkeit und zum Tod durch Atemlähmung.

9. Therapie

Bei möglicher Kontamination und/oder Exposition umfasst die Behandlung - neben den oben genannten Schutzmaßnahmen - vor allen die Verabreichung von Antidots, um der parasympathischen Aktivität entgegenzuwirken:

  • Atropin: Besserung der parasympathischen Symptome. Das Alkaloid verdrängt den Neurotransmitter ACh kompetitiv von der Bindungsstelle am Muskarinrezeptor und beendet damit die Daueraktivierung des Rezeptors.
  • Pralidoxim/Obidoxim: Oxime vermitteln die Abspaltung der Phosphatgruppe vom aktiven Zentrum der AChE und ermöglichen damit eine Reaktivierung der gehemmten muskarinischen und nikotinergen Acetylcholinesterasen. Sie werden in der Regel nur in Verbindung mit Atropin eingesetzt.

Benzodiazepine werden bei schweren Vergiftungen zur Behandlung von Krampfanfällen, zur Anxiolyse und Beruhigung sowie zur Neuroprotektion verabreicht. Im Falle einer Ateminsuffizienz ist zudem eine invasive Beatmung notwendig.

Der Einsatz und die Dosierung der genannten Medikamente richtet sich immer nach der Schwere der Symptomatik.

10. Quellen

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