Klumpke-Lähmung
nach Augusta Déjerine-Klumpke, amerikanisch-französische Neurologin und Neuroanatomin
Synonyme: Déjérine-Klumpke-Lähmung, untere Armplexuslähmung, Klumpke-Paralyse
Englisch: Klumpke palsy
Definition
Die Klumpke-Lähmung ist die Lähmung des unteren Plexus brachialis. Dabei kommt es zum Ausfall der Spinalnerven der Segmente C8 und Th1.
Epidemiologie
Die Klumpke-Lähmung ist eher selten, genaue Inzidenzdaten mit Abgrenzung zu anderen Plexusparesen liegen derzeit (2024) nicht vor. Bei geburtshilflichen Plexus-brachialis-Läsionen entfallen etwa 0,6 % auf Klumpke-Lähmungen.[1]
Ätiologie
Eine untere Plexuslähmung entsteht meist traumatisch durch eine Hyperabduktion des Armes, die einen verstärkten Zug auf die unteren Plexusanteile ausübt.[2] Mögliche Ursachen hierfür sind:[1][2][3]
- Geburtstrauma, insbesondere bei Geburt in Beckenendlage mit nicht angelegtem Arm
- Traumata durch Verkehrsunfälle, seltener durch Schultergelenksluxation, Schuss- oder Stichwunden
Dabei kann zunächst eine komplette Armplexusparese vorliegen, aus der sich im weiteren Verlauf die Klumpke-Lähmung entwickelt.[3]
Andere Ursachen sind:
- Kompression oder Infiltration, z.B. durch Pancoast-Tumoren, Skalenus-Syndrom, Kostoklavikuläres Syndrom
- Bestrahlung des Plexus
- selten immunologisch bedingte Plexusneuritiden
Ausfallmuster
Durch Schädigung des unteren Plexus brachialis entfallen Funktionen, die den Spinalnerven C8 und Th1 zugeordnet sind. Primär kommt es zum Ausfall folgender Muskeln:[3]
- Kleine Handmuskeln (Funktionsausfall steht im Vordergrund)
- Große Hand- und Fingerbeuger (eher zweitrangig)
Andere Muskeln, die von C8 und Th1 innerviert werden, stehen aufgrund einer zusätzlichen Versorgung durch andere Segmente eher im Hintergrund. Insbesondere die Funktion des Musculus triceps brachii bleibt aufgrund der Versorgung durch C6 und C7 in der Regel unbeeinträchtigt.[3]
Ferner kommt es zu sensiblen Ausfällen in den Dermatomen, die von den Segmenten C8 und Th1 versorgt werden.
Bei Verletzung der Wurzel Th1 vor Abgang sympathischer Fasern im Ramus communicans albus kann es außerdem zum teilweisen Ausfall des Halssympathikus kommen. Das gleiche gilt, wenn sympathische Strukturen betroffen sind, die in der Nähe des unteren Plexus liegen (z.B. Ganglion stellatum).[2][3]
Klinik
Im Vordergrund steht die schlaffe Lähmung der kleinen Handmuskeln sowie der Flexoren des Unterarms. Dies kann zu einer leichten Beugeschwäche bis hin zur schweren Atrophie reichen. Letztere kann man vor allem am Hypothenar und zwischen den Metacarpalknochen beobachten.[3] Bei ausgeprägter Parese zeigt sich das Bild einer Krallenhand.[2]
Die Sensibilitätsausfälle in den Dermatomen C8 und Th1 betreffen die ulnare Handkante und Unterarmseite.[3] Auch neuropathische Schmerzen können dort auftreten.[2] Beim Ausfall sympathischer Fasern der Spinalnerven kommt es in betroffenen Dermatomen zu einer Beeinträchtigung der Sudomotorik mit Anhidrose.
Eine Mitverletzung des zervikalen Sympathikus (s.o.) kann außerdem zu Zeichen eines Horner-Syndroms sowie zur Anhidrose im oberen Körperviertel führen.
Diagnostik
Bei der neurologischen Untersuchung zeigen sich herabgesetzte Kraftgrade und ein Reflexausfall – vor allem bei der Finger- und Handgelenksbeugung. Bei betroffenen Säuglingen ist der palmare Greifreflex nicht auslösbar.
Die Diagnosestellung erfolgt per Elektroneurographie. Je nach vermuteter Ätiologie sollte der Plexus außerdem per MRT dargestellt werden.
Differentialdiagnostik
Abzugrenzen ist eine Ulnarisparese oder eine reine C8-Läsion (z.B. durch eine Diskushernie). Oft können diese Ausfallsbilder nur apparativ (ENG, MRT) voneinander abgegrenzt werden.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach Ausmaß der Plexusläsion und nach der Ursache.
Bei diskreteren Läsionen erfolgen konservative Maßnahmen unter Abwarten der Nervenregeneration. Hierbei sollte vor allem eine physiotherapeutische Beübung zur Verhinderung einer Atrophie bzw. von Kontrakturen erfolgen.[2]
Größere Läsionen können eine Plexuschirurgie mit Nervennaht erforderlich machen.[2][3]
Prognose
Je nach Schwere der auslösenden Läsion kann es im Verlauf zur Rückbildung durch Nervenregeneration kommen.[2] Durch Axonfehlaussprossung können abnorme Bewegungsmuster oder Synkinesien entstehen.[3]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Al-Qattan, Clarke, Curtis, Klumpke’s Birth Palsy - Does it really exist? Journal of Hand Surgery, 1995.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 Merryman, Varacallo, Klumpke Palsy. StatPearls, 2023.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 3,8 Mattle, Fischer, Erkrankungen des Armplexus. In: Mattle, Fischer (Hrsg.), Kurzlehrbuch Neurologie. 5., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag Stuttgart, 2021.
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