Englisch: immune reconstitution inflammatory syndrome
Das Immunrekonstitutionssyndrom, kurz IRIS, ist eine überschießende Entzündungsreaktion, die Wochen bis Monate nach Beginn einer hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) einsetzt. Sie führt u.a. zu einer paradoxen, vorübergehenden Verschlechterung z.B. einer bestehenden oder noch nicht ausreichend behandelten opportunistischen Infektion.
Das Immunrekonstitutionssyndrom kommt insbesondere bei Patienten mit HIV-Infektion, aber auch bei Patienten, die aufgrund einer Infektion durch Mykobakterien (z.B. Tuberkulose) oder Tropheryma whipplei (Morbus Whipple) behandelt werden. Eine immunsuppressive Therapie erhöht die Wahrscheinlichkeit eines IRIS.
Gefährdet sind vor allem HIV-Patienten, die zu Beginn einer HAART eine besonders niedrige Zahl an T-Helferzellen aufweisen (< 50/μl) und bei denen es nach Therapiestart zu einem schnellen Abfall der Viruslast kommt. Einen weiteren Risikofaktor stellt außerdem eine hohe Viruslast bei Therapiebeginn dar.
Die genaue Pathogenese des IRIS ist derzeit (2020) unklar. Es wird angenommen, dass es durch die Verbesserung der Immunfunktion (z.B. im Rahmen der antiretroviralen Therapie) zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems mit Hyperinflammation kommt. Das IRIS scheint mit dem Anstieg der Immunantwort gegen residuelle Antigene, die häufig bei latent unbehandelten Infektionen vorkommen, zusammenzuhängen, z.B.:
Das IRIS ähnelt somit einer Typ-IV-Allergie. Darüber hinaus werden prädisponierende genetische und immunologische Faktoren vermutet.
Das IRIS kann 2 Wochen bis zu 2 Jahre nach Beginn der antiretroviralen Therapie auftreten. Im Rahmen des IRIS kommt es paradoxerweise zu einer klinischen Verschlechterung der Symptome einer evidenten oder bis dahin okkulten opportunistischen Infektion. Entsprechend unterscheidet man zwei Formen:
Auch das Auftreten bzw. die Exazerbation von Autoimmunerkrankungen wurde beschrieben. Typische Manifestationen des IRIS sind:
Es exitistiert keine eindeutige Methode zur Diagnose eines IRIS. Ein Therapieversagen, Nebenwirkungen der Behandlung, andere Infektionen und ein Rezidiv sollten ausgeschlossen werden.
Die Therapie des Immunrekonstitutionssyndroms umfasst:
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Das Unterbrechen der HAART sollte nur nachrangig bei Versagen der oben genannten Maßnahmen erwogen werden. Empfohlen wird jedoch ein verzögerter Beginn der HAART bei bekannten und behandlungsbedürftigen opportunistischen Infektionen, die zuvor adäquat behandelt werden sollten.
Die Prognose ist generell gut; die Mortalität liegt i.d.R. nicht höher als bei Patienten ohne Auftreten eines Immunrekonstitutionssyndroms. Tödliche Verläufe sind jedoch beschrieben.
Tags: HAART, HIV-Infektion
Fachgebiete: Immunologie, Infektiologie
Diese Seite wurde zuletzt am 15. Dezember 2020 um 14:22 Uhr bearbeitet.
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