Statin
Synonyme: CSE-Hemmer, HMG-CoA-Reduktasehemmer
Englisch: statin, HMG-CoA reductase inhibitor
Definition
Als Statine bezeichnet man eine Gruppe von Arzneistoffen, die durch eine kompetitive Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase eine Senkung der Serumkonzentration von Cholesterin verursachen.
Abgrenzung
Statine ist auch eine alternative Bezeichnung für die Inhibiting-Hormone des Hypothalamus.
Wirkmechanismus
Ein entscheidender Schritt in der endogenen Synthese des Cholesterins ist die Überführung des HMG-CoA in Mevalonsäure. Diese Reaktion wird vornehmlich in den Hepatozyten durch die HMG-CoA-Reduktase katalysiert.
Statine hemmen die Aktivität der HMG-CoA-Reduktase. Der daraus resultierende verminderte LDL-Cholesteringehalt führt zu einer kompensatorisch erhöhten Synthese von LDL-Rezeptoren bei Hepatozyten, sodass mehr LDL-Cholesterin in die Zellen aufgenommen wird, wodurch dessen Serumspiegel sinkt. Neben einer direkten Hemmung der Biosynthese des Cholesterins erfolgt also indirekt eine Verschiebung des Cholesterins aus dem Blut in die Zellen.
Wirkungen
Durch eine Statintherapie kann die LDL-Konzentration um bis zu 40 % gesenkt werden. Gleichzeitig kommt es regelhaft zu einer Erhöhung des HDL-Cholesterins und einer Abnahme der Serumkonzentration von Triglyceriden.
Weiterhin werden den Statinen therapeutisch relevante indirekte Wirkungen (sog. pleiotrope Effekte) zugesprochen, die zur Stabilisierung arteriosklerotischer Plaques führen sollen:
- Verbesserung der Endothelfunktion
- Verringerung der Thrombozytenaktivität und antiinflammatorische Effekte
- Stabilisierung arteriosklerotischer Plaques
Indikationen
Statine sind Mittel der ersten Wahl bei Hypercholesterinämie bzw. Hyperlipidämie (mit vorherrschender Hypercholestereinämie).[1] Sie werden jedoch auch bei Hypertriglyzeridämie eingesetzt.
Darüber hinaus werden Statine auch zur Primärprävention eines Infarktes bei einem Diabetes mellitus Typ 2 und zur Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt eingesetzt, um das LDL auf Werte unter 100 mg/dl oder bei Hochrisikokonstellation gar unter 70 mg/dl zu bringen. In der Langzeittherapie konnten Statine sowohl in der Sekundärprävention[2][3][4] als auch in der Primärprävention[5][6] eine Senkung des Myokardinfarktrisikos aufzeigen; in der Sekundärprävention ist auch die Gesamtsterblichkeit reduziert.
Beim akuten Koronarsyndrom scheint die sofortige Gabe von Statinen zur Plaquestabilisierung und Prognosebesserung zu führen, unabhängig vom Lipidstatus.[7][8][9]
Statine werden außerdem für die Langzeitprävention kardiovaskulärer Ereignisse bei der Therapie einer symptomatischen Carotisstenose eingesetzt.
Wirkstoffe
Zur Gruppe der Statine gehören folgende Arzneistoffe:
Cerivastatin ist in Deutschland außer Handel.
Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen von Statinen sind:
- Dyspepsie
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Myalgie (10 %), Arthralgie
Nur selten tritt eine Myopathie mit Erhöhung der Kreatinkinase (CK) bis hin zur Rhabdomyolyse auf. Das Risiko ist erhöht im Alter, bei Niereninsuffizienz, Einnahme von Erythromycin, Antimykotika, Immunsuppressiva (z.B. Ciclosporin A), Niacin oder Fibraten. Daher sollte bei entsprechenden Symptomen die CK bestimmt werden. Je nach Symptomatik ist eine bis zu 5-fache Erhöhung tolerabel.
Statine können eine Myasthenia gravis auslösen oder eine bestehende Erkrankung (z.B. eine okuläre Myasthenie) verschlechtern. Die Symptome treten nach wenigen Tagen bis zu drei Monate nach Beginn der Behandlung mit dem Statin auf. Nach Absetzen des Statins waren die Symptome meistens reversibel, persistierten aber in einigen Fällen.[10]
Eine weitere Nebenwirkung ist eine reversible Transaminasenerhöhung, die selten zu einer schweren Hepatitis führt: Die Laborwerte sollten vor Therapiebeginn, nach 2 bis 3 Monaten und dann jährlich kontrolliert werden. Falls keine Symptome bestehen und die Erhöhung unter der 3-fachen Norm bleibt, ist Absetzen i.d.R. nicht notwendig.
Außerdem besteht bei Einnahme von Statinen evtl. ein erhöhtes Risiko eines Diabetes mellitus Typ 2 sowie bei einer Langzeittherapie das Risiko einer Trübungen der Augenlinse (Katarakt). Letzterer kann bei regelmäßigen Kontrolluntersuchungen frühzeitig erkannt werden. Bei guter Behandelbarkeit dieser Nebenwirkung ist das Absetzen einer Statintherapie abzuwägen. Der Benefit übertrifft in diesem Punkt den Nachteil bei weitem. Darüber hinaus wurden unter Statinen Augenmuskelparesen bis hin zur Ptosis beschrieben.
Kontraindikationen
Kontraindikationen für eine Behandlung mit Statinen sind:
- Muskelerkrankungen einschließlich Myasthenia gravis
- Lebererkrankungen
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Überempfindlichkeit gegenüber diesen Medikamenten.
Anwendung
Statine werden per os und abends eingenommen, da die körpereigene Cholesterinsynthese nachts am höchsten ist.
Die LDL-Abnahme ist dosisabhängig: Den größten relativen Effekt erzielt man mit geringen Dosen; bei höheren erfolgt eine langsame Plateaubildung. Durch Verdopplung der Dosis wird eine weitere LDL-Senkung von nur 6 % erzielt. Weiterhin hängt die Wirkung mit der Plasmahalbwertszeit zusammen. Statine mit langer Halbwertszeit (Atorvastatin, Rosuvastatin) weisen eine besonders effektive LDL-Senkung auf.
Wechselwirkungen
Statine werden über das Cytochrom-P450-System metabolisiert. Inhibitoren von CYP3A4 können den Blutspiegel von Statinen erheblich beeinflussen und das Myopathierisiko erhöhen. Dazu zählen z.B. Ketoconazol, Erythromycin, Clarithromycin, Verapamil, HIV-Proteaseinhibitoren und Grapefruitsaft. Statinpatienten sollten diese Substanzen daher grundsätzlich meiden.
Fluvastatin wird über CYP2C9 verstoffwechselt (Wechselwirkung z.B. mit Phenytoin oder Rifampicin). Ausnahme sind Pravastatin und Rosuvastatin, die kaum bedeutsame Cytochrom-Metabolisierungen aufweisen.
Bei gleichzeitiger Einnahme von Marcumar oder DOAKs besteht bei manchen Statinen durch Hemmung des P-Glykoproteins ein verstärktes Blutungsrisiko.
ATC-Code
C10AA - HMG-CoA-Reduktasehemmer
Quellen
- ↑ Medikamentöse Cholesterinsenkung zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse. Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). 1. Auflage, Version 1.0 März 2023, abgerufen am 20.03.2023
- ↑ Randomised trial of cholesterol lowering in 4444 patients with coronary heart disease: the Scandinavian Simvastatin Survival Study (4S), Lancet. 1994 Nov 19;344(8934):1383-9, abgerufen am 17.10.2019
- ↑ Wilt TJ et al. Prevalence and correlates of symptomatic peripheral atherosclerosis in individuals with coronary heart disease and cholesterol levels less than 240 mg/dL: baseline results from the Cholesterol and Recurrent Events (CARE) Study, Angiology. 1996 Jun;47(6):533-41., abgerufen am 17.10.2019
- ↑ LIPID Study Group Prevention of cardiovascular events and death with pravastatin in patients with coronary heart disease and a broad range of initial cholesterol levels, N Engl J Med. 1998 Nov 5;339(19):1349-57, abgerufen am 17.10.2019
- ↑ Shepherd J. The West of Scotland Coronary Prevention Study: a trial of cholesterol reduction in Scottish men, Am J Cardiol. 1995 Sep 28;76(9):113C-117C., abgerufen am 17.10.2019
- ↑ Downs JR et al. Primary prevention of acute coronary events with lovastatin in men and women with average cholesterol levels: results of AFCAPS/TexCAPS. Air Force/Texas Coronary Atherosclerosis Prevention Study, JAMA. 1998 May 27;279(20):1615-22, abgerufen am 17.10.2019
- ↑ de Lemos JA et al. Early intensive vs a delayed conservative simvastatin strategy in patients with acute coronary syndromes: phase Z of the A to Z trial, JAMA. 2004 Sep 15;292(11):1307-16, abgerufen am 17.10.2019
- ↑ Kinlay S et al. High-dose atorvastatin enhances the decline in inflammatory markers in patients with acute coronary syndromes in the MIRACL study, Circulation. 2003 Sep 30;108(13):1560-6, abgerufen am 17.10.2019
- ↑ Cannon CP et al. Intensive versus moderate lipid lowering with statins after acute coronary syndromes, N Engl J Med. 2004 Apr 8;350(15):1495-504, abgerufen am 17.10.2019
- ↑ Statins: very infrequent reports of myasthenia gravis. MHRA 26.09.2023. Abgerufen am 19.10.2023
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