Fezolinetant
Handelsname(n): Veoza®, Veozah®
Synonym: ESN364
Englisch: fezolinetant
Definition
Fezolinetant ist ein Arzneistoff, der als Antagonist am Neurokinin-3-Rezeptor zur Behandlung vasomotorischer Beschwerden in der Menopause eingesetzt wird.
Chemie
Fezolinetant ist kein Steroid, sondern besitzt ein Pyrazin-Grundgerüst, das an drei Stellen substituiert ist. Die Summenformel lautet C16H15FN6OS. Der chemische Name ist
- (4-Fluorophenyl)[(8R)-8-methyl-3-(3-methyl-1,2,4-thiadiazol-5-yl)-5,6- dihydro[1,2,4]triazolo[4,3-a]pyrazin-7(8H)-yl]methanon (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 358,4 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 1,57. Die CAS-Nummer lautet 1629229-37-3. Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als weißes Pulver vor, das in Wasser wenig löslich ist (0,29 mg/ml).[1]
Wirkmechanismus
Fezolinetant ist ein nichthormoneller, selektiver Antagonist am Neurokinin-3-Rezeptor (NK3R), der physiologisch durch Neurokinin B (NKB) aktiviert wird. Die Affinität zu diesem Rezeptor ist 450-fach höher als zum Neurokinin-1- oder Neurokinin-2-Rezeptor. Durch Fezolinetant wird die Bindung von NKB an Kisspeptin/Neurokinin B/Dynorphin (KNDγ)-Neuronen blockiert, welche die Aktivität des thermoregulatorischen Zentrums im Hypothalamus steuern. Dadurch werden vasomotorische Symptome (VMS) unterdrückt.[2] Die Plasmaspiegel der Sexualhormone (FSH, Estradiol, Testosteron und Dehydroepiandrosteron) werden hierbei nicht relevant beeinflusst. Der Spiegel des luteinisierenden Hormons (LH) kann transitorisch abfallen.[1][3]
Pharmakokinetik
Fezolinetant wird nach oraler Aufnahme rasch resorbiert. Maximale Plasmaspiegel werden nach 1 bis 4 Stunden erreicht. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt über 90 %. Die Plasmaproteinbindung beträgt 51 %, das Verteilungsvolumen 189 Liter (ca. 3 l/kgKG. Die Biotransformation zu unwirksamen Metaboliten erfolgt in der Leber über das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP1A2, zu geringerem Anteil auch über CYP2C9 und CYP2C19. Die Elimination erfolgt zu 77 % mit dem Urin (davon nur 1,1 % unverändert) und zu 14 % mit den Fäzes. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 9,6 Stunden.[1][3]
Indikation
Fezolinetant ist indiziert zur Behandlung moderater bis schwerer vasomotorischer Symptome (VMS), die im Rahmen der Menopause auftreten (z.B. Hitzewallungen).[4][5]
Darreichungsform
Fezolinetant steht in Form von Filmtabletten zur oralen Anwendung zur Verfügung.
Dosierung
Fezolinetant wird in einer Dosierung von 45 mg einmal täglich eingenommen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Die Leberfunktion (Transaminasen und Bilirubin) sollte vor Beginn einer Therapie kontrolliert werden.[3]
Nebenwirkungen
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen von Fezolinetant sind:[3][5]
- Kopfschmerzen
- Diarrhö, Bauchschmerzen
- Insomnie
- Anstieg der Leberwerte (ALT, AST)
Es gibt aktuell (2024) keine Hinweise darauf, dass nach einjähriger Anwendung von Fezolinetant das Risiko für Hyperplasien oder Malignome des Endometriums erhöht ist.[6]
Wechselwirkungen
- Starke CYP1A2-Inhibitoren erhöhen die Plasmaspiegel von Fezolinetant.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Fezolinetant oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
- Schwere oder terminale Niereninsuffizienz (eGFR < 30 ml/min/1,73 m²)
Schwangerschaft und Stillzeit
Im Tierexperiment weist Fezolinetant reproduktionstoxische Wirkungen auf. Zur Anwendung von Fezolinetant bei Schwangeren liegen keine Daten vor.
Zudem wurde tierexperimentell ein Übertritt von Fezolinetant in die Milch nachgewiesen. Es ist nicht bekannt, ob Fezolinetant auch in die Muttermilch übertritt. Deshalb wird eine Anwendung während der Stillzeit nicht empfohlen.[3]
Toxizität
Nach der Einnahme von 900 mg (20-fache tägliche Dosis; ca. 12 mg/kgKG) sind Kopfschmerzen, Übelkeit und Parästhesien aufgetreten.[3] Eine primäre Giftentfernung durch Verabreichung von Aktivkohle kann innerhalb einer Stunde nach der Ingestion erfolgen. Die weitere Behandlung erfolgt in jedem Fall symptomatisch. Ein spezifisches Antidot steht bisher (2024) nicht zur Verfügung. Aufgrund seiner pharmakokinetischen Eigenschaften (hohe Plasmaproteinbindung und großes Verteilungsvolumen) ist eine sekundäre Giftentfernung durch Hämodialyse nicht effektiv.
Kosten
Die Therapiekosten werden bei einer Dosierung von 45 mg einmal täglich mit 964,26 € pro Jahr angegeben (Stand Lauer-Taxe: 01.04.2024).
Nutzenbewertung
Nach Einschätzung des IQWiG gibt es keine Belege für einen Zusatznutzen von Fezolinetant gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.[8]
ATC-Code
- G02CX06 - Gynäkologika
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Full Prescribing Information Veozah, FDA. Abgerufen am 08.01.2024
- ↑ Modi M, Dhillo WS. Neurokinin 3 Receptor Antagonism: A Novel Treatment for Menopausal Hot Flushes. Neuroendocrinology. 2019
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels Veoza, EMA, abgerufen am 09.02.2024
- ↑ Pinkerton JV et al. Neurokinin Receptor Antagonist, Fezolinetant, for Treatment of Menopausal Vasomotor Symptoms. J Clin Endocrinol Metab. 2023
- ↑ 5,0 5,1 Roberts MZ et al. Fezolinetant: a novel nonhormonal therapy for vasomotor symptoms due to menopause. Expert Opinion on Pharmacotherapy 2024
- ↑ Roberts MZ et . Reply to ‘fezolinetant: a novel nonhormonal therapy for vasomotor symptoms due to menopause requiring careful evaluation of the benefit-risk balance.’ Expert Opinion on Pharmacotherapy 2024
- ↑ Lee A. Fezolinetant: First Approval. Drugs. 2023
- ↑ Fezolinetant (vasomotorische Symptome bei Menopause), Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V des IQWiG Stand 25.04.2024, abgerufen am 15.05.2024
Weblinks
- Fezolinetant (Veoza®). Arzneiverordnung in der Praxis vorab online 10. April 2024, abgerufen am 11.04.2024
- Drugbank - Fezolinetant, abgerufen am 08.01.2024
- PharmaWiki - Fezolinetant, abgerufen am 08.01.2024
- Pharmazeutische Zeitung Arzneistoffe - Fezolinetant, abgerufen am 17.03.2024
- PubChem: 117604931
- MeSH: 2014014