Erkrankung des hepatobiliären Systems (Hund)
Synonyme: Hepatobiliäre Erkrankung, Leber- und Gallengangerkrankung
Definition
Als Erkrankungen des hepatobiliären Systems fasst man beim Hund verschiedene Krankheiten zusammen, die sowohl die Leber (Hepar), als auch die Gallenblase (Vesica biliaris) und die ableitenden Gallenwege betreffen.
Anatomie
Die Leber ist zwischen der Vena portae (Pfortader) und der Vena cava caudalis (untere Hohlvene) eingeschaltet. Sie stellt eine Zwischenstation für die meisten im Darmtrakt resorbierten Stoffe dar und erfüllt unterschiedliche und teils komplexe Funktionen (z.B. Abbau von Nährstoffen, Synthese von Proteinen, Glykogenspeicher, Entgiftung und Bildung der Galle). Am Organ können zwei Flächen, vier Ränder und vier Hauptlappen sowie mehrere Teillappen unterschieden werden.
Die Gallenblase ist ein Anhangsorgan der Leber und dient als Reservoir für die in der Leber produzierte Galle. Sie übernimmt neben der Speicher- auch eine Eindickfunktion, indem sie Flüssigkeit und Elektrolyte entzieht. An der Gallenblase können drei Abschnitte (Fundus, Corpus und Collum) unterschieden werden. Die Gallengänge sind stark verzweigt und dienen als Abflusssystem für die Galle. Über sie gelangt das Sekret letztendlich in das Duodenum. Das Gallengangsystem wird in intrahepatische und extrahepatische Gallengänge unterteilt.
Erkrankungen
Parenchymatöse Lebererkrankungen
- Hepatitis
- akute Hepatitis (akute hepatische Nekrose)
- chronische Hepatitis
- Lobular-dissecting-Hepatitis
- unspezifische reaktive Hepatitis
- knotige Leberzellhypoplasie
Vaskuläre Lebererkrankungen
- kongenitaler portosystemischer Shunt
- primäre Pfortaderhyperplasie (mikrovaskuläre Dysplasie, nicht-zirrhotische portale Hypertension)
- Leberstauung
- Portalvenenthrombose (Pfortaderthrombose)
- arteriovenöse Fisteln
- Lebertumoren
- Leberamyloidose
Gallengang- und Gallenblasenerkrankungen
- Cholangitis
- Cholangiohepatitis
- Cholezystitis
- Gallenblasenmukozele
- Cholelithiasis (Gallenkonkremente, Gallensteine)
- Gallengangruptur
- Gallenblasentumor
Klinik
Die Leber unterscheidet sich von anderen Organsystemen dadurch, dass bei verschiedenen Erkrankungen oft ähnliche Symptome auftreten. Zu den Leitsymptomen sowie Komplikationen gehören v.a.:
- Ikterus (Gelbsucht):
- prähepatischer Ikterus (hämolytischer Ikterus)
- intrahepatischer Ikterus (hepatozellulärer Ikterus, parenchymatöser Ikterus, intrahepatische Cholestase)
- posthepatischer Ikterus (cholestatischer Ikterus, Verschlussikterus)
- Hepatoenzephalopathie
- Aszites (Bauchwassersucht)
Diagnose
Die Diagnose gestaltet sich aufgrund der Vielzahl an möglichen Symptomen und Erkrankungen oftmals schwierig und ist daher umfangreich. Wichtige diagnostische Schritte sind:
- Anamnese
- klinische Untersuchung
- Laborparameter:
- Leberenzyme: AST, ALT, AP, GGT, GLDH und LDH
- Bilirubin, Gallensäuren und Ammoniak
- Proteingehalt, Globuline, Cholesterin und Gerinnungsfaktoren
- Harnstoff, Kreatinin
- Blutbild und Glukosekonzentration
- Harnstatus
- Bildgebende Diagnostik:
- Röntgenuntersuchung: Größe, Form und Kontur der Leber
- Ultraschalluntersuchung: Größe, Struktur und Echogenität der Leber, Gallenblase und Gallengänge
- Computertomographie: nativ vs. kontrastmittelverstärkt
- Biopsie inkl. Zytologie und Histologie:
- ultraschallgestützte Leberbiopsie (vollautomatisch, halbautomatisch und manuell)
- Feinnadelbiopsie (FNAB)
Therapie
Grundsätzlich muss bei der Therapie zwischen einer primären und einer sekundären (extrahepatisch bedingten) bzw. einer akuten und einer chronischen Lebererkrankung unterschieden werden. Bei akuten Hepatopathien sind folgende Maßnahmen ausschlaggebend:
- die auslösende Noxe eliminieren
- unterstützende Maßnahmen soweit ausweiten, bis die Leberregeneration einsetzt
- günstige Bedingungen schaffen, um die Regeneration positiv zu beeinflussen
Chronische Hepatopathien hingegen sind umfangreicher zu behandeln. Hierbei liegt der Fokus vorrangig auf der Linderung bzw. Kompensation von Ausfallserscheinungen, indem die Leber funktionell entlastet wird. Auf diese Weise wird das Fortschreiten der Krankheit bzw. das Auftreten von Rezidiven weitgehend verhindert. Parallel dazu sind stets primäre oder sekundäre extrahepatische Störungen zu behandeln:
- Ruhe (Käfigruhe, Absetzen von Training und Arbeit)
- Absetzen sämtlicher nicht lebenswichtiger Medikamente
- Infusionstherapie (z.B. physiologische NaCl-Lösung oder 5%ige Glukoselösung)
- Lactulose (2–4 ml/10 kgKG 2–3 x tägl. bei portosystemischen Shunts)
- Prednisolon (1 mg/kgKG 1 x tägl. in seltenen Ausnahmefällen)
- Omeprazol (1 mg/kgKG 2 x tägl.) und Sucralfat (500 mg/20 kgKG 3 x tägl. bei Ulzera)
- diätetische Maßnahmen (appetitanregendes, kleinportioniertes und gut verdauliches Futter)
- Ergänzungsfuttermittel (abhängig von der Klinik, z.B. Silymarin)
- Choleretika (Gallensäureproduktion anregende Medikamente wie z.B. Ursodesoxycholsäure 15 mg/kgKG/Tag)
- S-Adenosyl-Methionin (SAMe)
Literatur
- Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3
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