Endometriumkarzinom
Synonyme: Korpuskarzinom, Uteruskarzinom
Englisch: endometrial carcinoma
Definition
Das Endometriumkarzinom ist ein bösartiger, von der inneren Schleimhautschicht der Uterus ausgehender Tumor der Gebärmutter. Es ist die häufigste maligne Erkrankung des Genitaltraktes bei der Frau.
Epidemiologie
Die Inzidenz beträgt 24,7/100.000 Frauen pro Jahr. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 68 Jahren, der Altersgipfel zwischen 65 und 70 Jahren, das mediale Sterbealter bei 73 Jahren.
Risikofaktoren
Endogene Risikofaktoren sind:
- Adipositas
- Diabetes mellitus
- frühe Menarche
- späte Menopause
- niedrige Parität
- das polyzystische Ovarialsyndrom
- östrogensezernierende Tumoren
Exogene Risikofaktoren sind:
- nicht zyklische alleinige Östrogenersatztherapie
- Tamoxifentherapie
- eine vorausgegangene Strahlentherapie
Frauen mit voll ausgetragener Schwangerschaft haben ein geringeres relatives Risiko, an einem Endometriumkarzinom zu erkranken als Nullipara. Dieser Effekt nimmt mit der Zahl der Schwangerschaften signifikant zu. Das absolute Risiko wird in geringerem Maß beeinflusst. Auch die Einnahme von Kontrazeptiva senkt epidemiologischen Studien zufolge das relative Risiko eines Endometriumkarzinoms.[1]
Pathologie
Meist geht das Endometriumkarzinom vom Fundus uteri aus. Man unterscheidet ein exophytisches Wachstum von einem endophytischen Wachstum.
Beim exophytischen Wachstum wächst der Tumor in Richtung Uteruslumen. Beim endophytischen Wachstum wächst der Tumor in die Uterusmuskulatur hinein.
Ist der Tumor im unteren Korpus lokalisiert, so kann er in die Zervix einwachsen und so das Lumen verschließen. Es kann somit zu einer blutgefüllten Hämatometra oder einer infizierten Pyometra kommen.
In 10 % der Fälle kommt es zu einem kontinuierlichen Wachstum in die Zervix, in weiteren 10 % werden die Uterusgrenzen überschritten. Eine kontinuierliche Ausbreitung ist außerdem in die Parametrien, die Vagina und pelvinen Lymphknoten möglich.
Eine hämatogene Streuung erfolgt in etwa 5 % in Lunge, Leber oder Knochen.
Pathohistologie
Pathohistologisch handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle um Adenokarzinome der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium). Seltenere Typen sind z.B. seröse und klarzellige Adenokarzinome oder Plattenepithelkarzinome.
Traditionell wurden zwei Typen unterschieden:
- das östrogenabhängige Typ-I-Endometriumkarzinom: Entstehung aus hyperplastischem Endometrium; Häufigkeit 75–80 %; hochdifferenziert
- das östrogenunabhängige Typ-II-Endometriumkarzinom: Entstehung aus atrophischem Endometrium; Häufigkeit 10–15 %; gering differenziert; häufig ältere Patientinnen
Inzwischen (2025) wird eine molekularbiologische Subtypisierung nach der TCGA-Klassifikation empfohlen, die vier Gruppen umfasst:[2][3]
- Polymerase-Epsilon-Ultramutation (POLE-ultramutiert)
- Mismatch-Reparatur-defizient (MMR-defizient, MMRd, MSI-high)
- p53-aberrant (p53abn), entspricht oft dem serösen Typ
- No Specific Molecular Profile (NSMP), eine heterogene Gruppe ohne spezifisches molekulares Profil
Stadieneinteilung
Bei gynäkologischen Tumoren gibt es neben der TNM-Klassifikation auch noch die FIGO-Klassifikation.
In beiden Klassifikationen unterscheidet man vier Stadien, T1 bis T4 bzw. I bis IV. In jedem Stadium gibt es Untereinteilungen, die die Eindringtiefe ins Gewebe beschreiben.
Im Stadium T1 und I beschränkt sich der Tumor auf das Corpus uteri.
Im Stadium T2 und II infiltriert der Tumor die Cervix uteri.
Im Stadium T3 und III ist bereits eine lokale Ausbreitung über den Uterus hinaus erfolgt.
Im Stadium T4 und IV ist die Ausbreitung bereits über das kleine Becken erfolgt bzw. in angrenzende Organe (Harnblase, Darm) eingebrochen.
Symptome
Das wichtigste Symptom ist die Blutung. Menorrhagien und Metrorrhagien in der Prämenopause sowie jede Blutung in der Postmenopause sind verdächtig auf ein Endometriumkarzinom.
In der frühen Postmenopause ist im Falle einer Blutung in 5 % der Fälle, in der späten Postmenopause in 50 % der Fälle mit einem Endometriumkarzinom zu rechnen.
Jedes fünfte Karzinom ist symptomlos und wird zufällig bei Eingriffen aus anderen Indikationen entdeckt.
In fortgeschritteneren Stadien weisen uteriner Fluor und Schmerzen auf eine Pyo- oder Hämatometra hin.
Diagnostik
Zur Abklärung sind folgende Untersuchungen notwendig:
- Gynäkologische Untersuchung zur Abklärung, ob die Blutung aus dem Uterus kommt
- Transvaginale Sonographie zur Beurteilung des Endometriums und zum Ausschluss weiterer pathologischer Prozesse im Bereich des kleinen Beckens
- Fraktionierte Abrasio mit anschließender histopathologischer Aufarbeitung einschließlich immunhistochemischer Basisdiagnostik
- MMR/MSI-Status
- p53-Status
- Östrogenrezeptor (ER)/Progesteronrezeptor (PR) optional bei differenzialdiagnostischer Relevanz
- HER2-Status bei serösen Karzinomen
- L1CAM zur Risikostratifikation
Die molekularbiologische Zuordnung nach der TCGA-Klassifikation ("The Cancer Genome Atlas") dient der Therapieplanung und Prognoseeinschätzung. Ergänzend kann eine Hysteroskopie durchgeführt werden, um pathologische Veränderungen direkt zu visualisieren. In unklaren Fällen, in denen die zuvor genannten Untersuchungen keine ausreichende Klärung ermöglicht haben, sollte zusätzlich eine MRT des Beckens mit Kontrastmittel erfolgen.
Therapie
Es stehen zwei grundlegende Konzepte zur Verfügung:
- operative Behandlung (Standard)
- primäre Strahlentherapie bei Inoperabilität
Die Operation umfasst in der Regel eine Hysterektomie mit bilateraler Adnexektomie. Je nach Risikoprofil erfolgt eine Sentinel-Lymphknotenbiopsie oder systematische Lymphonodektomie.
Adjuvante Strahlentherapie
Eine generelle Empfehlung zur postoperativen perkutanen Bestrahlung besteht nicht mehr. Die Indikation hängt u.a. von folgenden Faktoren ab:
- FIGO-Stadium und Grading
- molekularer Subtyp (z.B. p53abn, MMRd, POLE)
- L1CAM-Expression
- lokale Lymphgefäßinfiltration .
Typische Empfehlungen sind bei
- Intermediärrisiko: vaginale Brachytherapie
- hohem Lokalrezidivrisiko: perkutan-pelvine Bestrahlung
Dabei wird eine intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) bevorzugt.
Medikamentöse Therapie
- Carboplatin/Paclitaxel als Standard (adjuvant bei Typ-II oder High-Risk)
- Immuncheckpointhemmung mit Dostarlimab bei dMMR-Metastasierung oder Rezidiv
In speziellen Situationen werden auch Kombinationsimmuntherapien eingesetzt.
Prognose
Die Heilungsrate, die häufig mit der 5-Jahres-Überlebensrate gleichgesetzt wird, ist maßgeblich vom Stadium der Erkrankung abhängig. Sie beträgt in den verschiedenen Stadien etwa:
- Stadium I: 85 %
- Stadium II: 70 %
- Stadium III: 50 %
- Stadium IV: 20 %
Darüber hinaus spielt auch der molekulare Subtyp eine wichtige Rolle für die Prognose. Nach der molekularen Einteilung durch TCGA unterscheiden sich die Patienten in Bezug auf das Überleben deutlich:
- POLE-mutiert: exzellente Prognose
- MMRd: gute Prognose
- NSMP: intermediäre Prognose
- p53-aberrant: schlechte Prognose
Quellen
- ↑ Schindler A: Ovarfunktion und gynäkologische Karzinome, Frauenarzt 46 (2005) Nr. 10
- ↑ AWMF (2024). S3-Leitlinie: Therapie des Mammakarzinoms. Abgerufen am 14.11.2025
- ↑ Alexa M. et al. (2021). The TCGA molecular classification of endometrial cancer and its possible impact on adjuvant treatment decisions. Cancers, 13(6), 1478.