Autoinflammatorisches Syndrom
Synonym: Autoinflammatorische Erkrankung
Englisch: autoinflammatory disorders
Definition
Unter dem Begriff autoinflammatorisches Syndrom werden unterschiedliche Erkrankungen zusammengefasst, denen pathologische Entzündungsreaktionen zugrundeliegen, die von der unspezifischen Immunabwehr ausgehen. Sie sind häufig durch periodische Fieberschübe und systemische Manifestationen gekennzeichnet.
Ätiopathogenese
Bei den autoinflammatorischen Syndromen handelt es sich i.d.R. um hereditäre Erkrankungen, wobei die genaue Ursache derzeit (2024) nur bei einem Teil der Erkrankungen bekannt ist. Typischerweise liegt eine monogenetische Mutation vor, die zum Teil Bestandteile des Inflammasoms betrifft und damit zur gestörten Zytokinbalance bzw. -ausschüttung und Dysregulation der unspezifischen Immunantwort führt. Diesen Prozess bezeichnet man als Autoinflammation.
Die Folge ist eine gegen das körpereigene Gewebe gerichtete systemische Entzündung, die v.a. durch Makrophagen und neutrophilen Granulozyten vermittelt wird und zur Amyloidose führen kann.
Inzwischen werden mehrere häufige, genetisch komplexe Krankheiten auch als autoinflammatorisches Syndrom angesehen, da es Hinweise darauf gibt, dass Komponenten des unspezifischen Immunsystems pathogenetisch beteiligt sind. Hierzu zählen z.B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Psoriasis, Gicht und Atherosklerose.
Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass monogenetische autoinflammatorische Syndrome nur ein Ende des Spektrums von immunologischen Störungen darstellen. Die Übergänge zu Autoimmunerkrankungen sind fließend, was insbesondere bei der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (Still-Syndrom) erkennbar wird.
Einteilung
Zu den autoinflammatorischen Syndromen zählen zum Einen Erkrankungen, bei denen das rezidivierende Fieber klinisch im Vordergrund steht. Zu diesen hereditären Fiebersyndromen im engeren Sinne zählen:
- familiäres Mittelmeerfieber (FMF): häufigstes autoinflammatorisches Syndrom
- TRAPS (TNF-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom)
- HIDS (Hyper-IgD-Syndrom) bzw. MEVA (Mevalonazidurie)
- CAPS (Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom)
- MWS (Muckle-Wells-Syndrom)
- FCAS (familiäres kälteinduziertes autoinflammatorisches Syndrom)
- CINCA-Syndrom
- Zyklische Neutropenie
- CRIA-Syndrom
- PFAPA-Syndrom: vermutlich nicht genetisch bedingt
Weitere autoinflammatorische Syndrome sind:
- PAPA-Syndrom
- DIRA-Syndrom (Interleukin 1-Rezeptor-Antagonist-Defizienz)
- DITRA-Syndrom (Interleukin 36-Rezeptor-Antagonist-Defizienz)
- Blau-Syndrom (infantile Sarkoidose)
- CANDLE-Syndrom (Proteasom-assoziiertes autoinflammatorisches Syndrom)
- CNO (Chronisch nicht-bakterielle Osteomyelitis)
- DADA2-Syndrom (Adenosin-Desaminase-2-Mangel)
- Majeed-Syndrom
- SoJIA (systemische juvenile idiopathische Arthritis, Morbus Still)
- AoSD (Morbus Still des Erwachsenen)
- SAVI (infantile STING-assoziierte Vaskulopathie)
- ORAS (Otulin-assoziiertes autoinflammatorisches Syndrom)
- AIADK (Autoinflammation mit Arthritis und Dyskeratose)
- AIFEC (Autoinflammation mit infantiler Enterokolitis)
- PFIT: periodisches Fieber, Immunschwäche und Thrombozytopenie
- SIFD: sideroblatische Anämie, Immunschwäche und periodisches Fieber
- APLAID: Autoinflammation, Antikörpermangel und Immundysregulation
- PGBM: Immunschwäche, Autoinflammation und Amylopektinose
- NISBD neonatale inflammatorische Haut- und Darmerkrankung
- H-Syndrom (SHML)
- Hämophagozytische Lymphohistiozytose (Makrophagenaktivierungssyndrom, MAS)
- Schnitzler-Syndrom
Symptome
Leitsymptom der meisten autoinflammatorischen Syndrome ist das Fieber unklarer Ursache (FUO), das rezidivierend mit unterschiedlicher Dauer und Frequenz auftritt.
Häufig treten begleitend Bauchschmerzen, Arthralgien, Myalgien und/oder Arthritis auf. Weitere fakultative Symptome sind:
- Serositis: Pleuritis, Perikarditis, Peritonitis
- Exantheme
- Hepatosplenomegalie
- Konjunktivitis, Uveitis
- neurologische Symptome
- sekundäre Amyloidose
Differentialdiagnose
Obwohl unterschiedliche genetische Ursachen für die verschiedenen hereditären Fiebersyndrome bekannt sind, ist die diffentialdiagnostische Zuordnung aufgrund ähnlicher Symptome oftmals erschwert. Im entzündlichen Schub finden sich meist erhöhte Konzentrationen von Akute-Phase-Proteinen, Serumamyloid A (SAA) und S100-Proteinen sowie eine gesteigerte Erythrozytensedimentationsrate (ESR). Im Intervall liegen meist normale Laborwerte vor. Spezifischer können die autoinflammatorischen Syndrome anhand der molekulargenetischen Diagnostik voneinander unterschieden werden.
Weiterhin müssen autoinflammatorische Syndrome abgegrenzt werden von:
- anderen immunologischen bzw. rheumatologischen Systemerkrankungen (z.B. Kollagenosen, Vaskulitiden)
- Infektionen
- malignen Systemerkrankungen
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