Hyper-IgD-Syndrom
Synonym: Mevalonatkinasemangel
Definition
Das Hyper-IgD-Syndrom, kurz HIDS, ist eine genetisch bedingte, autoinflammatorische Erkrankung mit charakteristischen Fieberschüben und gastrointestinalen Symptomen. Ursache für die Störung ist eine durch Mutation hervorgerufene Unterfunktion des Enzyms Mevalonatkinase.
Hintergrund
Liegt eine komplette Defizienz der Mevalonatkinase vor, zeigt sich das Bild einer Mevalonazidurie, eine meist letal verlaufende Erkrankung mit zusätzlichen neurologischen und dysmorphen Symptomen.
Ätiologie
Ursache des HIDS sind verschiedene Missense-Mutationen im MVK-Gen auf Chromosom 12 (Genlokus 12q24), das für die Mevalonatkinase kodiert. Die Vererbung des Syndroms folgt einem autosomal-rezessiven Erbgang.
Pathophysiologie
Das Enzym Mevalonatkinase ist an der Synthese von Cholesterol und Isoprenoiden beteiligt und katalysiert im Mevalon-Stoffwechsel die Umsetzung von Mevalon zu 5-Phosphomevalonsäure. Die Folge des Enzymmangels ist eine gestörte Synthese von Geranylgeranylpyrophosphats (GGPP), was zu einer Aktivierung der GTPasen RhoA und Rac1 sowie zu einer vermehrten Cryopyrin-/NALP3-Synthese führt. Dies bedingt eine gesteigerte Bildung des proinflammatorischen Zytokins Interleukin-1β.
Symptome
Die Symptomatik stellt sich in der Regel mit dem 1. Lebensjahr ein und zeichnet sich durch schlagartig auftretendes Fieber aus. Angekündigt werden die Schübe von Schüttelfrost. Stress, Verletzungen oder bestimmte Impfungen können die Fieberattacken hervorrufen.
Fakultative Begleitsymptome sind:
- zervikale Lymphadenopathie
- Kopfschmerzen
- Bauchschmerzen, Erbrechen, Diarrhö
- Hepatosplenomegalie
- makulopapulöses Exanthem v.a. palmar und plantar, z.T. auch Urtikaria oder Hautblutungen
- aphthöse Ulzera
- Oligoarthritis mit Arthralgien
Die Attacken beginnen in der Kindheit, dauern durchschnittlich 3 bis 7 Tage und treten ca. alle 6 Wochen auf. Mit zunehmendem Alter wird die Frequenz des Auftretens geringer. Selten kann sich eine Pleuritis oder eine Amyloidose entwickeln.
Diagnose
Diagnostisch wegweisend ist ein konstant erhöhter Immunglobulin-D-Spiegel im Blut (>100 IU/ml), wobei dieser Befund auch bei anderen hereditären Fiebersyndromen vorliegen kann. Weiterhin können Patienten auch normale Konzentrationen aufweisen. Bei über 80 % der Patienten findet sich zusätzlich eine Erhöhung von Immunglobulin A. Während der Fieberattacken ist neben unspezifischen Entzündungszeichen (Leukozytose, BSG- und CRP-Anstieg) eine deutlich erhöhte Konzentration an Mevalonat im Urin nachweisbar.
Durch Bestimmung der Enzymaktivität der Mevalonatkinase in Leukozyten und anschließende Genanalyse kann die Diagnose bestätigt werden.
Therapie
Bisher (2019) existiert keine kausale Therapie des Hyper-IgD-Syndroms. Eine symptomatische Behandlung durch Simvastatin, Etanercept oder Anakinra kann erwogen weden. Fiebersenkende Medikamente sind wirkungslos.
Prognose
Das HIDS ist nicht heilbar, hat aber nur einen geringen Einfluss auf die Lebenserwartung.