Weichteiltumor (Radiologie)
Definition
Weichteiltumoren bilden eine heterogene Gruppe von Tumoren, die vom Weichteilgewebe ausgehen. Bildgebende Verfahren spielen sowohl bei der Diagnose als auch bei der Nachsorge eine wichtige Rolle.
Anamnese
Entscheidend für eine korrekte radiologische Einordnung ist das Vorliegen von relevanten klinischen Informationen. Hierzu zählen beispielsweise ein kürzlich erlittenes Trauma, eine Antikoagulation, frühere Operationen oder Strahlentherapien. Voraufnahmen sollten, falls vorhanden, zum Vergleich genutzt werden.
Ultraschall
Die Ultraschalluntersuchung gilt als initiales Verfahren der Wahl bei kleinen Raumforderungen (< 5 cm). Im Ultraschall können benigne Läsionen charakterisiert werden:
- einfache Zysten, Bursa, Synovial- oder Ganglionzysten: rein zystische, gut abgrenzbare Raumforderung ohne solide Komponente, anechogenes Signal mit dorsaler Schallverstärkung und ohne interne Vaskularisierung
- Lipome: homogene, gut abgrenzbare, oft abgekapselte und komprimierbare Raumforderung. Dabei klinisch stabil (mindestens 6 Monate) und < 10 cm.
- Fremdkörpergranulome: bei passender Anamnese
- superfizielle Fibromatose (palmare und plantare Fibromatose, infantile digitale Fibromatose)
- Muskelhernie
- Morton-Neurom
Weitere Läsionen, die häufig mittels Ultraschall diagnostiziert werden können, sind Aneurysmen und Muskelverletzungen. In Zweifelsfällen sollte eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden. Kleine, oberflächliche Weichteiltumore, die vermutlich benigne sind oder die mittels Ultraschall diagnostiziert wurden, jedoch ein Wachstum im Verlauf zeigen, müssen biopsiert werden.
Folgende Punkte sollten bei der Befundung und Beurteilung berücksichtigt werden:
- anatomische Lokalisation: Beziehung zu Faszien und Kompartimenten, intra- oder intermuskuläre Lage und die Beziehung zu bzw. Infiltration von Gefäßen oder Nerven sowie, wenn möglich, Gelenke und/oder Knochen oder andere wichtige angrenzende Strukturen.
- Größe in drei Dimensionen
- Morphologie: Grenzen/Ränder und Form, Einschätzung des Wachstumsmuster (infiltrativ, expansiv), Vorhandensein einer (Pseudo-)Kapsel (falls Beurteilung möglich). Zystische oder solide, intraläsionale Echotextur, Vaskularisation, Giovagnorio-Klassifikation, Nekrosen, Blutungen, vermutete Mineralisierung der Tumormatrix
- Bedenken in Bezug auf die Erreichbarkeit des Tumors durch Ultraschall hinsichtlich einer definitiven Diagnose oder der Bewertung der lokalen Ausdehnung.
- ggf. Empfehlung einer nachfolgenden Bildgebung
- ggf. Änderung gegenüber einer Voruntersuchung
Magnetresonanztomographie
Die MRT ist die Methode der Wahl zur Charakterisierung und für das lokale Staging von muskuloskelettalen Weichteiltumoren mit unklarem Ultraschallbefund sowie für große Tumore > 5 cm. Liegt bereits intial der Verdacht auf ein Malignom vor, ist die Raumforderung eher tiefer gelegen oder schnell wachsend oder wird von einer ossären oder artikulären Beteiligung ausgegangen, sollte direkt ein MRT erfolgen. Folgende Läsionen können relativ sicher mittels MRT charakterisiert werden:
- anatomische Varianten, vaskuläre Malformationen
- Ganglionzysten, Baker-Zysten, Bursitis
- Lipome, periphere Nervenscheidentumore (Neurofibrome, Schwannome), PVNS
- Hämatome, Muskelverletzungen, Myositis ossificans, Aneurysmen
Bei der Auswahl des MRT-Protokolls sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Größe des Tumors in 3 Dimensionen
- Axiale Sequenzen mit hoher räumlicher Auflösung
- Zwingend notwendig sind T1w- und flüssigkeitssensitive, fettgesättigte Sequenzen parallel zur langen Achse des Tumors.
- Dixon-Sequenzen können hilfreich sein.
- Axiale T2w-Sequenzen ohne Fettsättigung können weitere Informationen zur Tumormatrix liefern.
- Eine Diffusionsbildgebung (DWI/ADC) kann hilfreich sein.
- Die Gabe von Kontrastmittel und die Anfertigung von dynamischen Kontrastmittelsequenzen (DCE) hilft bei der Differenzierung von benignen zu malignen Weichteiltumoren. Des Weiteren sind sie nützlich bei der Auswahl des geeigneten Biopsieareals.
Bei der Befundung sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Lokalisation und dreidimensionale Größe, MR-Morphologie, Form, Rand, Beziehung zur Faszie
- Intra- und extrakompartimentell, Beziehung zu angrenzenden Strukturen (Gefäße, Nerven, Gelenke) und umgebende Gewebeveränderungen
- Abstand zu externen Orientierungspunkten, Satellitenherde, lokoregionäre Lymphknoten und andere Gewebeveränderungen
- Bewertung der Bildqualität
- ggf. Änderung gegenüber einer Voruntersuchung
Röntgenuntersuchung
Konventionelle Röntgenuntersuchungen können komplementär zur Identifizierung und Charakterisierung von intraläsionalen Mineralisationsmustern und möglicher ossärer Beteiligung des Weichteiltumors eingesetzt werden. Dabei sollten initial mindestens 2 Projektionsebenen angefertigt werden.
Bei der Befundung sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- charakteristische Verkalkungsmuster, Knochendestruktion, Weichteilschwellung
- ggf. Dichte, Länge, weitere Merkmale für Differentialdiagnosen
- ggf. Überlagerungsartefakte und Empfehlung zur CT
Computertomographie
In Regionen mit komplexer Anatomie (z.B. Kopf-Hals-Region, Thorax, Becken) sollte die CT gegenüber der Röntgenuntersuchung bevorzugt werden. Führen metallische Strukturen zu Artefakten in der MRT, kann die CT sinnvoll sein. Eine Dual-Energy-CT (DECT) kann in der Evaluation von Weichteilverkalkungen helfen. In der Regel ist eine native Bildgebung ausreichend. Dient das CT anstelle der MRT dem Lokalstaging, sollte Kontrastmittel gegeben werden.
Bei der Befundung sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Größe/Ausdehnung: Lage, längster Durchmesser, Knochenbeteiligung (Kortikalis, Knochenmark) mit Zerstörung, Invasion, Druck-/Arrosion, Umbau oder Sklerose
- Morphologie: Dichte, Mineralisationsmuster (inklusive Phlebolithen, Ossifikationen, osteoblastisch, chondroid, dystroph) und Organisation (verstreut, peripher, zentral), Ausmaß und Muster der Vaskularisierung und Kontrastmittelenhancement, Nekrosen
- Rand und Umgebungsreaktionen wie Stranding, Inflammation, freie Flüssigkeit oder Luft, Obstruktion von angrenzenden Strukturen
- bei retroperitonealen Liposarkomen: Asymmetrie in Volumen und Ausdehnung des retroperitonealen Fettgewebes
Weitere Verfahren
Die Knochenszintigraphie spielt keine Rolle im Lokalstaging von Weichteiltumoren. Die PET-MRT oder die MR-Spektroskopie werden nicht routinemäßig eingesetzt.
Tumor-Referenzzentrum
Bei großen (> 5 cm), unklaren oder wahrscheinlich malignen Tumoren sowie uneindeutiger Bildgebung sollte in einem Tumor-Referenzzentrum eine Zweitmeinung eingeholt oder der Patient in ein entsprechendes Tumorzentrum überwiesen werden. Bei Verdacht auf ein Sarkom sollte dies vor Biopsie oder chirurgischem Eingriff erfolgen.
Literatur
- Noebauer-Huhmann IM et al. Soft tissue tumor imaging in adults: European Society of Musculoskeletal Radiology-Guidelines 2023-overview, and primary local imaging: how and where? Eur Radiol. 2023
um diese Funktion zu nutzen.