Dual-Energy-CT
Synonym: Spektral-CT
Englisch: dual energy ct
Definition
Die Dual-Energy-CT, kurz DECT, ist eine Form der Computertomographie (CT), bei der die untersuchte Körperregion simultan mit unterschiedlicher Röhrenspannung dargestellt wird. Anhand der spannungsspezifischen Unterschiede des Absorptionsverhalten kann eine verbesserte Differenzierung unterschiedlicher Gewebetypen erreicht werden.
Technik
CT-Scanner, die zur Dual-Energie-Erfassung fähig sind, können in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden:
- Emissionsbasierte Techniken ("source-based")
- Detektorbasierte Techniken ("detector-based")
Emissionsbasierte Techniken
Bei der emissionsbasierten Technik unterscheidet man drei Methoden, mit der eine Dual-Energy-Bildgebung erreicht werden kann:
- Dual-Source-Scanner: Sie nutzen Röntgenstrahlen mit unterschiedlichen Energiespektren, indem zwei unabhängige Röntgenröhren verwendet werden und jede Röhre mit einer anderen Röhrenspannung arbeitet (Dual-Source-CT). Beispiel: Somatom Force oder Somatom Definition Flash von Siemens Healthineers.
- Single-Source-CT mit schnellem Spannungswechsel: Eine einzelne Röntgenröhre schaltet sehr schnell zwischen niedrigen und hohen Spannungen um. Beispiel: Discovery CT750 HD von GE Healthcare.
- Single-Source-CT ohne schnellen Spannungswechsel (selten): Die Röhrenspannung wird zwischen aufeinanderfolgenden Gantry-Rotationen in einen axialen oder spiralförmigen Modus umgeschaltet. Beispiel: Aquilion One von Canon Medical Systems.
Detektorbasierte Techniken
Bei dem Detektor-basierten Ansatz erfolgt eine Energieseparierung durch den Röntgendetektor: Signale von niederenergetischen Röntgenphotonen werden von den hochenergetischen getrennt. Diese Trennung gelingt durch:
- Single-Source-CT mit zweischichtigem energieintegrierenden Detektor (Dual-Layer-Detektor): Die nieder- und hochenergetischen Photonen können aus einem einzelnen polychromatischen Röntgenstrahl gleichzeitig getrennt werden. Der Detektor besteht aus zwei Materialien mit unterschiedlichen Röntgenschwächungseigenschaften (Yttrium-basiertes Granat und Gadoliniumoxysulfid). Beispiel: IQon Spectral CT von Philips Healthcare.
- Single-Source-CT mit Split-Filter: Direkt vor der Röntgenröhre sind Filter aus Gold und Zinn in Längsrichtung nebeneinander angeordnet, um eine spektrale Trennung eines polychromatischen Röntgenstrahls zu erreichen. Beispiel: TwinBeam Dual-Energy-Technologie im Somatom Edge von Siemens Healthineers.
- Photon-Counting-CT: Der Detektor kann die Energien einzelner Photonen direkt aus einem polychromatischen Röntgenstrahl auflösen. Die Photonen können in eine Reihe voreingestellter Energieschwellenwerte kategorisiert werden ("Multi-Energy"). Außerdem können die Energieschwellenwerte auf Werte eingestellt werden, die über dem elektrischen Rauschen des Systems liegen, sodass das Rauschen eliminiert wird. Photon-Counting-Scanner befinden sich aktuell in klinischer Erprobung und sind noch (2023) Gegenstand der Forschung. Beispiel: Naeotom alpha von Siemens Healthineers.
Bildrekonstruktion
Mittels herstellerspezifischer Material-Zerlegungsalgorithmen lassen sich Materialdichtekarten erstellen, die selektiv Materialien anzeigen bzw. entfernen. Beispiele sind
- Jodkarten
- virtuelle nicht-kontrastmittelgestützte bzw. native CT-Bilder (VNC): selektive Unterdrückung von Jod
- virtuelle nicht-kalziumhaltige CT-Bilder (VNCa): selektive Unterdrückung von Kalzium
Weiterhin lassen sich virtuelle monochromatische Bilder (VMI) erzeugen. Die Röntgenenergie wird in Kiloelektronenvolt (keV) statt in kVp gemessen, wobei das VMI-Spektrum zwischen 40 bis 200 keV liegt. Rekonstruierte Bilddaten mit 75 bis 77 keV sind vergleichbar mit Bilddaten eines polychromatischen Röntgenstrahls mit 120 kVp. Niedrigenergetische VMI-Bilder (40 bis 60 keV) führen zu einer Verstärkung des Jodkontrastes innerhalb des Bildes. Dadurch lassen sich beispielsweise hypervaskularisierte Metastasen besser detektieren. Bei hochenergetischen VMC-Bildern (170 bis 200 keV) können Artefakte durch Fremdmaterial, wie z. B. Zahnersatz oder Gelenkprothesen, verringert werden.
Anwendungen
Durch die Erfassung zweier verschiedener Energiespektren zeigen Strukturen mit einer ähnlichen Dichte und unterschiedlicher Zusammensetzung eine unterschiedliche Photonenabsorption und können so voneinander differenziert werden. Diese materialspezifische Bildgebung erlaubt z. B. die selektive Darstellung und Quantifizierung des intravenös applizierten Jods.
Die DECT wird u.a. eingesetzt zur
- Differenzierung von Nieren- oder Gallensteinen
- Differenzierung koronarer Plaques und funktionelle Beurteilung Myokardperfusion
- Erstellung "virtueller" Nativbilder trotz Gabe von Kontrastmittel
- Darstellung von Uratkristallen bei Gicht
- Darstellung der Lungenperfusion (z.B. bei Lungenarterienembolie und CTEPH)
- Visualisierung von Knochenmarködemen
- Onkologische Radiologie: Detektion und Charakterisierung maligner Läsionen, Charakterisierung der Vaskularisation von Läsionen, Detektion von Knochenmarkbefall, Differenzierung zwischen einer eingebluteten oder proteinreichen Zyste und einer soliden hepatischen oder renalen Raumforderung, Imaging Biomarkers für Beurteilung der Tumorvitalität (z.B. Kontrastmittelaufnahme) und eines Pseudoprogresses.
Literatur
- So A, Nicolaou S. Spectral Computed Tomography: Fundamental Principles and Recent Developments. Korean J Radiol. 2021