Thrombopoietin
Synonyme: Thrombopoetin, Megakaryozytenwachstumsfaktor, Meg-CSF
Englisch: thrombopoietin, megakaryocyte growth and developement factor, MGDF
Definition
Thrombopoietin, kurz TPO, ist ein hormonell aktives Glykoprotein, das zu den Zytokinen gezählt wird. Es stimuliert im menschlichen Knochenmark die Bildung und Differenzierung der Megakaryozyten, aus denen die Blutplättchen (Thrombozyten) entstehen.
Biochemie
Thrombopoetin ist ein Peptidhormon, das aus 332 Aminosäuren besteht. Verglichen mit anderen Zytokinen ist es relativ lang. Die N-terminale Domäne besitzt eine große Ählichkeit mit Erythropoietin. Sie wird deshalb auch als "EPO-Domäne" bezeichnet. Das Polypeptid weist insgesamt eine starke Glykosylierung auf und besitzt ein Molekulargewicht von etwa 70 kDa. Es existieren drei Konstitutionsisomere.
Genetik
Das für Thrombopoetin kodierende Gen (THPO-Gen) befindet sich auf Chromosom 3 im Bereich von Genlocus q26.3–27 auf dem langen Arm des Chromosoms. Mutationen dieses Gens können zu einer Leukämie führen. Auch Fälle einer angeborenen Thrombozytose sind durch den Gendefekt bekannt. Die bekannteste Folge einer Mutation des THPO-Gens ist eine essentielle Thrombozythämie.
Physiologie
Thrombopoietin wird in der Leber und der Niere, sowie in der quergestreiften Muskulatur und in den Stromazellen des Knochenmarks gebildet. Es nimmt an verschiedenen Stellen Einfluss auf den Ablauf der Hämatopoese, wobei der Einfluss auf die Differenzierung der Megakaryozyten und die Thrombozytopoese am stärksten ausgeprägt ist. Die Wirkung von Thrombopoietin wird dabei über den Thrombopoietin-Rezeptor (CD110) in der Zellmembran der Megakaryozyten vermittelt. Die genauen Abläufe sind noch nicht vollständig erforscht.
Der hormonelle Regelkreis des Thrombopoietin unterscheidet sich von dem der meisten anderen Hormone. Er wird im Wesentlichen von der Anzahl der verfügbaren Rezeptoren gesteuert. Nach erfolgreicher Thrombozytopoese wird das Thrombopoeitin auch von CD110 auf der Thrombozyten-Oberfläche gebunden - dadurch steht weniger Hormon zur Aktivierung der Megakaryozyten zur Verfügung.
Diagnostik
Der Thrombopoetin-Spiegel ist im Blut messbar. Dabei ist dieser Gehalt durch o.g. Regulationsmechanismen umgekehrt proportional zur Anzahl an Thrombozyten. Ein hoher Anteil an Blutplättchen bedingt einen niedrigen Spiegel des Hormons.
Pathophysiologie
Der Pegel an freiem Thrombopoetin kann unter bestimmten pathologischen Gegebenheiten erniedrigt oder auch erhöht sein. Dies ist insbesondere der Fall bei:
- Infektionen
- Leberversagen bzw. bestimmte Lebererkrankungen
- Entzündungen
- Störungen der Hämatopoese als Folge von Knochenmarkserkrankungen
Klinik
Im Gegensatz zum Erythropoietin wird rekombinantes Thrombopoietin (rhTPO) zur Zeit (2022) noch nicht therapeutisch eingesetzt. Nach Chemotherapie-induzierter Thrombozytopenie zeigte rhTPO keinen signifikanten Effekt. Der Einsatz bei angeborenen Thrombozytopenien ist Gegenstand intensiver klinischer Forschung.
Es gibt drei als Arzneimittel zugelassene Thrombopoietin-Rezeptor-Agonisten, Eltrombopag, Romiplostim und Lusutrombopag, die unter anderem zur Therapie der Immunthrombozytopenie (ITP) eingesetzt werden.