Maul- und Klauenseuche (Schwein)
Synonyme: MKS, Aphthenseuche
Englisch: foot-and-mouth disease
Definition
Als Maul- und Klauenseuche, kurz MKS, bezeichnet man eine hochkontagiöse, akut fieberhafte Virusinfektion der Schweine. Sie ist eine Anthropozoonose, die als anzeigepflichtige Tierseuche gelistet ist.
Erreger
Die Maul- und Klauenseuche wir durch das Maul-und-Klauenseuche-Virus (MKS-Virus) aus der Gattung Aphthovirus innerhalb der Familie der Picornaviridae. Apthoviren sind unbehüllt, sphärisch und messen 30 nm im Durchmesser. Die RNA ist einzelsträngig, 8 kb groß und weist eine positive Polarität auf. Das Kapsid ist aus Protomeren aufgebaut, die aus vier Polypeptiden bestehen: VP1, VP2, VP3 und VP4.
Das Maul-und-Klauenseuche-Virus kommt in 7 Serotypen vor (O, A, C, SAT1 bis 3 und Asia I), zwischen denen eine immunologische Kreuzreaktion, aber keine Kreuzimmunität besteht.
Das Maul-und-Klauenseuche-Virus besitzt eine relativ hohe Tenazität in Geweben (Epithelien, Aphthen, Organen). Durch Austrocknung, Kälte oder hohe Salzkonzentrationen wird die Infektiosität des Virus nicht beeinflusst. Bei Temperaturen von 20 °C ist das Virus über Jahre hinweg aktiv. Eine Inaktivierung erfolgt erst ab Temperaturen von 50 °C.
Epidemiologie
Das Maul-und-Klauenseuche-Virus ist weltweit verbreitet und aufgrund der hohen Kontagiosität gefürchtet. Das Rind stellt die wichtigste Ansteckungsquelle dar, wohingegen Schweine, Schafe und Ziegen epidemiologisch eine eher untergeordnete Rolle spielen. In seltenen Fällen kommt es zu endemischen Ausbrüchen bei Schweinen, sodass diese eine ebenso gefährliche Infektionsquelle wie Rinder darstellen und innerhalb der Infektionskette ganz in den Vordergrund treten.
Das an Schweine adaptierte Virus ist in der Regel weniger virulent für das Rind. Untersuchungen zeigten jedoch, dass sich das Maul-und-Klauenseuche-Virus in seiner Virulenz durch Wechselpassagen zwischen Rind und Schwein steigern lässt.
Die Virusübertragung und Seuchenverschleppung erfolgt einerseits direkt, andererseits indirekt. Die direkte Weitergabe ist durch Tier-Tier-Kontakt im Stall, auf der Weide, auf Viehmärkten und Viehtransporten möglich. Die Verschleppung wird dadurch begünstigt, dass der Erreger von infizierten und erkrankten Tieren mit dem Speichel und der Milch in großen Mengen ausgeschieden wird. Harn und Kot sind zwar virushaltig, besitzen aber epitozootiologisch eine nur untergeordnete Bedeutung. Beim Schwein sind bis zum 5. Krankheitstag Speichel und Nasensekret infektiös - ab dem 6. Krankheitstag sind diese Sekrete und Exkrete virusfrei. Über kurze Entfernungen sind auch aerogene Infektionen ("airborne disease") möglich.
Die indirekte Virusübertragung durch belebte und unbelebte Vektoren nimmt eine wichtige Stellung in der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche ein. Der Mensch stellt die wichtigste Verschleppungsquelle dar. Über kürzere Distanzen können aber auch Insekten, Wildtiere, kleine Nager, Vögel und streunende Hunde und Katzen als Vektoren fungieren. Durch Fleisch und Schlachtprodukte von Tieren, die sich zum Zeitpunkt der Schlachtung in der Virämiephase befanden, kann das Virus ebenso verschleppt werden. Wasser, Boden, Schlamm und Schmutz aller Art sowie Staub, Geschirr und Gegenstände des täglichen Lebens stellen eine weitere Möglichkeit der Virusübertragung dar.
Pathogenese
Die Maul- und Klauenseuche ist eine zyklische Infektionskrankheit, in deren Verlauf sich der Erreger über die Blutbahn im gesamten Organismus ausbreitet, um sich dann in den Manifestationsorganen anzusiedeln und zu vermehren. Eine Infektion mit dem Maul- und Klauenseuche-Virus erfolgt meist über den Respirationstrakt durch Inhalation von Viren über Aerosole (Tröpfcheninfektion).
Die primäre Vermehrung der Viren findet im oberen Atem- und Verdauungstrakt statt - es kommt zur Ausbildung von sogenannten Primäraphthen, die in den meisten Fällen unbemerkt bleiben. Vom primären Vermehrungsort aus gelangt das Virus hämatogen in das lymphoretikuläre System als primär affines Organsystem. Findet eine starke Virusvermehrung in diesen Organen statt, kommt es zu einer generalisierten Virämie mit Ausbildung von Sekundäraphthen. Die Virämie dauert etwa vier Tage und geht mit unterschiedlichen pathologischen Veränderungen einher. Je nach Tropismus kommt es zur Aphthenbildung am gesamten Körper und einer Schädigung der Herzmuskelzellen.
Klinik
Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 12 Tagen tritt hohes Fieber (bis zu 41 °C) auf. Es kommt zur Ausbildung von stecknadelkopf- bis erbsengroßen Aphthen und Erosionen auf sämtlichen Schleimhäuten (Rüsselscheibe, Maulschleimhaut, Zunge, Gaumen) sowie auf unbehaarten Hautarealen (Zwischenklauenspalt, Kronsaum, Sohlenballen, Gesäuge).
Beim Schwein stehen vor allem die Aphthen an den Klauen und den angrenzenden Hautarealen im Vordergrund. Aufgrund der schmerzhaften Entzündungen treten vermehrt Lahmheiten und in extremen Fällen auch Exungulationen (Ausschuhen) auf.
Die Erkrankung verläuft in der Regel günstig und geht mit einer Heilung der Mundschleimhaut (nach 8 bis 11 Tagen) und Klauen (nach 14 bis 30 Tagen) im Sinne einer restitutio ad integrum einher. Die Letalität beträgt in der Regel zwischen 2 und 5 % - kann aber bei bösartigen Verläufen auch zwischen 50 und 70 % liegen.
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose wird anhand der typischen Klinik (akute Lahmheiten, Aphthen der Mundschleimhaut und Zwischenklauenspalten) gestellt. Eine zur weiterführenden Diagnostik durchgeführte Probenentnahme (Aphthenflüssigkeit, Schleimhaut- und Nasentupferproben, Blut) darf nur durch den amtlichen Tierarzt erfolgen und muss in Österreich durch die AGES labortechnisch bestätigt werden.
Der Erregernachweis kann entweder direkt durch den Nachweis von viralen Antigenen (ELISA) oder durch die Sequenzierung der Nukleinsäure (PCR) oder indirekt durch den Antikörpernachweis (ELISA, Neutralisationstest) erfolgen.
Differenzialdiagnosen
Therapie
Als anzeigepflichtige Tierseuche darf die Maul- und Klauenseuche der Schweine nicht therapiert werden. Es ist eine Keulung des gesamten Bestandes notwendig.
Rechtliches
Die Maul- und Klauenseuche ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, die bei Verdacht unverzüglich dem amtlichen Tierarzt und der zuständigen Behörde gemeldet werden muss. Die genaue Vorgehensweise ist in Österreich unter § 31 (1) bis (5) des Tierseuchengesetzes (TSG, RGBl. Nr. 177/1909) geregelt.
Literatur
- Mayr, Anton, Rolle, Michael. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2007.
- Skript Virologie für die Module Tierseuchen, Verdauung, Respiration + Kreislauf, ZNS, Reproduktion. Für Studierende der Veterinärmedizin. Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Universität Wien. Stand 1/2017.
Quellen
- Aphthovirus, ViralZone (abgerufen am 22.06.2019)
- Maul- und Klauenseuche, AGES (abgerufen am 22.06.2019)
- The European Commission for the Control of Foot-and-Mouth Disease (EuFMD) (abgerufen am 22.06.2019)
- Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Tierseuchengesetz, Fassung vom 22.06.2019 (abgerufen am 22.06.2019)
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