Pertussis
Synonyme: Keuchhusten, Stickhusten, Tussis convulsiva
Englisch: whooping cough
Definition
Pertussis ist eine hoch ansteckende Infektionskrankheit, die meist durch das Bakterium Bordetella pertussis ausgelöst wird.
Erreger
Der häufigste Erreger von Pertussis ist das Bakterium Bordetella pertussis. Seltener wird die Krankheit durch Bordetella parapertussis oder Bordetella holmesii ausgelöst.
Pathogenese
Bordetella pertussi bildet eine Vielzahl an Toxinen und Virulenzfaktoren, wie z.B. Pertussis-Toxin (PT), filamentöses Hämagglutinin (FHA), Trachea-Zytotoxin (TCT), Pertactin, hitzelabiles Toxin und Adenylatzyklase-Hämolysin.
Das Pertussis-Toxin katalysiert die ADP-Ribosylierung von inhibitorischen G-Proteinen. Dadurch wird die Hemmung der Adenylatzyklase aufgehoben, was zu einem Anstieg des cAMP-Spiegels führt und die Signaltransduktion der Zelle stört.
Symptome
Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 20 Tagen beginnt die Erkrankung in der Regel mit typischen Erkältungssymptomen wie Husten, Schnupfen und leichtem Fieber. Diese Symptome können bis zu 2 Wochen andauern (Stadium catarrhale). In diesem Stadium ist der Patient trotz einer überwiegend milden Symptomatik hochinfektiös. Im Anschluss an das Stadium catarrhale entwickelt sich ein immer schwerer werdender Husten (Stadium convulsivum). Das voll entwickelte Krankheitsbild wird insbesondere durch das Pertussis-Toxin hervorgerufen und ist durch die typischen Hustenanfälle geprägt.
Es kommt zu heftigen stakkatoartigen Hustenstößen mit herausgestreckter Zunge in Salven von 15-20. Dabei wird ein zäher, glasiger Schleim herausgewürgt. Diagnostisch wichtig sind auch die inspiratorisch hörbaren keuchenden Geräusche. Eine Zyanose ist oft sichtbar, die durch die anhaltende Luftnot entsteht. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Stimmlippenkrampf kommen, was zur Apnoe führt. Die Hustenattacken können bis zum Erbrechen führen und - vor allem bei Erwachsenen - auch nach Abklingen der Infektion noch mehrere Wochen anhalten (Stadium decrementi).
Das Krankheitsbild bei einer Infektion mit Bordetella parapertussis oder Bordetella holmesii ist meist leichter und der Verlauf der Erkrankung kürzer.
Diagnostik
Neben der Klinik mit einer passenden Anamnese (Impfstatus, Kontaktperson, typische Symptomatik) besteht die Diagnostik bei Verdacht auf eine Pertussis-Erkrankung hauptsächlich aus labormedizinischen Untersuchungen.
Blutbild
Im Blutbild findet man eine absolute Lymphozytose mit einer Zellzahl von 20.000 oder mehr. Bei Kindern mit leichten Verlaufsfällen kann die Lymphozytose fehlen.
Erregernachweis
Der direkte Erregernachweis (Kultur, PCR) gelingt insbesondere in den ersten 2 Wochen nach Krankheitsbeginn (Stadium catarrhale) und kurz danach. Erst im anschließenden Stadium convulsivum lassen sich als indirekter Erregernachweis spezifische Antikörper gegen Bordetella pertussis serologisch nachweisen.
Kultur
Beweisend ist die Anzüchtung von Bordetella pertussis aus dem Rachenabstrich in der Kultur. Während die Spezifität des Kulturnachweises bei 100% liegt, wird die Sensitivität mit maximal 30-60% angegeben - oft liegt sie deutlich darunter. Die Anzüchtung von Bordetella pertussis dauert in der Regel 3-5 Tage und ist deshalb für das weitere therapeutische Vorgehen selten relevant.
Pertussis-PCR
Die Pertussis-PCR wird zunehmend als Ersatz des Kulturnachweises empfohlen. Die Sensitivität liegt zwischen 90 und 95%. Die Nachweisgrenze wird mit 10-100 koloniebildenden Einheiten/Tupfer angegeben. Die DNA wird aus Nasopharyngealabstrichen oder Sekretproben aus anderen Atemwegsabschnitten gewonnen. Da durch Kreuzreaktionen oder Kontamination falsch positive Befunde auftreten können, benötigt der Test allerdings ein entsprechend qualifiziertes Labor.
Serologie
Die Serologie kann bei Pertussis widersprüchliche Ergebnisse erbringen und ist - auch wenn sie positiv ausfällt - nicht beweisend. Bei der Serumdiagnostik werden ELISA- und Western-Blot-Tests kombiniert. Deutlich erhöhte Titer im IgM-ELISA (> 14 U/ml) bzw. im IgG-ELISA (> 30 U/ml) weisen auf eine frische Infektion hin. Sie können aber auch durch eine Impfung bedingt sein. Bei nicht geimpften Kindern kann zusätzlich ein IgA-ELISA durchgeführt werden. Nach einer Impfung werden keine IgA-Antikörper mehr gebildet.
Im Western-Blot lassen sich zusätzlich IgG- und IgA-Antikörper gegen das filamentöse Hämagglutinin und das Pertussis-Toxin nachweisen. Antikörper gegen PT sind erst im Stadium convulsivum nachweisbar. Deutlich erhöhte Titer von Antikörpern gegen das Pertussis-Toxin (IgG-PT > 100 U/ml) weisen auf eine frische Infektion hin.
Differentialdiagnose
- Pertussis-Syndrom durch Adenovirusinfektion
- andere Atemwegsinfekte
Therapie
Die Behandlung erfordert - vor allem bei Kindern und Patienten mit schwerer Symptomatik - häufig einen stationären Aufenthalt. Die Therapie der Wahl ist die Antibiotikagabe, in der Regel Erythromycin (40-50 mg/kg KG über 14 Tage). Als Alternative kommt die Therapie mit neueren Makrolidantibiotika wie Azithromycin (10-12mg/kg KG) oder Clarithromycin (15-20 mg/kg KG) in Frage.
Komplikationen
Die häufigsten Komplikationen sind Pneumonien (15-20 %) und Otitis media, die durch eine Sekundärinfektion mit Haemophilus influenzae oder Pneumokokken verursacht werden. Sekundärinfektionen lassen sich an einem Fieberanstieg und Anstieg der Entzündungsparameter im Blut (BSG, CRP und Leukozytenzahl) erkennen. Außerdem kann es zur Aspirationspneumonie und zum Pneumothorax kommen. Auch Krampfanfälle sind mit etwa zwei bis vier Prozent eine nicht ungewöhnliche Komplikation.
Durch den Stakkatohusten kann es zu Ruptur von Konjunktivalgefäßen (Hyposphagma), Petechien und Hernien kommen.
Prävention
Keuchhusten kann durch eine rechtzeitige Impfung verhindert oder der Krankheitsverlauf deutlich abgemildert werden. Eine bereits durchgestandene Infektion führt nicht zu einer lebenslangen Immunität. Bei entsprechender Symptomatik ist es also auch bei geimpften und zuvor bereits erkrankten Personen ratsam, auf eine Infektion mit Bordetella pertussis zu testen.
Die Grundimmunisierung besteht aus 3 Impfungen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten. Ein monovalenter Impfstoff steht in Deutschland nicht zur Verfügung. Daher erfolgt die Impfung gewöhnlich mit einem Kombinationsimpfstoff, der z.B. gleichzeitig gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B schützt (DTaP-IPV-Hib-HepB). Bei Frühgeborene sind 4 Dosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten empfohlen. Zwischen der letzten und vorletzten Dosis ist ein Mindestabstand von 6 Monaten einzuhalten.
Nach der Grundimmunisierung liegt laut Robert-Koch-Institut bei über 80 % ein Immunschutz vor. Sie führt jedoch nicht zu einer dauerhaften Immunisierung. Im Durchschnitt können Antikörper bis etwa 5 Jahre nach der Impfung nachgewiesen werden.[1][2] Eine Auffrischimpfung wird im Alter von 5-6 Jahren und 9-16 Jahren empfohlen. Sowohl für die Auffrischimpfungen als auch für eine nachzuholende Grundimmunsierung sind ab dem 5. Lebensjahr Impfstoffe mit reduziertem Pertussis-Antigengehalt zu verwenden. Sie werden mit "ap" (statt "aP") abgekürzt.
Erwachsene sollten die nächste fällige Tetanus-Diphtherie-Impfung (alle 10 Jahre) einmalig als Tdap-, ggf. sogar als Tdap-IPV-Kombinationsimpfung erhalten. Weiterhin wird der Tdap-Kombinationsimpfstoff im Sinne einer Indikationsimpfung für Schwangere ab dem 3. Trimenon empfohlen. Bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt sollte die Impfung bereits im 2. Trimenon erfolgen. Dadurch soll eine Erkrankung beim Neugeborenen und Säugling verhindert werden.
Im Zusammenhang mit Pertussis-Häufungen kann auch bei vollständig geimpften Kindern mit engem Kontakt zu Erkrankten im Haushalt oder in Gemeinschaftseinrichtungen eine Impfung erwogen werden, wenn die letzte Impfung länger als 5 Jahre zurückliegt.
Quellen
- ↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 31 2009 Robert Koch Institut
- ↑ FAQ Pertussis-Impfung Robert Koch Institut
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