ADP-Ribosylierung
Definition
Die ADP-Ribosylierung beschreibt die Übertragung einer oder mehrerer ADP-Ribosylgruppen auf ein Protein durch ADP-Ribosyltransferasen. Diese reversible posttranslationalen Modifikation ist in viele zelluläre Vorgänge involviert und spielt eine Rolle bei der Wirkung einiger mikrobieller Toxine.
Funktion
Die physiologischen Funktionen des Mechanismus sind vielfältig. U.a. ist er an der Reparatur von DNA-Schäden (Strangbrüche) beteiligt. Dabei wirken sogenannte Poly-ADP-Ribose-Polymerasen (PARPs) als "Auflockerer" der Chromatinstruktur, sodass die gängigen DNA-Reparatur-Mechanismen eingreifen können. Wenn dies nicht gelingt, können PARPs auf noch unbekannte Weise die Apoptose initiieren.
Durch die Regulation der DNA-Kondensierung haben sie ebenfalls regulatorische Funktionen bei der Genexpression auf Ebene der Transkription. Eine weitere Funktion ist die Modulation von Signalkaskaden, z.B. bei Signaltransduktionen und Stressantworten v.a. im ER. Durch Markierung bestimmter Proteine wird außerdem deren Aktivität reguliert, bspw. die des Proteasoms.
Mechanismus
Der ADP-Ribsoylrest des Coenzyms NAD+ (Nicotinamidadenindinukleotid) wird mittels einer ADP-Ribosyltransferase auf Aminosäurereste übertragen, dabei wird Nicotinamid freigesetzt. Man unterscheidet Mono-Ribosylierungen, die nur an Glutamat, Aspartat und Lysin stattfinden, und Poly-ADP-Ribosylierungen, bei denen - je nach Funktion - bis zu 400 ADP-Ribosen auf spezifische Aminosäurereste übertragen werden.
Durch das Enzyme PARG kann die Zelle ADP-Ribosylierungen von Proteinen entfernen.
Klinik
Erkrankungen
Die Mono-ADP-Ribosylierung ist mit verschiedenen Pathologien assoziiert, dazu gehören Entzündungen, Diabetes, Neurodegenerationen und Krebs.
Toxine
Eine Reihe von bakteriellen Toxinen markieren bestimmte Eukaryotenzellen mittels ADP-Ribosylierung und führen dadurch zu den jeweiligen Pathologien. Beispiele sind u.a.:
- Choleratoxin: Das enzymatisch wirkende Enterotoxin von Vibrio cholerae führt zu einer Daueraktivierung von stimulierenden Gs-Proteinen durch die ADP-Ribosylierung der α-Untereinheit. Es kommt zu einem Anstieg der intrazellulären cAMP-Konzentration. Dies führt – vor allem in Enterozyten – zu einer cAMP-vermittelten Chlorid-Sekretion, die wiederum passiv Wasser mit sich zieht und zu Durchfällen führt. Derselbe Effekt lässt sich bei dem Choleratoxin-ähnlichen Enterotoxin LT von ETEC beobachten.
- Diphtherietoxin: Das Exotoxin von Corynebacterium diphtheriae wirkt als Translationshemmer, indem es als ADP-Ribsoyltransferase den Elongationsfaktor eEF2 ADP-ribosyliert. Die Ribosylierung erfolgt am sogenannten Diphthamid, einem aus Histidin enstehenden Aminosäurerest. Auf diese Weise hemmt das Diphterietoxin die Translation der Zellen, es kommt zum Stop der Proteinsynthese und somit zur Apoptose.
- Exotoxin A: Der Virulenzfaktor des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa hemmt über ADP-Ribosylierung ähnlich dem Diphtherietoxin den Faktor eEF2.
- Pertussistoxin: Das Pertussistoxin (PT) katalysiert die ADP-Ribosylierung von Cysteinresten der α-Untereinheit inhibitorischer G-Proteine. Dadurch werden diese in der inaktiven, GDP-gebundenen Form fixiert. Das Gi-Protein ist so nicht mehr in der Lage, seine eigentliche Funktion, nämlich die Hemmung der Adenylatzyklase, auszuüben. Folge ist eine verstärkt aktive Adenylatzyklase mit Steigerung der cAMP-Spiegel und Aktivierung der Proteinkinase A (PKA).
Quellen
- Li N, Chen J.: ADP-ribosylation: activation, recognition, and removal. Mol Cells. 2014 Jan;37(1):9-16. doi: 10.14348/molcells.2014.2245.
- Bütepage M, Eckei L, Verheugd P, Lüscher B: Intracellular Mono-ADP-Ribosylation in Signaling and Disease. Cells. 2015 Sep 25;4(4):569-95. doi: 10.3390/cells4040569.
- Krueger KM und Barbieri JT: The family of bacterial ADP-ribosylating exotoxins. Clin Microbiol Rev. 1995 Jan; 8(1): 34–47. PMID: 7704894
- Scarpa ES, Fabrizio G, Di Girolamo M: A role of intracellular mono-ADP-ribosylation in cancer biology. FEBS J. 2013 Aug;280(15):3551-62. doi: 10.1111/febs.12290.
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