Elongationsfaktor
Englisch: elongation factor
Definition
Mit dem Begriff Elongationsfaktor beschreibt man in der Biochemie eine Reihe von Proteinen, die an der Proteinbiosynthese beteiligt sind. Ihre Aktivität ist im Rahmen der Translation für die am Ribosom stattfindende Elongation erforderlich - also die Verknüpfung der an tRNAs gebundenen Aminosäuren zu einer Polypeptidkette.
Eukaryotische Elongationsfaktoren
Bedeutung für die Translation
Im Rahmen der Initiation der Translation, die durch die eukaryotischen Initiationsfaktoren vermittelt wird, werden sowohl große als auch kleine ribosomale Untereinheiten im Bereich des Startcodons der abzulesenden mRNA assoziiert. Die tRNA (Aminoacyl-tRNAMeti), die das komplementäre Anticodon führt, bindet an die P-Stelle der kleinen ribosomalen Untereinheit.
Die Peptidylgruppe der Initiations-tRNA wird mithilfe der als Peptidyl-Transferase agierenden ribosomalen Untereinheit auf die Aminosäure, die an eine zweite tRNA gebunden ist, übertragen. Dabei wird eine Peptidbindung zwischen dem Carboxy-Terminus der initialen Aminosäure (Methionin) und dem Amino-Terminus der folgenden Aminosäure geknüpft.
eEF-1 und eEF-2
Die tRNA wird zuvor mithilfe eines weiteren Enzyms - der Aminoacyl-tRNA-Synthetase - ihrem Anticodon entsprechend mit einer Aminosäure beladen. Man spricht im beladenen Zustand von einer Aminoacyl-tRNA. Danach assoziiert der eukaryotische Elongationsfaktor eEF-1, der aus zwei Untereinheiten (α und βγ) besteht, mit der Aminoacyl-tRNA. Während die α-Untereinheit die beladene tRNA zur A-Stelle (A = Aminoacyl-) des Ribosoms navigiert, katalysiert die βγ-Untereinheit den Austausch von GDP mit GTP. Sie dient als Guanosinnucleotidaustauscher, indem sie nach der Hydrolyse des GTP zu GDP und Phosphat das GDP freigibt, so dass wieder GTP gebunden werden kann.
Die Hydrolyse des an eEF-1α gebundenen GTP erfolgt, sobald die mit dem eEF-1 assoziierte Aminoacyl-tRNA an eine mit dem zu ihrem Anticodon passende Basensequenz auf der mRNA in der A-Stelle des Ribosoms zusammengeführt wurde. In der Folge verlässt der eEF-1, sowie die Spaltprodukte der GTP-Hydrolyse - GDP sowie ein Phosphatrest - die in der A-Stelle liegende Aminoacyl-tRNA. Die an sie gebundene Aminosäure ist nun für die Knüpfung einer Peptidbindung mit der in der P-Stelle des Ribosoms befindlichen freigegeben.
Nachdem die Peptidkette um ein weiteres Glied verlängert wurde, rückt das Ribosom um ein Basentriplett auf der mRNA, in 3'-Richtung weiter. Für diese sogenannte Translokation ist ein weiterer eukaryotischer Elongationsfaktor, der eEF-2 wichtig, der ebenfalls Energie aus der Hydrolyse eines GTP nutzt. Bei dieser Translokation des Ribosoms rückt die zuvor in der A-Stelle sitzende tRNA, welche nun mit der gesamten bisher geknüpften Polypeptidkette assoziiert ist, weiter in Richtung P-Stelle (P = Peptidyl-), während die zuvor in der P-Position gelegene, in der Folge der Peptidknüpfung wieder unbeladene tRNA weiter in die E-Stelle (E = Exit) des Ribosoms wandert, aus der sie es dann verlässt.
Prokaryotische Elongationsfaktoren
Die Elongationsfaktoren der Prokaryoten arbeiten prinzipiell nach dem gleichen Schema, besitzen jedoch andere Namen:
- EF-Tu (Tu = thermo unstable) vermittelt ähnlich dem eEF-1 den Eintritt der beladenen tRNA in die freie A-Stelle des Ribosoms.
- EF-Ts (Ts = thermo stable) wirkt als Guaninnucleotidaustauschfaktor (GEF = guanine nucleotide exchange factor) für EF-Tu, das ebenso wie der eEF-1 für seine Tätigkeit auf die Hydrolyse von GTP zurückgreift.
- EF-G entspricht funktionell dem eEF-2, und katalysiert die Translokation des Ribosoms entlang der prokaryotischen mRNA.
Pathologie
Eine wichtige Erkrankung, welche die Elongationsfaktoren betrifft, ist die Diphtherie. Sie wird durch das Toxin des Corynebacterium diphtheriae ausgelöst. Das Toxin bindet an membranständige Wachstumsfaktoren der Plasmamembran von eukaryotischen Zellen, und wird zunächst durch proteolytische Spaltung in zwei Fragmente (ein größeres Fragment B und ein kleineres Fragment A) gespalten. Das enzymatisch aktive Fragment A wird durch rezeptorvermittelte Endocytose in das Zytosol der Zelle aufgenommen und entfaltet dort seine enzymatische Aktivität als ADP-Ribosylase, indem es einen ADP-Ribose-Rest von NAD+ auf Diphtamid überträgt. Dieser Bestandteil des eukaryotischen Elongationsfaktors eEF-2 wird dadurch inaktiviert, sodass die Translation der entsprechenden Zelle zum Stillstand kommt. Die Tatsache, dass es sich bei dem Toxin um ein Enzym handelt, welches kontinuierlich aktiv ist, erklärt den großen Schaden, welchen das Diphtherie-Toxin verursacht.