Insulin-like growth factor 1
Synonyme: IGF-1, Somatomedin C, Sm-C
Deutsch: Insulinartiger Wachstumsfaktor 1
Definition
Insulin-like growth factor 1, kurz IGF-1, ist ein überwiegend in der Leber, aber auch im Fettgewebe hergestelltes Hormon, das dort unter dem Einfluss von Somatotropin (Wachstumshormon) gebildet wird. IGF-1 ist ein wesentlicher Faktor für die Steuerung des Zellwachstums.
siehe auch: Insulin-like growth factor 2
Biochemie
Insulin-like growth factor 1 ist ein Peptidhormon, das im Blut an spezielle Transportproteine gebunden zirkuliert, die IGF-Bindeproteine (besonders IGF-Bindeprotein 3). Nur ca. 1% liegt frei im Plasma vor. Es besitzt homologe Strukturen zu Proinsulin und besteht aus 70 Aminosäuren mit 3 Disulfidbrücken. IGF-1 hat ein Molekulargewicht von 7,5 kD.
Die Beeinflussung des Zellwachstums erfolgt über den membranständigen IGF-1-Rezeptor, der in fast allen Geweben und auf den meisten Zelltypen nachweisbar ist. Insulin und IGF haben beide anabole und proliferative Wirkungen. Die insulinartige Aktivität der IGF wird zum Teil durch die Strukturähnlichkeit des IGF-1-Rezeptors zum Insulin-Rezeptor erklärt. Wie bei den meisten Wachstumsfaktoren und anabolen Hormonen gehört der IGF-Rezeptor zur Klassen der Rezeptortyrosinkinasen.
Adipozyten produzieren IGF-1 und bewirken damit parakrin die Differenzierung von Präadipozyten.
Physiologie
Die Synthese von IGF-1 findet hauptsächlich in der Leber statt. Die Sekretion wird über die Somatotropin-Ausschüttung, die Nahrungsaufnahme, Schilddrüsenhormone sowie adrenale und ovarielle Steroide stimuliert. GHRH und Somatostatin hemmen über die negative Rückkopplung die Ausschüttung von IGF-1.
IGF-1 steuert das Wachstum und die Reifung von verschiedenen Zellen über folgende Mechanismen:
- Es beeinflusst die klonale Expansion und Proliferation der Chondrozyten und die Replikation der Osteoblasten.
- Es fördert die Synthese von Proteoglykanen, Kollagenen und weiteren Matrixproteinen.
- In Verbindung mit Somatotropin sorgt es in der Niere für einen erhöhten Vitamin-D3-Stoffwechsel, hat also Einfluss auf den Calcium- und Phosphatspiegel und damit auf die Mineralisierung der Knochen.
Klinik
Wachstumsfaktoren spielen im Rahmen der autokrinen Sekretion von Mammakarzinomzellen eine wichtige Rolle. Sie sezernieren IGF-1 in großen Mengen und begünstigen als Proliferationsfaktor das weitere Tumorwachstum.
Labordiagnostik
Die Bestimmung des IGF-1-Spiegels gehört zur Diagnostik der Akromegalie. IGF-1 ist dafür gut geeignet, da es im Gegensatz zum Wachstumshormon nicht pulsatil sezerniert wird. Jedoch ist die Bestimmung des IGF-Bindeprotein 3 in vielen Fällen der Bestimmung von IGF-1 und Somatotropin überlegen und macht Stimulationstests oft entbehrlich.
Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereich
Die Konzentration von IGF-1 im Plasma ist abhängig von verschiedenen Faktoren, unter anderem von Alter, Gewicht und Ernährungszustand. Altersabhängige Referenzwerte für die IGF-1-Konzentration im Serum finden sich in der folgenden Tabelle.
Alter | Norm [ng/ml] |
---|---|
2 Monate bis 5 Jahre | 20 bis 250 |
6 bis 9 Jahre | 100 bis 476 |
9 bis 11 Jahre | 110 bis 600 |
11 bis 16 Jahre | 250 bis 1.100 |
bis 55 Jahre | 125 bis 460 |
über 55 Jahre | 70 bis 290 |
Die Referenzbereiche variieren labor- und methodenspezifisch und sollten dem jeweiligen Befundausdruck entnommen werden.
Während des pubertären Wachstumsschubes gibt es ein physiologisches Maximum von IGF-1. Im Erwachsenenalter bleibt der IGF-1-Spiegel weitgehend kostant und fällt im höheren Alter wieder ab. Frauen weisen im Vergleich zu Männern meist einen höheren IGF-Spiegel auf.
Interpretation
Erhöhte Werte
Erhöhte IGF-1-Konzentrationen lassen sich im Rahmen einer Akromegalie bzw. eines hypophysären Gigantismus nachweisen. Da die autonome Somatotropin-Überproduktion fast regelmäßig mit erhöhten IGF-1-Werten einhergeht, ist die Bestimmung der IGF-1-Konzentration neben der Bestimmung von Somatotropin unter Glukosesuppression eine wertvolle diagnostische Ergänzung bei Diagnostik und Verlaufskontrolle. Zudem lassen sich erhöhte IGF-1-Werte bei Adipositas und vor allem im letzten Trimenon der Schwangerschaft nachweisen.
Erniedrigte Werte
Niedrige IGF-1-Spiegel können beispielsweise im Rahmen eines Laron-Syndroms auftreten. Dabei handelt es sich um eine seltene Form des Kleinwuchses, die auf einem genetischen Defekt des Somatotropinrezeptors basiert. Die Somatotropin-Konzentration ist erhöht. Nach exogener Somatotropingabe findet kein Anstieg des IGF-1-Spiegels statt. Erkrankte Kinder profitieren daher in der Regel nicht von einer Somatotropin-Substitution.
Auch bei einem Minderwuchs, der auf einem (wahrscheinlich genetisch bedingten) ineffektiven Somatotropin-Molekül basiert, lassen sich niedrige IGF-1-Spiegel nachweisen. Dabei ist der Somatotropin-Spiegel im Blut normal bis erhöht. Nach exogener Somatotropingabe steigt der IGF-1-Spiegel an.
Weitere Zustände, bei denen niedrige IGF-1-Konzentrationen im Plasma auftreten können, sind:
- Ernährungsstörungen
- Malabsorption
- schlecht eingestellter Diabetes mellitus
- chronisch entzündliche Erkrankungen, besonders Hepatitiden
- Z.n. Trauma
- Malignome
- Hypothyreose
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 06.05.2021