Laron-Syndrom
Synonyme: primäre GH-Insensitivität, primäre GH-Resistenz, GH-Rezeptor-Mangel
Definition
Das Laron-Syndrom ist eine seltene Form des Kleinwuchs, die auf einer verminderten Sensitivität gegenüber Somatotropin beruht.
Epidemiologie
Die Erkrankung ist mit weltweit nur etwa 400 bis 500 dokumentierten Fällen extrem selten. Sie tritt gehäuft in endogamen Populationen auf, insbesondere bei arabisch-jüdischen Familien in Israel und bei indigenen Gruppen in Ecuador (Gründereffekt). Die geschätzte Inzidenz liegt bei unter 1:1.000.000.
Ätiopathogenese
Das Laron-Syndrom wird durch verschiedene homozygote oder compound-heterozygote Mutationen im Gen GHR verursacht, das für den Somatotropin-Rezeptor kodiert. Das mutierte Protein ist nicht oder nur vermindert in der Lage, den Liganden zu binden, wodurch die ausgelösten Signalkaskaden gehemmt werden. In einigen Fällen sind auch postrezeptorspezifische Defekte (z.B. STAT5B‑Mutationen) oder Defekte in der IGF1-Produktion beziehungsweise ihrer Bindung beteiligt.
Pathophysiologie
Die defekte GH-Rezeptorstimulation (über den JAK-STAT-Signalweg) verhindert die hepatische IGF‑1-Produktion sowie jene in peripheren Geweben. Die IGF‑1-Defizienz führt zu:
- Kleinwuchs: meist deutlich unter der 3. Perzentile
- charakteristischen Dysmorphien
- Stammfettsucht
- verzögerter Knochenreifung und Pubertätsverzögerung
Symptome
Das Laron-Syndrom manifestiert sich durch einen ausgeprägten Kleinwuchs, bei dem die Endkörpergröße unbehandelt meist unter 100 cm liegt. Charakteristisch ist eine disproportionale Körperzusammensetzung mit einer Stammfettsucht und relativ kurzen Extremitäten (Mikromelie). Typische faziale Merkmale umfassen eine prominente Stirn, eine Mittelgesichtshypoplasie und schmale Lippen. Bei männlichen Kindern tritt häufig ein Mikropenis auf. Hypoglykämien im Kindesalter sind häufig und werden durch die IGF‑1-abhängige Störung der Glukosehomöostase verursacht. Im weiteren Verlauf kann es zur Entwicklung einer Insulinresistenz kommen, jedoch entwickeln betroffene Patienten bemerkenswerterweise keinen Typ‑2-Diabetes mellitus. Weitere klinische Auffälligkeiten betreffen die Haut und Haare. Das Haar ist häufig dünn, trocken und brüchig, mit möglichen Pili-torti-ähnlichen Veränderungen.
Die Intelligenz ist in den meisten Fällen normal, kann aber – je nach Mutationstyp – leicht reduziert sein. In Langzeitkohorten wurde eine protektive Wirkung gegenüber onkologischen Erkrankungen und Typ‑2-Diabetes beobachtet.
Diagnostik
Labordiagnostisch zeigt sich eine massive Erhöhung des Wachstumshormons bei gleichzeitig deutlich erniedrigten Spiegeln von IGF‑1 und IGFBP‑3. Die GH-bindende Proteinkonzentration (GHBP), die mit der extrazellulären Domäne des GH-Rezeptors korreliert, ist meist deutlich vermindert. In einem standardisierten GH-Stimulationstest (z.B. Arginin, Clonidin) zeigt sich kein adäquater Anstieg von IGF‑1, was die Rezeptorresistenz bestätigt. Die molekulargenetische Diagnostik erfolgt durch Sequenzierung des GHR-Gens, wobei pathogene Varianten (häufig Nonsense- oder Frameshift-Mutationen) identifiziert werden können. In seltenen Fällen sind Mutationen in nachgeschalteten Signalproteinen wie STAT5B nachweisbar.
Therapie
Das Laron-Syndrom ist aktuell (2025) nicht heilbar. Wachstumsstörungen können durch die Gabe von rekombinantem humanem IGF-1 (Mecasermin) abgemildert werden. Diese Behandlung muss früh im Kindesalter begonnen werden, um das sensible Wachstumsfenster zu nutzen. Die Gabe erfolgt subkutan, in der Regel zweimal täglich, angepasst an Körpergewicht und Serum-IGF‑1-Spiegel. Unter Therapie ist mit einer Verbesserung der Wachstumsrate, einer Reduktion der Fettmasse sowie einer verbesserten Glukosetoleranz zu rechnen. Mögliche Nebenwirkungen sind insbesondere initiale Hypoglykämien und gelegentlich ein Pseudotumor cerebri. Eine GH-Therapie ist kontraindiziert und wirkungslos, da die Rezeptorbindung gestört ist. Eine angepasste Diät kann die häufige Hypoglykämie und Adipositas verhindern.