Humane monozytäre Ehrlichiose
Synonym: Humane monozytotrope Ehrlichiose
Englisch: human monocytic ehrlichiosis, human monocytotropic ehrlichiosis
Definition
Die humane monozytäre Ehrlichiose, kurz HME, ist eine durch das Bakterium Ehrlichia chaffeensis ausgelöste Infektionskrankheit.
Ätiologie
Das Bakterium Ehrlichia chaffeensis gehört zur Gattung Ehrlichia (Familie Anaplasmataceae und besitzt eine obligat intrazelluläre Lebensweise.
Epidemiologie
In Deutschland spielt die HME nur eine untergeordnete Rolle, gesicherte Fälle kommen äußerst selten vor. In einigen Gegenden der USA liegt die Inzidenz jedoch bei über 400 pro 100.000 Einwohner. Weiterhin wurde Ehrlichia chaffeensis auch in Südamerika, Afrika und Asien nachgewiesen. Das mediane Alter beträgt 55 Jahre, wobei auch Fälle bei Kindern beschrieben sind. Über 60 % der Fälle treten in der Zeit von Mai und Juli auf.
Das hauptsächliche Reservoir bildet der Weißwedelhirsch. Die Bakterien werden über die amerikanische Zecke (Ambylomma americanum) übertragen. Auch Hunde und Kojoten können infiziert sein.
Pathophysiologie
Nach dem Zeckenbiss disseminiert Ehrlichia chaffeensis hämatogen und befällt dabei insbesondere die mononukleären Phagozyten. Innerhalb der Phagozyten liegen die Bakterien in Vakuolen und vermehren sich dort zu Mikrokolonien, die auch als Morula bezeichnet werden.
Symptome
Nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 8 Tagen beginnt die Erkrankung mit unspezifischen Symptomen, z.B.:
- Fieber (97 %)
- Kopfschmerzen (70 %)
- Myalgie (68 %)
- Unwohlsein (77 %)
- Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö (28-57 %)
- Husten (30 %)
- Exanthem (29 %)
- Verwirrtheit (20 %)
Bei 77 % der Patienten ist eine stationäre Aufnahme notwendig, 2 % sterben aufgrund folgender Komplikationen:
- akutes Nierenversagen
- Meningoenzephalitis
- ARDS
- disseminierte intravasale Gerinnung
- septischer Schock
- Herzversagen
- Hepatitis
- Hämorrhagien
Fulminante Verläufe werden insbesondere bei immunsupprimierten Patienten (z.B. bei Diabetes mellitus oder HIV-Infektion) beobachtet.
Diagnostik
Anamnestisch sollte nach einer Zeckenexposition in den vorangegangenen drei Wochen gefragt werden.
Typische Laborbefunde sind eine Leukopenie (anfangs Lymphopenie, später Neutropenie), Thrombozytopenie und erhöhte Transaminasen. Das Knochenmark ist hyperzellulär, z.T. mit nicht verkäsenden Granulomen.
Morulae lassen sich besonders innerhalb der ersten Woche nachweisen, insgesamt allerdings in weniger als 10 % der Blutausstrichpräparate. Die bakteriellen Gene können in der Akutphase mittels PCR-Amplifikation aus peripherem Blut detektiert werden. Ein vierfacher Titeranstieg (auf > 1:128) von spezifischen Antikörpern in zwei Serumproben im Abstand von etwa drei Wochen kann die Diagnose retrospektiv bestätigen.
Differenzialdiagnosen
Ehrlichia ewingii wird ebenfalls durch Amblyomma americanum übertragen und Weißwedelhirsche bilden das Hauptreservoir. Es ruft die Ewingii-Ehrlichiose hervor, die der HME ähnelt, meist jedoch weniger schwer verläuft.
Ehrlichia muris eauclairensis ist ein Bakterium, welches Ehrlichia muris ähnelt und 2009 in Minnesota und Wisconsin einige Fälle von Ehrlichiosen auslöste, die der HME ähnelten. Es wird durch die Zecke Ixodes scapularis übertragen.[1]
Infektionen mit Candidatus Neoehrlichia mikurensis verlaufen ebenfalls ähnlich zur HME und werden auch als Neoehrlichiose bezeichnet. Das Bakterium wurde erstmals in Zecken der Spezies Ixodes ricinus, Ixodes ovatus und Haemaphysalis concinna sowie in Mäusen nachgewiesen.
Infektionen durch Ehrlichia canis verlaufen in der Regel subklinisch. Als weitere Differenzialdiagnosen kommen die humane granulozytäre Anaplasmose sowie die Lyme-Borreliose in Frage.
Therapie
Therapie der Wahl ist die Gabe von Doxycyclin (2 x 100 mg/d per os oder intravenös). Als Alternativen kommen zum Teil Tetracyclin oder Rifampicin in Frage. Chloramphenicol ist vermutlich nicht wirksam.
Prävention
Die HME kann durch Vermeidung von Zeckenkontakten in Endemiegebieten verhindert werden. Entsprechende Maßnahmen sind:
- Tragen schützender Kleidung
- Zeckenrepellents
- unverzügliche Entfernung der Zecke nach einem Biss
Literatur
- Suttorp N. et al., Harrisons Innere Medizin, Hrsg. 20. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2020
Quellen
- ↑ Pritt BS et al. Emergence of a New Pathogenic Ehrlichia Species, Wisconsin and Minnesota, 2009, N Engl J Med 2011; 365:422-429, abgerufen am 19.08.2019
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