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Familiäre adenomatöse Polyposis coli

Synonyme: Polyposis coli, Familiäre adenomatöse Polyposis, FAP
Englisch: familial adenomatous polyposis, FAP

1. Definition

Die familiäre adenomatöse Polyposis coli, kurz FAP, ist eine autosomal-dominante Erkrankung, bei der sich multiple, adenomatöse Polypen im gesamten Gastrointestinaltrakt, besonders jedoch im Kolon finden.

2. Ätiologie

Ursache der FAP ist der Verlust bzw. die Mutation des APC-Gen (adenomatous polyposis of the colon), welches eine wichtige Funktion im Abbaukomplex des β-Catenin (über den Wnt-Signalweg), sowie im Aufbau der mitotischen Spindel übernimmt. Die Mutation wird autosomal-dominant vererbt, wobei Spontanmutationen mit bis zu 30 % der Fälle häufig sind. Ist das Gen mutiert, kommt es zu einer gebremsten Ubiquitinylierung des β-Catenins, welches in der Folge nicht von den Proteasomen abgebaut wird. Es kann akkumulieren und als Transkriptionsfaktor im Nukleus eine gesteigerte Proliferation hervorrufen.

Durch die Beteiligung am Aufbau der Mitosespindel kommt es bei einer Malfunktion des APC-Gens zu gehäuften Fehlverteilungen der Chromosomen bzw. zu Aneuploidien, was die maligne Entartung zusätzlich begünstigt. Die Adenom-Karzinom-Sequenz läuft dadurch beschleunigt ab.

3. Epidemiologie

Die FAP hat eine Prävalenz von etwa 1/8.000 bei Geburt und 1/11.000 bis 1/35.000 in der europäischen Allgemeinbevölkerung. Eine Geschlechterpräferenz liegt nicht vor. Die FAP ist die Ursache von ungefähr einem Prozent der kolorektalen Karzinome.

4. Symptome

Die meisten Patienten haben jahrelang keine Symptome, bis die Adenome groß und zahlreich geworden sind. Dann kommt es zu Diarrhöen, rektalen Blutungen und Anämie.

5. Verlaufsformen

Die Verlaufsform ist grundsätzlich abhängig von der Lage der Mutation. So gehen Mutationen, die eher am Rande des Gens auftauchen, wie bei der attenuierten FAP, mit einem deutlich langsameren Verlauf und weniger Polypen einher. Dagegen sind zentral gelegene Mutationen, die im Bereich des β-Catenin liegen, mit einer deutlich progressiveren Form vergesellschaftet.

6. Diagnostik

Die Diagnose kann mithilfe der Koloskopie und der Kontrastmitteluntersuchung des Kolons gestellt werden. In bestimmten Fällen kommt auch eine Kapselendoskopie des Dünn- und Dickdarmes infrage. Wegen des hohen Entartungsrisikos ist eine totale Proktokolektomie indiziert. Auch der obere Gastrointestinaltrakt muss mittels Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) untersucht werden. Wenn möglich, sollte die klinische Diagnose durch eine molekulargenetische Untersuchung bestätigt werden.

7. Klassifikation

Beim Auftreten von Duodenaladenomen im Rahmen einer FAP werden diese nach der Spigelman-Klassifikation eingeteilt.

8. Differenzialdiagnosen

9. Therapie

Ziel der Therapie ist die Krebsprävention und Erhaltung einer guten Lebensqualität. Ab dem 10. Lebensjahr beginnen Screening-Untersuchungen. Sind noch keine kolorektalen Polypen ausgebildet, wird die Koloskopie alle 1 bis 2 Jahre wiederholt. Bei Fehlen von gastroduodenalen Polypen wird die ÖGD alle 2 bis 3 Jahre wiederholt.

Meist wird ab dem 15. bis 20. Lebensjahr eine prophylaktische chirurgische kolorektale Krebsprophylaxe empfohlen:

  • Kolektomie mit Proktomukosektomie und anschließender Anlage eines ileoanalen Pouch: Derzeit die gebräuchlichste Operationsmethode für die klassische FAP. Das verbreitetste Ileumreservoir ist der J-Pouch.
  • Kolektomie mit ileorektaler Anastomose (IRA): Indiziert bei attenuiertem FAP und bei geringem Rektumkarzinomrisiko.
  • Totale Proktokolektomie mit endständigem Ileostoma: Meist nur bei älteren Patienten mit FAP und tiefsitzendem Rektumkarzinom oder nach Komplikationen eines Primäreingriffs.
  • Proktokolektomie mit Kock-Pouch (kontinente Ileostomie): Pouchvorschaltung vor das kontinente Ileostoma, wird heute kaum noch angewendet.

Eine Chemoprävention mit NSAR wie Sulindac und COX-2-Hemmer wie Celecoxib wird zum Teil nach IRA angewendet und aktuell (2019) weiter in Studien untersucht.

10. Prognose

Haupttodesursachen sind kolorektale Karzinome (Durchschnittsalter 40 Jahre). Fast 11 % versterben wegen eines Desmoids (Durchschnittsalter 33 Jahre) und 8 % entwickeln ein periampulläres Karzinom (Durchschnittsalter 49 Jahre). Haupttodesursache nach Proktokolektomie sind Desmoidtumore und das periampulläre Karzinom.[1]

11. Quellen

  1. Righetti AEM et al. Familial adenomatous polyposis and desmoid tumors, Clinics (Sao Paulo). 2011 Oct; 66(10): 1839–1842, abgerufen am 25.07.2019
Stichworte: APC, Beta-Catenin
Fachgebiete: Gastroenterologie, Genetik

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