Mercaptopurin
Handelsnamen: Puri-Nethol®, Medipurin®, Mercaptopurin-Medice®, Puri-Nethol®, Xaluprine®
Synonyme: 6-Mercaptopurin, 7H-Purin-6-thiol
Englisch: mercaptopurine
Definition
Mercaptopurin ist ein zytostatisch wirkendes Arzneimittel, das zur pharmakologischen Therapie akuter lymphatischer Leukämien (ALL) und chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CEDs) eingesetzt wird. Seine zelltötende Wirkung beruht auf der analogen Struktur des Moleküls zu den Basen Guanin und Adenin.
Chemie
Die aromatische Kohlenwasserstoffverbindung besitzt die chemische Summenformel:
- C5H4N4S
Der Schmelzpunkt von Mercaptopurin liegt bei ca. 140 °C und der Siedepunkt im Temperaturbereich von etwa 312 bis 314 °C.
Wirkmechanismus
Im Rahmen der Mitose erfolgt anstelle des Einbaus der beiden Purinbasen Adenin und Guanin die Integration des Antimetaboliten Mercaptopurin in den DNA-Strang. Eine weitere Nutzung (Replikation, Transkription) der DNA ist nicht mehr möglich und die Zelle stirbt ab.
Pharmakokinetik
Mercaptopurin ist ein pharmakologisch aktiver Metabolit des Prodrugs Azathioprin.
Die Resorption von Mercaptopurin nach oraler Applikation ist beim Menschen interindividuell sehr unterschiedlich. Man vermutet, dass etwa 50 % der verabreichten Dosis resorbiert wird. Es ist derzeit (2022) nicht bekannt, welche Faktoren die Resorption beeinflussen.
Mercaptopurin weist ein hohes Verteilungsvolumen auf. Der Abbau erfolgt durch das Enzym Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) und die Xanthinoxidase. Bei ca. 10 % der Bevölkerung liegt TPMT vermindert oder gar nicht vor. Hier findet kein geregelter Abbau des Zytostatikums statt, was bei einer Chemotherapie unbedingt zu beachten ist.
Indikationen
Mercaptopurin ist zur Induktionstherapie und Erhaltungstherapie einer akuten lymphatischen Leukämie zugelassen. Des Weiteren kommt es als Off-Label-Therapie zur Langzeitbehandlung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn) zum Einsatz.
Darreichungsform
Mercaptopurin kann oral in Form von Tabletten oder einer Suspension verabreicht.
Dosierung
Die Standarddosis für Erwachsene und Kinder liegt bei 2,5 mg/kgKG pro Tag oder 50 bis 75 mg/m2 Körperoberfläche pro Tag.
Wenn Mercaptopurin gemeinsam mit Methotrexat verabreicht wird, sollte Methotrexat um > 20 mg/m2 reduziert werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Sehr häufig tritt im Rahmen der Behandlung eine Myelosuppression, Leukozytopenie und Thrombozytopenie auf. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind beispielsweise:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Gewichtsabnahme
- Haarausfall
- Pankreatitis
- Stauungsleber
- Cholestase
- Erhöhte Anfälligkeit für bakterielle und virale Infektionen
- Sekundäre Tumoren
Wechselwirkungen
Allopurinol hemmt den Metabolismus von Mercaptopurin. Daher darf bei einer gleichzeitigen Anwendung der Wirkstoffe nur ein Viertel der bisherigen Mercaptopurin-Dosis gegeben werden. Die Kombination von Mercaptopurin mit anderen myelosuppressiven Arzneimitteln kann eine Dosisreduktion von Mercaptopurin notwendig machen.
Mercaptopurin kann eine verringerte gerinnungshemmende Wirkung von Warfarin zur Folge haben.
Zudem hemmen Derivate der 5-Aminosalicylsäure (z.B. Mesalazin, Sulfasalazin) in vitro die Thiopurin-Methyltransferase und beeinflussen somit den Abbau von Mercaptopurin.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Schwangerschaft und Stillzeit
Anwendungshinweise
Da sich die maximalen Plasmakonzentrationen der verschiedenen Darreichungsformen unterscheiden, muss bei einem Wechsel zwischen Tabletten oder Suspension eine verstärkte hämatologische Überwachung des Patienten erfolgen.
Mercaptopurin wirkt hepatotoxisch. Daher muss wöchentlich die Leberfunktion überprüft werden.
Da sich durch den Zellzerfall eine Hyperurikosurie oder Hyperurikämie entwickeln kann, sollten während der Remissionseinleitung die Harnsäurewerte kontrolliert werden.
Quellen
- Gelbe Liste - Mercaptopurin, abgerufen am 25.10.2022
- Pschyrembel - Mercaptopurin, abgerufen am 25.10.2022
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