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Rheumafaktor-negative juvenile Polyarthritis

Synonyme: Rheumafaktor-negative polyartikuläre JIA, RF--PA
Englisch: rheumatoid factor-negative polyarticular JIA

1. Definition

Die Rheumafaktor-negative juvenile Polyarthritis, kurz RF--PA, ist ein heterogenes Krankheitsbild, das zur Gruppe der juvenilen idiopathischen Arthritiden gehört. Es handelt sich um eine pädiatrische Autoimmunerkrankung, bei der es innerhalb der ersten 6 Krankheitsmonate zu einer Arthritis von 5 oder mehr Gelenken kommt, ohne dass Rheumafaktoren nachweisbar sind.

2. Einteilung

Je nach Manifestationsalter werden zwei Formen unterschieden:[1]

Ein durch die PRINTO vorgeschlagenes Klassifikationssystem fasst aufgrund starker klinischer, ätiopathogenetischer und laborchemischer Ähnlichkeiten die oligo-JIA und die Frühform der RF--PA unter dem Begriff frühe ANA-positive JIA zusammen.[2] Beide JIA-Formen haben kein adultes Pendant.

3. Epidemiologie

Es handelt sich mit einem Anteil von 25 bis 30 % um die zweithäufigste Form der JIA nach der oligo-JIA. Die jährliche Inzidenz wird auf 0,14 bis 3,7 Fälle pro 100.000 Kinder beziffert. Es besteht mit 3:1 eine deutliche Dominanz des weiblichen Geschlechts. Während die frühkindliche Form einen Altersgipfel zwischen dem 2.-6. Lebensjahr aufweist, liegt der Altersgipfel der Spätform bei etwa 10 Jahren.[3]

4. Ätiologie

Die Ätiologie ist unklar. Für beide Formen der RF--PA wird eine genetische Prädisposition beschrieben. Es findet sich eine Assoziation mit verschiedenen HLA-Allelen, insbesondere solchen, die für MHC-II-Moleküle kodieren (DRB1*08, DQA1*04, DQB1*04). Auch finden sich gehäuft Varianten in Genen für:[1]

5. Pathogenese

Pathogenetisch scheint eine übermäßige Aktivierung von proinflammatorischen T-Zellen (TH1 und TH17) bei fehlender Kontrolle durch regulatorische T-Zellen zugrunde zu liegen. Auslösende Autoantigene sind dabei nicht bekannt. Die aktivierten T-Zellen setzen IFNγ und IL-17 frei, was zur Aktivierung von Neutrophilen, Makrophagen und Synovialzellen mit Freisetzung weiterer proinflammatorischer Zytokine (z.B. IL-1, IL-6, TNFα) führt. Auch eine B-Zell-Aktivierung scheint vorzuliegen, häufig findet sich eine Hypergammaglobulinämie und ANAs.[1]

In den betroffenen Gelenken kommt es zur entzündlichen Infiltration, zum Gelenkerguss und zur Pannusbildung.

6. Klinik

Kernsymptom ist eine Polyarthritis. Sie kann akut oder schleichend einsetzen und mit Gelenkschwellung, -überwärmung und Bewegungseinschränkung einhergehen. Auch Schmerzen können auftreten, sind aber nicht zwingend vorhanden. Typisch ist eine ausgeprägte Morgensteifigkeit.

Das Befallsmuster unterscheidet sich je nach Form:

  • bei der frühkindlichen Form findet sich ein asymmetrischer Befall, es sind eher größere und proximale Gelenke befallen:
  • bei der Spätform ist ein symmetrischer Befall typisch, häufig sind distale Gelenke betroffen:
    • MCP
    • PIP
    • nur sehr selten DIP
    • Handgelenke
    • Kniegelenk

Begleitend kann auch eine Tendovaginitis (v.a. mit Schwellung des Handrückens) auftreten. Betroffene Kinder sind oft müde und abgeschlagen. Gelegentlich finden sich subfebrile Temperaturen, systemische Entzündungsmanifestationen sind ansonsten aber untypisch.

Vornehmlich bei der frühkindlichen Form kann außerdem eine chronische nichtgranulomatöse Uveitis anterior auftreten (5 bis 10 % d.F.) Die Entzündung zeigt sich üblicherweise nicht oder kaum durch Akutsymptome, im Verlauf sind jedoch Komplikationen (z.B. Bandkeratopathie, Cataracta complicata, Synechien, Offenwinkelglaukom) möglich.

7. Diagnostik

Die Diagnosestellung erfolgt anhand der ILAR-Kriterien:[4]

  • Allgemeine JIA-Kriterien
  • mindestens 5 Gelenke in den ersten 6 Krankheitsmonaten betroffen
  • negative Rheumafaktoren
  • Kriterien der systemischen JIA nicht erfüllt

Im Labor findet sich oft nur eine milde oder keine CRP-/BSG-Erhöhung. Bei bis zu 60 % der Patienten sind ANA nachweisbar, insbesondere bei der frühkindlichen Form. Rheumafaktoren finden sich per definitionem nicht.

Insbesondere bei der Frühform ist eine engmaschige ophthalmologische Untersuchung wichtig.

8. Therapie

Wie bei allen JIA-Subtypen wird eine Therapie mit NSAR empfohlen. Bei aktiver Arthritis können außerdem intraartikuläre Glukokortikoide verabreicht werden, dies ist bei polyartikulärem Verlauf und kleinen Gelenken jedoch aufwändig und belastend. Ist die Erkrankung hierdurch nicht zu kontrollieren, werden DMARDs (insb. Methotrexat, bei nicht ausreichendem Ansprechen u.a. Abatacept, Etanercept, Adalimumab, Tocilizumab) verabreicht. Bei hoher Krankheitsaktivität sind überbrückend auch systemische Steroide möglich.[5]

Eine Uveitis wird frühzeitig mittels Glukokortikoiden und Mydriatika (Synechieprophylaxe) behandelt.

9. Leitlinie

10. Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Wagner, Dannecker, Kallinich. Pädiatrische Rheumatologie. 3. Auflage, Springer Verlag, 2022.
  2. Martini et al. Toward New Classification Criteria for Juvenile Idiopathic Arthritis: First Steps, PRINTO International Consensus. The Journal of Rheumatology, 2019.
  3. Deslandre. Rheumatoid factor-negative polyarticular juvenile idiopathic arthritis. Orphanet, 2020. Aufgerufen am 24.06.2024.
  4. Petty et al. Revision of the proposed classification criteria for juvenile idiopathic arthritis. The Journal of Rheumatology, 1997.
  5. S2k-Leitlinie "Therapie der JIA" der GKJR und der DGKJ. 3. Auflage, 2019.
Fachgebiete: Rheumatologie

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